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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor C. Behrends am 05. Mai 2015
11500 Leser · 4 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Mädchen vor Kinderehen schützen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin erschüttert über das weltweite Ausmaß und die Folgen von Kinderehen. In manchen Ländern (z.B. Bangladesch) werden zwei Drittel aller Mädchen verheiratet, bevor sie volljährig sind! Weltweit werden durch Kinderehen jedes Jahr 15 Millionen Mädchen ihrer Zukunft beraubt. Viele dieser Mädchen sind noch nicht einmal 15 Jahre alt!

Wenn sie verheiratet werden, müssen die Mädchen die Schule abbrechen, sie können keine Ausbildung machen und nicht selbst über ihr Leben entscheiden. Insofern ist es auch kein Wunder, dass viele arme Länder in puncto Entwicklung auf der Stelle treten. Viele Mädchen werden bald nach der Heirat schwanger und sterben an Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt.

Wirklich dramatisch finde ich, dass sich in den letzten Jahren daran kaum etwas geändert hat. Die bisherigen Bemühungen reichen also offensichtlich nicht aus. Während die Welt auf medienwirksame humanitäre Krisen schaut, leiden diese Mädchen im Verborgenen – oft ihr ganzes Leben.

Frau Bundeskanzlerin, was unternimmt die Regierung zur Beendigung von Kinderehen? Und mit welchen Schritten wollen Sie erreichen, dass mehr Mädchen vor Kinderehen geschützt werden?

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 18. Mai 2015
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Behrends,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Sie haben Recht: Frühe Eheschließungen im Kindesalter bedeuten besondere Risiken, insbesondere für Mädchen. Viele Mädchen und junge Frauen weltweit müssen im Falle einer Heirat ihren Schulbesuch oder ihre Ausbildung abbrechen. Zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken gehören frühe Schwangerschaften: Jährlich bekommen 7,3 Millionen Mädchen unter 18 Jahren in Entwicklungsländern Kinder, zwei Millionen davon sind unter 15 Jahren.

Es ist daher ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, Partnerländer darin zu unterstützen, ihre menschenrechtliche Verpflichtung zum Schutz von Kindern vor frühen oder auch erzwungenen Ehen zu erfüllen. Die Gegenmaßnahmen müssen an den komplexen Ursachen für die Verheiratung im jungen Alter ansetzen.

Zu den konkreten Ansatzpunkten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gehören Beiträge

• zur Reduzierung von Armut einschließlich Förderung sozialer Inklusion; • zur Verbesserung des Zugangs zu einer qualitativen Bildung, • zur Stärkung von Gesundheitsdiensten und • zur Einrichtung von Schutzeinrichtungen.

Beispielhaft sind Projekte in Indonesien und Guinea: Das GIZ-Projekt „Stärkung von Frauenrechten“ (SWR) unterstützt im Auftrag der Bundesregierung seit 2010 in Indonesien das Ministry of Women Empowerment and Child Protection (MOWECP). MOWECP setzt sich auf nationaler Ebene dafür ein, das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung zu erhöhen. 2014 hat das Ministerium zusammen mit dem indonesischen Rat der Religionsgelehrten (Indonesian Ulema Council) eine Kampagne gestartet, um unter Schulkindern und in religiösen Gemeinden das Bewusstsein über die Risiken und Folgen von Kinderehen zu erhöhen.

In Guinea sind Einschulungsraten von Mädchen weit niedriger als von Jungen. In vielen Regionen sind die Ursache hierfür erzwungene Eheschließungen – oft schon mit 14 Jahren – sowie frühe Schwangerschaften. Auch hier fördert die GIZ im Auftrag der Bundesregierung die Grundbildung sozial benachteiligter Mädchen (FIERE Filles Eduquées Réussissent – Gebildete Mädchen haben Erfolg). 72 Prozent dieser geförderten Mädchen haben die Schule erfolgreich abgeschlossen - gegenüber 41 Prozent im Landesdurchschnitt.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (4)Schließen

  1. Autor Jessika Brinkmann
    am 06. Mai 2015
    1.

    Kinderehen sind in Deutschland verboten. Was Bangladesh macht, geht uns nichts an. Wir sind nicht die Richter der Erde.

  2. Autor Andreas J.
    am 09. Mai 2015
    2.

    Ich kann hier nur Jessika und Rosi beipflichten.
    Was andere Länder bgründet in ihrer Kultur machen und treiben, sollte uns nichts angehen und wir sollten uns auf die wirklich wichtigen Probleme in Europa kümmern.
    Wir können uns nicht überall einmischen und den Ländern unsere Ansichten aufdrücken.
    Das hat die kirche bereits vor einigen hundert Jahren gemacht und ist in einigen Ländern bis heute auch kläglich gescheitert.
    Auch kann sich Frau Merkel nicht um alle Dinge in der Welt kümmern und in Deutschland geht alles den Bach runter.
    Mit ihrem Wählerauftrag hat sie in Deutschland genug zu tun und es kommt täglich mehr dazu (Bahnstreik, Spionageaffäre, Europapolitik, Griechenland, Ukrainekrise ) um nur einige zu nennen.

  3. Autor Olivia Gippner
    am 10. Mai 2015
    3.

    Da muss ich vehement widersprechen. Das kulturelle Argument ist in diesem Fall eine Ausrede zum Wegsehen. Menschen in Gesellschaften, die Zwangsehen zumindest sozial anerkennen, sind nicht weniger als Europäer interessiert an persönlichem Glück und gerechter und eigenständiger Lebensentscheidungen. Indem wir uns von "den anderen" differenzieren, erkennen wir ihnen ihre Menschlichkeit ab. Ich hab viele Jahre in anderen Kulturkreisen gelebt - Mädchen und Frauen finden es nicht toll, zwangsverheiratet zu sein, sie wollen auch die Liebe ihres Lebens finden, werden aber oft in die Apathie getrieben, weil sie keine Möglichkeiten haben oder kennen, sich solchen Entscheidungen zu entziehen. Kanzlerin Merkel hat aus meiner Sicht als weibliche Regierungschefin eine besondere Legitimität solche Dialoge anzustoßen. Und ja, das Thema kann meiner Meinung nach locker mit dem Bahnstreik etc. mithalten.

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