Sehr geehrte Frau Nilson,
vielen Dank für Ihre Fragen, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Sie sprechen eine Vielzahl von Rechtsfragen an, zu denen wir Ihnen einige grundsätzliche Informationen geben können. Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften haben wir als Links beigefügt.
Im Grundsatz gilt nach den Vorschriften des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (§1306 BGB), dass die sogenannte Mehrehe / Polygamie unzulässig ist. Zudem ist das Eingehen einer Mehrehe in Deutschland gemäß §172 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar.
Stellt sich in Deutschland die Frage, ob eine im Ausland geschlossene Ehe wirksam ist, so wird zunächst geprüft, ob die Ehe nach dem Heimatrecht der Eheschließenden rechtmäßig geschlossen wurde. Ist das Heimatrecht der Eheschließenden ausländisches Recht, wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob die Anwendung dieses Rechts mit unserem sogenannten „ordre public“, also mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, vereinbar ist. (vgl. Art. 6, 11, 13 des Einführungsgesetzes des Bürgerlichen Gesetzbuches, EGBGB)
Erlaubt das Heimatrecht beider Parteien die Polygamie, ist eine im Ausland begründete polygame Verbindung somit auch im Inland anzuerkennen, sofern kein Verstoß gegen den „ordre public“ vorliegt. Hier kommt es aber auf den Einzelfall an, insbesondere auf den Grad des Inlandsbezuges. Je stärker der Inlandsbezug ist, umso stärker setzen sich die deutschen Rechtsvorstellungen durch. Fehlt jegliche Beziehung zum Inland, so wird eine im Ausland begründete polygame Verbindung auch im Inland anerkannt. Das gilt jedoch nicht bei einem starken Inlandsbezug.
Dennoch findet der Paragraph 172 StGB in diesem Fall keine Anwendung. Denn nach dieser Norm wird nur das Eingehen einer Mehrehe in Deutschland, nicht aber die Fortsetzung einer im Ausland wirksam geschlossenen Mehrehe unter Strafe gestellt.
Der von Ihnen befürchtete Nachzug von Zweitfrauen wird aber durch die Vorschrift im Aufenthaltsgesetz (§ 30 Abs. 4) verhindert: eine Aufenthaltserlaubnis darf nämlich nur für einen Ehegatten des Ausländers erteilt werden.
Eine weitere wichtige Frage betrifft die sogenannte Ehemündigkeit: sie richtet sich grundsätzlich nach dem Recht des Staates, dem eine Person angehört. Wenn deutsche Staatsangehörige heiraten, müssen sie volljährig sein (§1303 Abs. 1 BGB). Minderjährige Deutsche können nur heiraten, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet haben, der künftige Ehepartner volljährig ist und das Familiengericht den Minderjährigen vom Erfordernis der Volljährigkeit befreit hat (§1303 Abs. 2 bis 4 BGB).
Bei einer Ehe, die ein Minderjähriger im Ausland geschlossen hat, muss zunächst geprüft werden, ob diese Ehe nach seinem Heimatrecht rechtmäßig geschlossen wurde. Auch wenn dies der Fall ist, kann eine solche Ehe aber nur dann in Deutschland anerkannt werden, wenn kein Verstoß gegen unseren schon erwähnten „ordre public“ vorliegt. Das ist immer eine Frage des Einzelfalls, wobei man bei einer 13-jährigen Eheschließenden einen Verstoß gegen den „ordre public“ annehmen wird, bei einer 16-jährigen Eheschließenden hingegen nicht. Eine starre Grenze haben die deutschen Gerichte bislang nicht gezogen.
Entsprechende Sonderregelungen zum Familiennachzug von Schutzsuchenden gibt es nicht. Vielmehr gelten die allgemeinen Regelungen des Aufenthaltsgesetzes. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass der Familiennachzug von Angehörigen sogenannter „subsidiär Schutzberechtigter“ seit dem 17. März 2016, als das Asylpaket II in Kraft getreten ist, für zwei Jahre ausgeschlossen ist.
Unabhängig davon setzt ein Anspruch auf Erteilung eines „Aufenthaltstitels“ zum Ehegattennachzug sowohl zu einem Ausländer als auch zu einem grundsätzlich voraus, dass beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben Deutschen (§30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz). Mit diesem vorgeschriebenen Mindestalter dürften die von Ihnen beschriebenen Befürchtungen im Hinblick auf Ehen Minderjähriger weitgehend ausgeschlossen sein.
In wenigen besonderen Härtefällen gibt es zwar ausnahmsweise die Möglichkeit, von der Einhaltung der Mindestaltersgrenze abzusehen (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz). Die Ausnahmebestimmung findet aber ihre Grenze dort, wo die Eheschließung aufgrund des Alters eines oder beider Ehegatten den deutschen Rechtsgrundsätzen in so eklatanter Weise widerspricht, dass ihre Anerkennung in Deutschland schlechthin unerträglich wäre. Dies dürfte bei der Eheschließung einer 14-Jährigen anzunehmen sein.
Der Kindernachzug richtet sich nach Paragraph 32 des Aufenthaltsgesetzes. Dabei ist nicht entscheidend, ob es Kinder von Zweitfrauen sind. Maßgeblich ist allein, ob sie die Kinder des in Deutschland aufenthaltsberechtigten Schutzberechtigten sind und dieser personensorgeberechtigt ist.
Anspruch auf Kindergeld haben Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge (keine Asylbewerber). Auch die Kinder müssen sich in Deutschland aufhalten. Kindergeld gibt es dann für eigene und adoptierte Kinder bis maximal zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Eine Ehe ist nicht Voraussetzung. Kindergeld bekommt immer nur ein Elternteil ausgezahlt, im Regelfall derjenige, bei dem das Kind wohnt.
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1306.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__172.html
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1303.html
http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/
http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__30.html
http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__32.html
https://www.gesetze-im-internet.de/bgbeg/BJNR006049896.html
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/022/1702293.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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