Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Abstimmungszeit beendet
Autor Stephan Geue am 04. September 2017
9651 Leser · 17 Kommentare

Außenpolitik

afrikanische Flüchtlinge

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

warum versucht Europa nicht, die West-Sahara in Abstimmung mit dem marokkanischen König und der Polisario im positiven Sinne zu kolonisieren? Ich nehme an, dass viele Flüchtlinge einen landwirtschaftlichen Hintergrund haben. Zum Teil geht der aktuell durch Landgrabbing, klimatische Veränderungen, militärische Konflikte und mangelnde Bildung verloren. Landwirtschaft bringt ja auch am ehesten das tägliche Brot auf den Tisch. Daher gehe ich davon aus, dass die Flüchtlinge mit einer Möglichkeit, auskömmliche Landwirtschaft zu betreiben, auch kein so starkes Interesse mehr an einer gefahrvollen Flucht hätten. Wenn an der Küste der West-Sahara auf der Basis von PV/Wind (derzeit rechnet man dort mit 3 ct/kWh) Meerwasserentsalzung betrieben und das gewonnene Trinkwasser in die küstennahen Areale transportiert wird, müsste lediglich noch Bodenverbesserung betrieben werden. Der Transfer großer Mengen Süßwassers ist technisch erprobt, wurde unter Gaddafi in Libyen AUS der Wüste in großem Umfang realisiert. Meerwasserentsalzung wird ohnehin eine immer wichtigere Grundlage weltweiter Trinkwasserversorgung.

Ich stelle mir vor, dass die Aufwände je Flüchtling für alles, was an Infra- und kommunalen Strukturen aufzubauen wäre, gering blieben gegenüber dem, was wir hier in Deutschland veranschlagen. Außerdem könnten die Flüchtlinge an vielen der anstehenden Tätigkeiten beteiligt werden, was die Kosten weiter senkte und deren Untätigkeit vermiede.

Die ganze Sache dürfte freilich nicht als Flüchtlingslager, sondern müsste als dauerhafte Ansiedlung konzipiert werden.
Mich würde interessieren, was gegen einen solchen Ansatz spricht. Es ist ja nicht so, dass es nicht genügend Land auf dieser Welt gäbe. Es müsste nur eben bewohnbar gemacht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Kommentare (17)Schließen

  1. Autor Johannes Wollbold
    am 08. September 2017
    1.

    Also Sie meinen jetzt keine Abschiebungen in ein Wild-West-Sahara-Nicht-Flüchtlingslager? Sondern Überwindung von Fluchtursachen in der Region durch Landgewinnung? Da gehe ich mit, auch bei freiwilliger Rückkehr hier lebender Flüchtlinge. Vielleicht hätten auch manche Deutsche Interesse an der Auswanderung in ein solches Projekt - vor allem die, die "dem Staat zur Last fallen"?

    Meerwasserentsalzung sollte unbedingt gefördert werden. Z.B. frage ich mich, warum es in Somalia Dürre und Hunger geben muss, obwohl kein Ort weiter als 250 km vom Meer entfernt ist. Afrikanische Staaten sind nicht unfähig zur Entwicklung, wie woanders hier im Forum jemand meinte. Ein solches Großprojekt lässt sich mit den nötigen Kontrollen der Geldgeber (und Freiräumen sowie Selbstorganisation der Arbeitenden) zur Not auch in einem korrupten Regime realisieren.

  2. Autor Klaus Fink
    Kommentar zu Kommentar 1 am 10. September 2017
    2.

    Flankiert werden müssten diese Maßnahmen durch eine wirksame Eindämmung des exorbitanten Bevölkerungswachstums in vielen afrikanischen Staaten sowie der oft vorherrschenden Korruption in Regierungen und Eliten.

    Von der UN müssten zusammen mit Regierungen tangierter Länder vor allem Maßnahmen in Bildungs- und Aufklärungskampagnen durchgeführt werden, um gegen die vielfach vorhandenen traditionell archaischen Denkweisen anzukämpfen (=> Denke: "viele Kinder um im Alter versorgt zu sein").

    So wie der Planet nicht "unendlich" viele Menschen versorgen kann, so gilt das in besonderem Maße aufgrund von Klima und in der Folge Bodenbeschaffenheit für Afrika.
    Das auch die Kirchen sich in diesem Zusammenhang bewegen sollten (Stichwort Geburtenkontrolle), versteht sich von selbst, ist aber aus meiner Sicht eher ein Wunschdenken.

  3. Autor Stephan Geue
    am 11. September 2017
    3.

    @Johannes Wollbold:
    Der Vorschlag ist schon ernst gemeint, aber da ich ihn nicht umsetzen kann, weiß ich natürlich auch nicht, was dabei heraus kommt, wenn ihn jemand anderer umsetzt.
    Ich weiß nicht, welche/r Deutsche Interesse hätte, temporär/dauerhaft dorthin überzusiedeln. Ökosoziales Jahr? Entwicklungshelfer? Die größten Herausforderungen wären wohl weniger technischer Art (wir wollen den Mars besiedeln!) als mehr eine unempfindliche Handhabung der Tatsache, dass dort lauter Entwurzelte stranden würden, erhöhte Traumataquoten inbegriffen. Zwangsrückführungen abgelehnter Asylbewerber in solche Siedlungen stehe ich skeptisch gegenüber.
    @Klaus Fink:
    Die Frage ist: Wie würde in einer solchen "Kolonie" der Begriff Regierung zu definieren sein? Welche Formen der Administration und Mitbestimmung wäre angemssen. Ein Überstülpen westlicher Vorstellungen wäre wohl ebenso wenig ratsam wie auf reine Selbstorganisation zu setzen.
    Bildung und Aufklärung wäre wohl eine Voraussetzung. Das Thema Bevölkerungswachstum ist sicherlich wichtig, aber wohl zu voluminös für einen Kommentar.

  4. Autor Stephan Geue
    am 12. September 2017
    4.

    @Rosi Steffens:
    Dieser Kommentar scheint mit viel Idealismus geschrieben. Dagegen ist nichts einzuwenden, allerdings würde ich den bei Politikern in so geringem Maße unterstellen, dass ich ihn bei meinen Überlegungen vernachlässige. Ich gehe von Politikern aus, die (wieder)gewählt werden wollen und die im Rahmen ihres Mandats einen größtmöglichen Gestaltungsspielraum anstreben.
    Von dieser Prämisse ausgehend stelle ich die Frage, was passiert, wenn mehr Flüchtlinge nach Europa kommen, viele davon nach Deutschland. Eine nach meinem Eindruck zunehmende Zahl von Deutschen will das nicht, wird also Politiker wählen, von denen sie glauben, dass die etwas dagegen unternehmen. Was könnten Politiker gegen zunehmende Flüchtlingsströme nach Deutschland unternehmen? Flüchtlinge nach Polen oder Ungarn karren? Das wollen weder die Zielländer noch die Flüchtlinge; die würden also zurückkommen. Deutschland einmauern? Das wollen die reisenden Deutschen nicht; außerdem gibt das eine schlechte Presse; davon haben wir sowieso zu viel. Todesstreifen rund um Deutschland? Noch schlechter, hatten wir schon, auch schlechte Presse. Also doch Flüchtlinge akzeptieren, mit dem inzwischen bezifferbaren Aufwand zu integrieren versuchen und abgewählt werden und dabei auch noch erleben, dass der Extremismus weiter angeheizt wird? Den Kapitalismus abschaffen, den Unzufriedenen unter den Deutschen eine echte und dauerhafte Perspektive schaffen, sodass sie gastfreundlicher würden? Nicht mehrheitsfähig. Aber bleiben wir darüber gerne im Gespräch.
    Die Frage, die ich mir gestellt habe, ist einfach: Wenn Deutschland alle Optionen nebeneinander stellt und ehrlich hochrechnet, was sie kosten - einschließlich Schmusekurs mit Erdogan -, welche Lösung ist dann auf lange Sicht die günstigste? Natürlich wäre es schön, sich dafür mit anderen Ländern zu einigen, andere mit ins Boot zu holen, Lasten zu teilen. Ich sehe nicht, dass das beim gegenwärtigen deutschen Standing in der EU Erfolg verspricht. Wer aufgrund mangelnder Kooperation innerhalb der EU jedoch lieber wartet, schränkt die Auswahl der Optionen mit der Zeit ein.

  5. Autor Klaus Fink
    Kommentar zu Kommentar 4 am 12. September 2017
    5.

    Ich denke, man kann alles viel einfacher auf folgendes reduzieren: den
    Versuchen der Einwanderung über das Mittelmeer (=> gilt für alle Afrikaner, denn einen anderen Weg außer der spanischen Exklave "Ceute mellila" gibt es nicht) müsste m.E. nur durch robuste Zurückweisungen begegnet werden.

    So hat es Australien in einer ähnlichen Situation erfolgreich und nachhaltig praktiziert.

    Solche Maßnahmen würden sich via Internet schnell verbreiten und der massive Menschenzustrom käme m.E. schnell zum Erliegen.

    Parallel müsste ganz dringend - und da wäre mal wieder Frau Merkel und die EU gefordert ! - massive Hilfe zu Selbsthilfe vor Ort in Afrika anlaufen, was u.a. auch bedeutete, dass die bisherige wirtschaftliche Ausbeutung Afrikas eine Ende finden müsste. Das geht gar nicht ! ! !

    Einen anderen Lösungsweg sehe ich nicht, wenn man nicht will, dass radikale Kräfte in Europa weiteren Zulauf erhalten und Afrika irgendwann kollabiert.

    Das vielfache Sterben der Menschen im Mittelmeer wäre beendet. Das verwerfliche Schlepperwesen würde ausgetrocknet.

    Prinzipiell gleiche Effekt wurden mit der - gegen den Willen unserer Kanzlerin ! - Schließung der Balkanroute durch die Visegrad-Staaten in einer Notfallsituation erreicht, auch wenn das Kommando "Norbert Blüm" eine andere Lösung für Idomenie zu erreichen versuchte. Senilität pur aus meiner Sicht.

  6. Autor Stephan Geue
    am 13. September 2017
    6.

    @Klaus Fink:
    Bitte führen Sie doch Ihre Vorstellungen von "robuster" Zurückweisung genauer aus. Welche Maßnahmen schweben Ihnen vor, wer - welche Institution, also letztlich welche Gruppe von Menschen - soll sie umsetzen, und wie soll sie finanziert werden?
    Hilfe zur Selbsthilfe ist ohne Zweifel ein guter Ansatz, aber der kann nur dann funktionieren, wenn er nicht gleichzeitig hintenherum konterkariert wird. Ich erwähnte Land grabbing. Ich füge regime change hinzu - momentan besonders in Syrien und Nordafrika, aber nicht darauf beschränkt. Und, auch wenn das von unseren französischen Nachbarn wahrscheinlich nicht als besonders freundlich aufgenommen wird, nicht zuletzt der afrikanische Franc, der mit einem Geldabfluss von Afrika nach Frankreich und interventionistischen Maßnahmen gegen demokratisch gewählte Regierungen verheerend destabilisierende Wirkungen auf große Teile Afrikas hat. Ich verschweige nicht die praktisch immer destabilisierende Wirkung von Waffenexporten, an denen Deutschland in hohem Maße beteiligt ist, den Ankauf von Fischereifangrechten von korrupten Regierungen durch die EU, der z.B. somalische Fischer in die Piraterie getrieben hat, und eine Zollpolitik der EU, die auch andere lokale Märkte zerstört und Fortschritte in Richtung höherer Produktveredelung unrentabel und damit unmöglich macht.
    Es ist also eine sehr starke Brandung, gegen die Hilfe zur Selbsthilfe ankämpfen müsste oder muss, noch dazu, wenn man berücksichtigt, dass deutsche Entwicklungshilfe in erster Linie Hilfe deutscher Exportwirtschaft ist, irgendwas mit Afrika dann eben.
    Wir müssen nicht in erster Linie Afrika ändern, sondern uns, und auch nicht in erster Linie helfen, sondern als erstes in Ruhe lassen.

  7. Autor Stephan Geue
    am 13. September 2017
    7.

    @Rosi Steffens:
    Breite Zustimmung, nur: Sie appellieren, noch dazu im Internet. Ich hätte so unendlich viel zu kritisieren, und zuweilen schreibe ich mir die Finger wund, weil ich weiß, dass es dann heraus ist, und hinterher fühle ich mich etwas besser, weil ich meine "Stimme erhoben" habe, aber gleichzeitig weiß ich doch auch, das ist zuerst Selbsttherapie.
    Vor Jahren wetterte ich gegenüber einem Freund über Politiker, woraufhin er sagte: Die meisten Politiker sind Opportunisten. Sie gehen in die Richtung, die ihnen am wenigsten weh tut oder die größte Annehmlichkeit bereitet. Er meinte damit keine Korruption, auch wenn es die natürlich gibt, sondern folgenden Gedanken: Wenn dir Woche für Woche ein Lobbyist sagt, dass die Interessen von Investoren durch nichtstaatliche Gerichte geschützt werden müssten, weil doch jeder wisse, dass die staatlichen Gerichte träge sind und Kapital ein scheues Reh und Arbeitsplätze kostbar, dann findest du CETA irgendwann die beste Lösung. Und wenn ein paar Millionen Menschen durch die Straßen ziehen und "Wir sind das Volk!" skandieren, dann machst du sogar am Ende die Mauer auf.
    Und er sagte: Demokratie ist eigentlich ein Verb. Es ist kein Ding, sondern ein Tun. Entweder DU gehst, und zwar nicht ins Internet, sondern auf die Straße, oder es wird dich niemand hören, denn du hast keinen Profi, der deine Interessen vertritt; du musst es selbst tun.
    Also, Sie können appellieren, aber dann brauchen Sie 999.999 Mitappellierer, um als relevante Masse wahrgenommen zu werden, die Stimmungen kippen, Wahlen und letztlich Regierungen ändern kann. Die Chancen dafür stehen schlecht. Geben Sie trotzdem nicht auf!
    Oder Sie analysieren die Lage und bieten denen, die möglichst wenig Ärger haben wollen - und das sind nicht nur Politiker - eine Variante, die deren Zielen entgegen kommt (minimale Kosten, keine schlechte Presse wegen Toter im Mittelmeer) und zugleich Ihren (Flüchtlingselend reduzieren).

  8. Autor Johannes Wollbold
    Kommentar zu Kommentar 4 am 13. September 2017
    8.

    Hallo Stephan Geue,

    gute, realistische Analyse!

    Auf dieser Seite wird mit sehr unterschiedlichem politischen Hintergrund und in sehr verschiedener Sprache diskutiert, von "robusten Zurückweisungen" bis "Es gilt die übergeordneten Stukturen aufzulösen und in eine Gemeinschaft zu integrieren, zu deren Wohl sie angelegt wurden." Aber alle haben anscheinend verstanden, dass viele Menschen aus den ehemaligen europäischen Kolonien ihr Recht fordern, uns massiv "auf die Füße treten". "Grenzenlose" Einwanderung ist selbst für mich nicht akzeptabel. Aber Abschottung wird nicht auf Dauer funktionieren, so notwendig Bekämpfen des Schlepperunwesens auch ist. Neben legalen Einreisemöglichkeiten als Alternative zur illegalen muss viel ehrlicher, entschiedener Entwicklung angegangen werden. Ihr "Kolonisierungs"-Projekt als neuer Ort böte die Chance, die Betroffenen möglichst stark zu beteiligen. Wir müssen bereit sein, Machtstrukturen und Abhängigkeiten aufzugeben bzw. zu bekämpfen. Ihr Kommentar 8 gibt da wichtige Beispiele. Ich füge nur Nahrungsmittelspekulation hinzu. Die könnte man sofort verbieten - welche Parteien haben das eigentlich in ihrem aktuellen Programm?

    Solidarischer, gleichberechtigter zu wirtschaften gibt nicht nur ein besseres Gefühl, sondern Überwindung von Armut, wirtschaftliche Entwicklung in Afrika nützen Deutschland langfristig massiv. Aber erst einmal wird es viel Geld kosten und Gewinne schmälern (was man durch Umverteilung in Deutschland auffangen kann). Daher: 2% BSP für Entwicklung, maximal 0,7% für Militär statt umgekehrt. Ihr Projekt könnte Menschen aus der Region tatsächlich an ihr Land binden. Andere notwendige Entwicklungsprojekte und strukturelle Veränderungen werden wohl eher mehr "Lust auf Migration" machen. Da brauchen wir einen langen Atem - und sollten es auch wieder wie 2015 mit mehr Gastfreundschaft versuchen.

  9. Autor Stephan Geue
    am 14. September 2017
    9.

    @Johannes Wollbold:
    Danke für die Zustimmung. Vielleicht dennoch zwei, drei Anmerkungen:
    Als zwischen 1961 und 1989 Schlepper Hunderten oder gar Tausenden von DDR-Flüchtlingen in den Westen verholfen haben - Leuten, die aus politischen oder/und wirtschaftlichen Gründen auf ein besseres Leben hofften -, fand niemand außer der Staatssicherheit (aus dem Herkunftsland!) daran etwas Justiziables oder in Wahlkämpfen nennenswert Verwertbares. Das ist jetzt anders, denn jetzt kommen ja die Moslems und die Neger. Und das soziale Netz in Deutschland ist inzwischen um einiges weitermaschig als damals.
    Schleuser sind Menschenschmuggler. Worin bestehen die Ursachen für Schmuggel? Es gibt hier etwas nicht/schwieriger/teurer als anderswo. Diese Schieflage zwischen Angebot und Nachfrage befriedigt jemand unternehmerisch. Eine solche Initiative begrüßen wir, rein marktwirtschaftlich betrachtet, andernorts. Die Frage ist also nicht, wie wir Schmugglern ihr Handwerk legen, sondern wie wir ihnen ihre Geschäftsgrundlage austrocknen können. Davon handelt diese Initiative.
    Stichwort Nahrungsmittelspekulation: Ich finde sie nicht gut, um das nur klar zu sagen. Aber jeder halbwegs begabte Banker wird Ihnen sagen: Sind Sie etwa nicht hausratversichert? Ich kenne mich mit den Nahrungsmittelspekulationen nicht im Detail aus, aber wie bei Hedgefonds geht es dort vielfach um Absicherungen, hier für Fälle verheerender Ernteausfälle usw. Es dürfte eine gewisse Herausforderung sein, das Absichernde zu erhalten und das Ruinöse für afrikanische Märkte zu bekämpfen, denn bedenken Sie: Das ganze Leben ist eine Spekulation. Setzen Sie sich heute in Ihr Auto, dann spekulieren Sie darauf, dass Sie nicht zu den statistisch 10 Verkehrstoten des heutigen Tages gehören. Und schließen Sie KEINE Versicherung ab, dann spekulieren Sie darauf, dass die Police über die Jahre teurer wäre als die unversicherten Schäden.
    Und schließlich: Ehrlichkeit muss sein, aber wenn Sie in Deutschland das Wort "Umverteilung" in die Diskussion bringen, sind Sie politisch schon tot. Lassen Sie uns nach einer anderen Formulierung suchen.

  10. Autor Klaus Fink
    Kommentar zu Kommentar 6 am 14. September 2017
    10.

    @Stephan Geue:
    Es wird keine nachhaltige Lösung für Afrika mittel- und langfristig möglich, wenn nicht parallel zu anlaufenden massiven internationalen Hilfen zur Selbsthilfe das Bevölkerungswachstum wesentlich vermindert wird.
    Denn sonst gleicht alles einem "Lauf im Hamsterrad", man doktert dann einfach an den Symptomen herum ohne das zugrundeliegende Hauptproblem zu lösen. Aber mit Sicherheit einfacher gesagt als getan !

    Zu den "robusten Rückführungen" möchte ich eine Aussage des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz von Ende August zitieren:
    "Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hat gefordert, dass die EU härter gegen illegale Einwanderer vorgehen soll. "Wir müssen sie an der Außengrenze stoppen, versorgen und in die Herkunfts- und Transitländer zurückbringen", sagte Kurz in einem Interview mit der Welt am Sonntag. Dazu sollen nach Meinung von Kurz "von internationalen Organisationen betriebene Auffanglager in Libyen oder in anderen nordafrikanischen Ländern" aufgebaut werden. "Die Mittelmeerroute muss jetzt geschlossen werden", sagte Kurz. Außerdem soll die EU nach Kurz Vorstellung auch auf libyschen Gebiet, sowohl an Land als auch vor der Küste, gegen Schleuser vorgehen – notfalls auch ohne UN-Mandat. Er würde sich wünschen, dass der libysche Regierungschef Fajes al-Sarradsch bald eine entsprechende Einladung an die Europäer ausspreche. "Nur dann ließe sich der Menschenschmuggel wirksam bekämpfen."

  11. Autor Johannes Wollbold
    Kommentar zu Kommentar 9 am 14. September 2017
    11.

    Solidarität?
    Nächstenliebe?? - Kann man in unserer christlich-antiislamischen Welt auch kaum öffentlich sagen.
    Gerechtigkeit? - Blass, wenn die SPD höchstens in einer großen Koalition ein bisschen mehr davon verwirklichen will.

  12. Autor Stephan Geue
    am 15. September 2017
    12.

    @Klaus Fink:
    Bevölkerungswachstum hat verschiedene Ursachen. Einigen davon lässt sich durch Aufklärung entgegenwirken. Allerdings kann man nur aufklären, wer sich aufklären lässt. Wenn dagegen aus quasi-religiösen Gründen gegen den Gebrauch von Verhütungsmitteln agitiert wird, dann lässt sich umgekehrt gegen diejenigen Gemeinschaften vorgehen, die solche Agitation betreiben.

    Die Zahl der geborenen Kinder ist naturgemäß mit ihrer Mutter verknüpft, und es scheint mir eine gut belegte Erkenntnis zu sein, dass die Bildung einer Frau maßgeblich darüber entscheidet, ob sie erwerbstätig ist oder mit dem Austragen und Großziehen von Kindern beschäftigt ist (es gibt auch gebildete Mütter vieler Kinder!). Schulbildung, Frauenbildung und Frauenrechte sind demnach ein breites und noch umfangreich ausbaubares Betätigungsfeld.

    Das Problemthema Überbevölkerung wird häufig aus westlicher Sicht definiert. Diese Sichtweise kritisiert, dass immer mehr Menschen die Slumbildung befördern, die Aridisierung beispielsweise der Sahel-Zone usw. Sie blendet ziemlich konsequent aus, dass die westliche Bevölkerung mit viel weniger Kindern je Frau in dramatisch stärkerer Weise Ressourcen überbeansprucht, zur Abholzung des Amazonas-Urwalds beiträgt (Steppenbildung), den Meeresspiegel infolge der Klimaveränderung ansteigen lässt mit der Folge der Vertreibung zahlloser Menschen aus nicht mehr habitablen Küstengebieten. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass in vielen afrikanischen Regionen zehn Menschen für unseren Planeten harmloser sind als ein einziger bei uns.

    Kommen wir nun zurück zum Stichwort Aufklärung: Wer hier bei uns möchte DARÜBER aufgeklärt werden bzw. ist geneigt, seine Stammestraditionen (meine Autos, meine Fleischkonsum, meine Urlaubsflüge) in Frage stellen zu lassen, geschweige denn, sie zu ändern?

    Und was Sebastian Kurz angeht: Er möchte anscheinend Österreich oder irgendwie die EU um einen schmalen, aber durchgehenden Streifen entlang der nordafrikanischen Küste erweitern. Es müsste mal jemand aus Afrika hergehen und angesichts der aus der EU vorgenommenen oben bereits erwähnten Eingriffe Interventionen in Europa fordern. Das gäbe hier ein Hallo.

  13. Autor Klaus Fink
    Kommentar zu Kommentar 12 am 16. September 2017
    13.

    Aus meiner Sicht in vielem gute Ursachenerklärung !

    Aber entscheidend sind doch die Lösungsmöglichkeiten.
    Afrika nennt man nicht grundlos den "verlorenen Kontinent".

    Manches ist global verursacht wie die Klimaänderung, die zu Hungersnöten und Wanderungsbewegungen führen.

    Vieles liegt aber auch in der Eigenverantwortung Afrikas und muss in den afrikanischen Staaten selbst gelöst werden wie z.B. Staatsformen, Regierungen, Korruptionsbekämpfung, Bildung und Aufklärung, Gleichberechtigung von Mann und Frau u.a.m. .

    Nur eins ist m.E. sicher: wenn man meinen sollte, dass die anhaltende Zuwanderung nach Europa der Schlüssel zur Lösung ist, dann ist dies weit gefehlt. Viele europäische Länder können Armutsflüchtlinge aus rein finanziellen Gründen schon aktuell gar nicht massenhaft aufnehmen und versorgen.
    Auch das scheinbar reiche Deutschland wird über kurz oder lang an die Grenzen der finanziellen Machbarkeit stoßen. Dann geht gar nichts mehr, es sei denn man riskiert eskalierende nationale Verteilungskämpfe. Und der Weg dahin ist aus meiner Sicht soweit nicht mehr, denn der aktuelle Bundeshaushalt zeigt nicht die wirkliche Belastungsfähigkeit auf. Er ist vielfach geschönt und kann sich sehr bald gravierend ändern, wenn voraussehbare Faktoren anhand sich abzeichnender Indikatoren eine andere Entwicklung einleiten.

  14. Autor Stephan Geue
    am 18. September 2017
    14.

    @Klaus Fink:
    Selbstverständlich sind die Lösungsmöglichkeiten entscheidend - daher ja mein Vorschlag. Allerdings würde ich Afrika nicht als verlorenen Kontinenten bezeichnen. Es mag viele Gründe geben, das so zu sehen, aber China sieht dies offenbar nicht so, nach allem, was man zuletzt hörte. Entgegen den offiziellen chinesischen Verlautbarungen sehe ich China weder als kommunistisches noch als sozialistisches Land. Dort herrscht ziemlich lupenreiner Kapitalismus, abgesehen von der Besonderheit, dass dort die Partei (gibt es eigentlich mehrere?) auf eine aus meiner Sicht intelligentere, nämlich sehr viel längerfristig angelegte Weise Machtpolitik betreibt. (Denn ich glaube nicht, dass China die Welt retten will.) Spannend wird tatsächlich bleiben, wie die künftigen Kollisionen zwischen den Kurzfristerwartungen des quartalsweise bilanzierenden Kapitalismus mit den Zehnjahresplänen der KP ausgehen werden. Ob sich aus dieser Langfristigkeit automatisch ein weniger arroganter Umgang mit Partnern ergibt oder solchen, die es werden sollen, kann ich nicht beantworten, auch nicht, ob der eher geschäftliche Umgang sich ändert, rauer wird, sobald substanzielle Abhängigkeiten entstanden sind.

    Aber die Chinesen geben beträchtliche Teile Afrikas jedenfalls nicht verloren.

    Die Eigenverantwortung Afrikas erwähnte ich (machen lassen statt andauernd belehren).

    Selbstverständlich ist die anhaltende Auswanderung nach Europa für Afrika keine Lösung, sondern eher ein Aderlass. Wer es bis hierher schafft, gehört zu den Smartesten des Kontinents. Ich würde mir einen solchen Weg wohl nicht zutrauen.

    Ob Deutschland tatsächlich an seine Grenzen stoßen würde, weiß ich nicht. Mit Pragmatismus und einem kollektiven Willen würden wir sicherlich weitaus mehr schaffen, als uns derzeit abverlangt wird, aber erstens liegt dieser kollektive Wille nicht annähernd vor - er ist eher vereinzelt -, zweitens ist dies keine Lösung für Afrika, und drittens wäre das wohl noch nicht mal ein tauglicher Ansatz, um unsere verkorkste Demographie zu flicken.

  15. Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.