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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Bernd Baumgart am 14. September 2011
11845 Leser · 1 Kommentar

Die Kanzlerin direkt

Agenda 21

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

Die Agenda 21 fortschreiben!

Die Agenda 21 bietet die Möglichkeit den Artenschwund in Deutschland zu stoppen. Ist das Ziel einer erhöhten Artenvielfalt nur durch weitere Ausformungen der Agenda 21-Regularien möglich?

Am 08.11.2010 veröffentlichte die EU-Umweltkommission die Leitlinien zur Windenergienutzung in Beziehung zu den Natura 2000-Gebieten. Diese Leitlinien fanden in der deutschen Öffentlichkeit bislang kaum Beachtung.

In der EU-Richtlinie heißt es, dass WKA an ungünstigen Standorten z.B. in Vogel- und Fledermauszuggebieten negative Wirkungen auf Arten und die verwundbaren Siedlungsweisen hätten. Der derzeitige EU-Umweltkommissar Janez Potocnik möchte die negativen Wirkungen durch WKA reduzieren, dadurch solle die Qualität der Natura 2000-Gebiete erhalten bleiben.

Ist es nicht unverständlich, warum in einem Fledermausgebiet in Brandenburg z.B. WKA Golzow (Landkreis Potsdam-Mittelmark) die Anlagen nachts abgestellt werden müssen, und in einem anderen Fledermausgebiet z.B. WKA Altes Lager (Lkr. Teltow-Fläming) die Anlagen im Dauerbetrieb sind. Im Natura 2000-Gebiet Belziger Landschaftswiesen (Lkr. Potsdam-Mittelmark) darf jede Art von Flugzeug nicht tiefer als 800 Meter fliegen, und im Natura 2000-Gebiet Heidehof bei Jüterbog (Lkr. Teltow-Fläming) werden 150 Meter hohe WKA unmittelbar am Schutzgebiet in ein Zugvogelgebiet gebaut, obwohl die normalen Zughöhen zwischen 100 und 300 Meter liegen.

Durch welche Methoden und Maßnahmen wollen Sie den Agenda 21-Prozess fortschreiben?

Über eine baldige Antwort würde ich mich freuen.

Freundliche Grüße

Bernd Baumgart

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 24. Oktober 2011
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Baumgart,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Grundsätzlich liegt das Recht zur Genehmigung von Windkraftanlagen nicht beim Bund, sondern bei den Ländern. Die Bundesgesetzgebung gibt lediglich einen Rahmen vor, den die Länder dann mit eigenen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen ausgestalten. Zu diesem Rahmen zählen etwa das Bundesnaturschutzgesetz oder das Bundesimmissionsschutzgesetz, das neben Bauplanungs- und Luftverkehrsrecht weitere Rechtsbereiche vereint.

In den Entscheidungsprozess fließen auch standortspezifische Faktoren ein, zum Beispiel besondere Geräuschmerkmale und mögliche Auswirkungen auf die Tierwelt. Erst wenn die Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt erwiesen ist, können die entsprechenden Behörden eine Baugenehmigung erteilen.

Eine klimaneutrale Energiegewinnung ist Teil der Agenda 21, die ökologische, ökonomische und soziale Ziele verbinden soll. Das von 172 Staaten beschlossene Programm wird in Deutschland mit der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt. Dabei steht der Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung seit nunmehr zehn Jahren beratend zur Seite.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Tilman Kluge
    am 15. September 2011
    1.

    Es ist gut, wenn der Aspekt AGENDA 21 angesprochen wird, denn diese Sache hat ja zum Ziel, (vermeintlich) Unvereinbares und (vermeintlich) gegenseitig Fremdes auf einen harmonischen Weg zu bringen.

    Das Beispiel von Baumgart ist typisch dafür, daß hier in zwei Fällen genau dieses Ziel verfehlt wird, denn eine substantielle Abarbeitung des Spannungsfeldes zwischen Artenschutz und Windenergienutzung (so sie überhaupt planungsrechtlich integral einzuordnen wäre) kann man in den betroffenen Fällen lange suchen.

    Zur agenda21-konformen Abwägung gehört daher auch immer der allgemeinverständliche, also inhaltlich schlüssige (!) und nicht nur formale Ausgleich von Interessen. In den beiden in Rede stehenden Fällen ist weder etwas von einem (auch in einem rechtlich nachvollziehbaren Arbeitsergebnis gewürdigten) Interessenausgleich für die Fledermäuse oder die Zugvögel bekannt. Angesichts dessen, daß Artenschutz bei Planungsverfahren idR nicht abwägungsgegenständlich sein kann, sondenr ex ante analytisch zu behandeln ist, ist die Frage nach der einschlägigen politischen Solidität unter dem Aspekt AGENDA 21 und auch unter rechtlichen Gesichtspunkten an dieser Stelle treffend plaziert.

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