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Beantwortet
Autor Mania Silva am 27. Juli 2008
15010 Leser · 0 Kommentare

Soziales

Alleinerziehend, doppelt berufstätig und trotzdem arm

Hallo,
bitte erklären sie mir warum alleinerziehende, berufstätige Elternteile ohne Kindesunterhalt Lohnsteuer abführen müssen, wodurch diese auf aufstockend ALG II angewiesen sind?
Ohne Lohnsteuerabzug wäre der Lebensunterhalt für meine 2 Kinder u. mich auf ALG II Niveau gedeckt. Dadurch das ich mtl. 175 € Lst. abführen muss, wären wir auf aufstockend ALG II i.H.v. 176 € angewiesen. Kinderzuschlag wurde abgelehnt, da ich die Mindesteinkommensgrenze nicht erreiche. Nun habe ich seit 1 Jahr zusätzlich eine Nebenbeschäftigung am Wochenende. Ich komme auf zusätzlich ca. 280 € Nebenverdienst u. bin dadurch aus dem ALG II Bezug raus. Obwohl ich ja jetzt eigentlich mehr Geld in der Tasche haben sollte, hat sich genau das Gegenteil ergeben. Ich muss nun GEZ zahlen, die Fahrtkosten meiner Kidis zur Schule selber tragen, die ich vorher durch den ALG II Bezug von der Schulbehörde bekam u. ich habe eine höhere Selbstbeteiligung bei meiner Krankenkasse, sowie eigene höhere Fahrtkosten um auch zu meiner Nebenbeschäftigung zu kommen. D.h. ich habe durch meine Nebenbeschäftigung weniger Geld zur Verfügung als würde ich nur meiner Hauptbeschäftigung nachgehen und von aufstockend ALG II leben. Kann das so richtig sein?
Kinderunterhalt bekomme ich seit der Geburt meiner Kinder nicht einen Cent (Kidis inzwischen 16 u. 17 J.). Wie kann sowas sein?
Wo wird man bei solch einer Ungerechtigkeit motiviert mehr zu arbeiten und ohne staatliche Hilfe klar zu kommen, wenn man unterm Strich weniger davon in der Tasche hat als mit weniger Arbeit oder gar keiner?

Wann entlasten sie endlich alleinerziehende, berufstätige Elternteile, die ohne Kindesunterhalt kaum eine Chance ohne staatliche Hilfe auf eigenen Beinen zu stehen?

Warum kann man diese Menschen, die den Lohnsteuerabzug selber zum Leben brauchen um nicht zum Sozialfall zu werden von der Lohnsteuer befreien?

Kinder sind unsere Zukunft, warum drängt der Staat viele Kinder durch ungerechte Gesetze in die Armutsfalle?

Über eine Antwort wäre ich ihnen sehr dankbar.

LG M. Silva

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 17. September 2008
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Silva,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Bestimmte Gruppen von vornherein von der Lohnsteuer zu befreien, ist nicht möglich. Dies wäre auch ungerecht gegenüber anderen Geringverdienenden. Eine gerechte Besteuerung erfolgt daher anhand der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Steuerfrei gewährleistet wird in jedem Fall der zur Existenz notwendige Bedarf von erwerbstätigen Erwachsenen und ihren Kindern.

Mit der Steuerreform 2005 hat die Bundesregierung vor allem Arbeitnehmer und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen erheblich entlastet. Kindergeld und die Kinderfreibeträge wurden spürbar erhöht. Noch im Herbst will die Bundesregierung über eine weitere Kindergelderhöhung entscheiden.

Für Alleinerziehende gilt seit 2004 zudem ein neuer Steuerentlastungsbetrag in Höhe von 1.308 Euro pro Jahr (in Verbindung mit Steuerklasse II). Dieser Betrag berücksichtigt den haushaltsbedingten Mehraufwand, den echte Alleinerziehende gegenüber Paarfamilien haben.

Zudem hat die Bundesregierung die Zugangsmöglichkeiten zum Kinderzuschlag deutlich ausgeweitet. Die Regelung gilt ab dem 1. Oktober 2008. Am Maximalbetrag beim Kinderzuschlag von 140 Euro je Kind ändert sich nichts, jedoch haben Eltern künftig schon ab 600 Euro (Alleinerziehende) und 900 Euro (Paarhaushalte) eigenem Einkommen Anspruch auf den Kinderzuschlag. Vorher wurde diese Grenze individuell berechnet, was in der Praxis neben einem sehr hohen Verwaltungsaufwand zu einer hohen Ablehnungsquote führte.

Sie sollten prüfen, ob die Neuregelungen beim Kinderzuschlag und auch die Verbesserungen beim Wohngeld auf Sie und Ihre Familie zutreffen. Ihr Einsatz ist vorbildlich! Auch nach unserer festen Überzeugung leisten Eltern, die arbeiten, statt sich allein auf staatliche Hilfen zu verlassen, langfristig die beste Vorsorge gegen Kinderarmut. Damit wird der fatale Kreislauf der Abhängigkeit von Sozialtransfers - oft über Generationen hinweg - durchbrochen. Sie sind damit auch Vorbild für Ihre Kinder. Das gibt Ihnen hoffentlich weiter Motivation, diesen Weg fortzusetzen.

Wir wünschen Ihnen dazu alles Gute und viel Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung