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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Dieter Müller am 14. April 2009
10402 Leser · 0 Kommentare

Außenpolitik

EU: Bürokratenmonster statt Demokratie!?

Sehr geehrte Bundeskanzlerin,
sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

da die nächste Wahl zum Europaparlament naht, stehe ich und vermutlich auch viele andere Wähler vor einem Problem:

Auf der einen Seite versucht die EU-Kommission uns mit immer neuen, zum Teil absurden Bürokratieauswüchsen zu überziehen, Stichworte dazu sind: E10-Kraftstoff, XXL-Lastwagen, ESP-Pflicht, Apfelweinverbot, Salzgehalt im Brot, Kinderbücher aus Papier, Feinstaubrichtlinie, Nacktscannner, Glühbirnenverbot, CO2-Richtlinie, Führerscheinbefristung, ......, die Liste läßt sich vermutlich beliebig verlängern.

Auf der anderen Seite ist diese EU-Kommission in keinster Weise demokratisch legitimiert und zu keinerlei Rechenschaft gegenüber den EU-Bürgern verpflichtet. Der einzige Hauch von einem Demokratieansatz ergibt sich aus der einmaligen Bestätigung durch das EU-Parlament.

Jetzt ist aber das EU-Parlament auch nur "Pseudo"-Demokratisch, da es eine der Urprinzipien einer Demokratie verletzt, dass Jeder die gleiche Stimme hat. Bezogen auf die Zahl der Sitze gibt es dabei eine große Ungerechtigkeit: In einigen Länder haben die Wahlberechtigten im Vergleich zu Deutschland ein bis zu 12-fach höheres Gewicht (Malta, Luxemburg). Das ist so als ob jemand in Malta oder Luxemburg 12 Stimmzettel bekommt und in Deutschland nur 1!

Um das nicht mißzuverstehen, ich habe nichts gegen Malta oder Luxemburg und bin sehr für eine europäische, weltweite Völkerverständigung, Ich hätte aber bei der EU-Wahl auch gerne 12 Stimmzettel!

Solange diese EU-Verbürokratisierung unser Leben immer stärker bestimmt (vermutlich kommen mindestens 50%, wenn nicht sogar noch mehr unserer Gesetze und Richtlinien inzwischen aus Brüssel), gleichzeitig aber keine wirkliche Demokratie bei der Wahl gegeben ist, kann ich daher nur der Wahl fernbleiben oder ungültig stimmen.

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, haben Sie eine Antwort/Perspektive diesen unbefriedigend Zustand in absehbarer Zeit zu ändern?

Meines Erachtens ist dazu höchste Eile geboten, da die Wahlbeteiligung meines Wissens bei der letzen EU-Wahl in 2004 bereits nur noch 43% betrug und jeder weiterer Rückgang, das ganze noch mehr zu einer Farce werden läßt,

mit freundlichen Grüßen

Dieter Müller

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 14. Mai 2009
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Aufgabe der EU-Kommission ist es, Vorschläge für Gesetze zu machen. Ob ein Vorschlag Gesetz – im europäischen Sprachgebrauch eine Richtlinie – wird, entscheiden jedoch die zuständigen Minister der Mitgliedsländer und das Europäische Parlament.

Derzeit ist das Parlament an etwa 75 Prozent der Richtlinien beteiligt. Wenn der Lissaboner Vertrag in Kraft tritt, sind es fast 100 Prozent. Von einem europäischen Demokratiedefizit kann spätestens dann nicht mehr die Rede sein. Daher bedarf das Parlament auch einer großen Unterstützung durch eine hohe Wahlbeteiligung.

Die Verteilung der Stimmen im EU-Ministerrat und die Sitzverteilung im Europäischen Parlament sind bewusst nicht eins zu eins an der Bevölkerungszahl eines Landes festgemacht. Das würde zu einer Vorherrschaft der großen Länder führen, die für die kleinen inakzeptabel wäre. Der Einfluss der kleinen Länder wäre dahin. Das ist übrigens in Deutschland nicht anders, wie Sie beim Blick in den Bundesrat feststellen werden.

Was die Anzahl der Richtlinien aus Brüssel angeht, so haben Sie Recht. Immer mehr Gesetze kommen aus Brüssel. Dies ist in einem zusammenwachsenden Europa, in dem Landesgrenzen immer mehr an Bedeutung verlieren, auch unvermeidbar. Gerade Deutschland profitiert aufgrund seiner starken Wirtschaft enorm davon. Deutschlands jetziger Wohlstand wäre ohne die EU nicht denkbar. Allein das ist ein Grund, zur Wahl zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung