Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Gunther G. am 31. Januar 2009
11486 Leser · 0 Kommentare

Innenpolitik

Finanzdienstleister in gesetzliche Schranken verweisen!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

in dieser Finanzkrise - die Welt ist insgesamt betroffen - sprechen die Politiker von der Gier der Manager.
Sie selber, die Chefs und Aufsichtsräte der Bankhäuser, die Investmentbanker, die Anlagenberater sehen das ganz anders. Sie machten nichts falsch. Sie haben den Rahmen genutzt, den die Politik und die Gesetze, zuließen.

Uns wurde doch immer wieder in den Medien und Talkshows, und hier auch von den Politikern, die verantwortlichen Herren in den Vorstandsetagen als Leistungsträger vorgestellt und nun haben diese gänzlich versagt.

Wenn keiner Schuld trägt, weder die Herren der Finanzelite, noch die Politiker in den Regierungen, so ist im System was faul. Ich vermisse die öffentliche Diskussion über die Ursachen dieser Katastrophe.
Wo wird diskutiert, dass die Wirtschaft den Menschen, wohlgemerkt aller Menschen, dienen muss?

Die Politik ist aufgerufen, die politische Initiative, zur Zähmung eines außer Kontrolle geratenen Kapitalismus zu ergreifen. Sollte das nicht geschafft werden, so bin ich mir sicher, dass im Superwahljahr 2009, verantwortliche Politiker mit Mandatsentzug abgestraft werden und das ist richtig so.

Meine Fragen Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin:

Wie sehen Sie heute, nach dieser weltweiten Finanzkrise und den teilweisen wirtschaftlichen Zusammenbruch, die Privatisierung aller öffentlichen Einrichtungen? Steht die Politik immer noch eisern hinter der Privatisierung der Deutschen Bahn?

Wie gehen Sie damit um, dass die Bankmanager den Politikern und somit auch Ihnen, im Bemühen den Banken zu helfen, wissentlich mit Unwahrheiten und Lügen begegnen?

Wird die Regierung die Banken, mit ihren Managern, in gesetzliche Schranken weisen? Ist das nicht zwingend notwendig, dass aus Hasardeuren wieder Finanzarbeiter werden, die das Wohl des Staates sehen und nicht ihr privates Bankkonto?

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Gräfe

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 12. März 2009
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Gräfe,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Mit den Konjunkturpaketen I und II haben Bundesregierung, Länder und Kommunen gemeinsam schnell und umsichtig auf die schwierige wirtschaftliche Situation im Gefolge der Finanzmarktkrise reagiert. Dabei stehen wir zu den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft.

Der Börsengang der Bahn wurde im Oktober 2008 verschoben, aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. In ihrer Regierungserklärung vom November 2008 erklärte die Bundeskanzlerin, dass der Privatisierungskurs bei der Bahn fortgesetzt werden wird. „Aber bei den augenblicklichen Kursen an den Aktienmärkten würde eine Privatisierung bedeuten, Bundesvermögen zu verschleudern. Deshalb verschieben wir Privatisierungsvorhaben; das ist nicht als Abkehr zu verstehen.“

Regierungserklärung: http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Rede/2008...

Weil ein erfolgreicher Börsengang zu einer nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsposition der Deutschen Bahn beitragen soll, erklärte Bundesfinanzminister Steinbrück: „Sobald das Marktumfeld einen erfolgreichen Börsengang möglich macht, sind wir startklar. Die Weichen sind gestellt."

Mehr: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtsch...

Die Bundesregierung greift in der Finanzmarktkrise aktiv ein, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Im Rahmen ihres Maßnahmenpaketes kann es zu kurzfristigen Beteiligungen des Staates an Bankinstituten kommen. Dies ist kein Widerspruch zur grundsätzlichen Linie, Bundesbeteiligungen zu verringern. Im Fall der Hypo Real Estate Bank geht es darum, ein systemrelevantes Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes lebensfähig zu erhalten. Im anderen Fall wäre der Schaden für das Gemeinwesen ungleich größer.

Weitere Informationen

http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_3974/DE/Wirtscha...

http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/...

Zu Ihrer zweiten Frage: Bankmanager sind in aller Regel Angestellte mit laufenden Verträgen. In diese Verträge kann der Gesetzgeber nicht ohne Weiteres eingreifen. Er kann aber dafür sorgen, dass Banken Steuergelder nur unter Auflagen bekommen. Dafür hat die Bundesregierung mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz auch gesorgt.

Die zivilrechtliche Haftung ist bei uns so scharf ausgestaltet wie in kaum einem anderen Land. Schon bei leichter Fahrlässigkeit haften Manager mit ihrem vollen Vermögen. Im Fall von Veruntreuung sind die Staatsanwaltschaften zuständig.

Die Vergütungen der Bankangestellten, auch der Vorstandsmitglieder, legt allerdings der Aufsichtsrat fest.

Die Bundesregierung wird in Kürze einen Gesetzentwurf einbringen, um die bestehenden Regelungen zu verschärfen. Die Vergütung für Vorstandsmitglieder soll auf eine nachhaltige und langfristige Unternehmensführung ausgerichtet werden.

Konkret sollen Vorstandsmitglieder ihre Aktienoptionen zukünftig erst nach vier Jahren und nicht schon nach zwei Jahren ausüben können. Der Aufsichtsrat soll Vorstandsvergütungen bei einer schlechteren Geschäftslage nachträglich leichter herabsetzen können, seine Haftung bei unangemessener Vergütung soll verschärft werden. Er soll künftig die Entscheidung über die Vorstandsverträge nicht mehr an Ausschüsse delegieren. Außerdem dürfen ehemalige Vorstandsmitglieder nach ihrem Ausscheiden für drei Jahre nicht mehr dem wichtigen Kontroll- und Prüfungsausschuss angehören.

Auch international wollen die großen Industrie- und Schwellenländer („G20“) Regelungen für langfristig orientierte Managervergütung schaffen. Das Thema wird beim kommenden Gipfel Anfang April in London eine wichtige Rolle spielen.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter:

Manager in die Pflicht nehmen , Interview mit Bundesjustizministerin Zypries

http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Interview...

Klarere und nachhaltig orientierte Bonussysteme

http://www.bundesregierung.de/nn_209372/Content/DE/Artike...

Neue Weltfinanzarchitektur – Charta für nachhaltiges Wirtschaften

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2009/02/...

Regierungserklärung Bundeskanzlerin Merkel zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Regierungserklae...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung