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Beantwortet
Autor Wolfgang Mücke am 26. Dezember 2007
14198 Leser · 0 Kommentare

Soziales

Generationenvertrag

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

den Generationenvertrag gibt es seit Jahrtausenden weltweit: In einer Familie versorgt die mittlere Generation einerseits deren Eltern und zieht andererseits Kinder groß, damit diese, wenn sie erwachsen sind, die Versorgung ihrer Eltern übernehmen.

In der Rentenversicherung wird dieses Verfahren pervertiert. Zwar zahlt die arbeitende Generation für die Rentnergeneration, aber die Versorgung und Erziehung von Kindern, die später die Rentenzahlungen übernehmen, spielt für die Rentenzahlungen fast keine Rolle. Es ist sogar so, dass Elternteile, die das Berufsleben wegen der Kinder unterbrechen oder zumindest auf Teilzeit gehen, weniger Rente beziehen, als die kinderlosen Singles oder Ehepaare, die immer voll arbeiten.

Ich bin Neu-Rentner und bekomme als Mann sowieso keine höhere Rente wegen der Kinder. Wenn ich Frau wäre, würde ich ca. 1 bis 2 Euro mehr Rente für jedes Kind pro Monat bekommen. Dies ist geradezu lächerlich. (Es gibt bestimmt auch Rentnerinnen, die eine höhere Zuzahlung für Kinder bekommen.)

Bei der ursprünglichen Gesetzgebung zur der Rentenversicherung ist man davon ausgegangen, dass die Menschen immer gern Kinder haben wollen. Niemand konnte damals die Pille und deren Folgen oder die vielen Single-Haushalte vorhersehen. Weil sich die Anschauung der Menschen bezüglich Kinder geändert hat, benötigt die Rentenversicherung dringend eine Reform.

Es heißt, das Großziehen eines Kindes kostet ungefähr ein Eigenheim. Da müssten die Kosten wenigstens zu einem gewissen Anteil bei der Rentenzahlung berücksichtigt werden. Die Ehepaare, die sich Kinder wünschen, aber keine bekommen können, behaupten, sie würden durch eine größere Berücksichtigung von Kindern bei den Rentenzahlungen bestraft. Tatsache ist, dass diese Leute durch die fehlenden Kinder viel Geld sparen können und deshalb die Möglichkeit haben, besser privat vorzusorgen.

Wann denken Sie und die Bundesregierung über eine Rentenversicherung nach, die den 2. Teil des Generationenvertrages, nämlich das Aufziehen von Kindern, stärker berücksichtigt?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Mücke

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 24. Januar 2008
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Mücke,

vielen Dank für Ihr Schreiben, das wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Um mit Ihrer Schlussfrage zu beginnen: Schon die Bundesregierung unter Helmut Kohl hat in den neunziger Jahren reagiert und das Aufziehen von Kindern honoriert. Bei der Rente werden die ersten drei Jahre nach der Geburt des Kindes als Kindererziehungszeiten angerechnet, wenn das Kind ab 1992 geboren ist. Bei Geburten bis 1991 wird ein Jahr pro Kind anerkannt.

Kindererziehungszeiten schaffen somit Rentenansprüche und wirken rentensteigernd. Sie werden mit 100 Prozent des Durchschnittentgeltes bewertet. Die Beiträge zahlt der Bund. Aus dem Bundeshaushalt werden jährlich knapp 80 Milliarden Euro in die Rentenversicherung einbezahlt – zu einem erheblichen Teil, damit die Renten von Erziehenden höher ausfallen.

Die Kindererziehungszeit wird bei dem Elternteil angerechnet, der das Kind erzogen hat. Haben die Eltern das Kind gemeinsam erzogen, so können sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zuzuordnen ist. Zumeist ist das die Mutter.

So erhält eine Altersrente beispielsweise bei Geburten vor 1992 auch die Frau, die fünf Kinder erzogen hat oder die zwei Kinder erzogen und drei Jahre Beiträge gezahlt hat. Daraus ergibt sich derzeit ein Rentenertrag von rund 26 Euro in den alten bzw. rund 23 Euro in den neuen Bundesländern monatlich für jedes Jahr der Kindererziehung.

Sie haben aber Recht, dass diese zusätzlichen Rentenerträge nicht die Kosten und Mühen der Kindererziehung abdecken. Das könnte auch kein Rentenversicherungssystem leisten. Und das kann auch nicht der Anspruch sein. Denn die Entscheidung für oder gegen Kinder treffen Menschen zunächst für sich – mit allen Konsequenzen. Der Staat unterstützt die Entscheidung für Kinder in vielfältiger Weise, ob durch Kindergeld, Bafög, steuerliche Förderungen, Elterngeld oder Kinderzuschlag bei Hilfebedürftigkeit – um nur einige Beispiele zu nennen.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem

Rentenlexikon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung