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Beantwortet
Autor barbara pöpperl am 14. September 2009
39920 Leser · 0 Kommentare

Arbeitsmarkt

Gerechtigkeit?

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

Sie sprachen gestern im TV-Duell von Gerechtigkeit in Deutschland. Dabei haben Sie nicht erwähnt, dass die Gerechtigkeit nicht für Bezieher von ALG II gilt. Weshalb haben Bezieher von Hartz IV nicht die gleichen Rechte auf Förderung wie ALG I-Empfänger? Bei den Regelungen im SGB für hilfebedürftige Arbeitslose wird immer nur von Kann-Bestimmungen geschrieben. Das hat zur Folge, dass diese Menschen der Willkür der Vermittler ausgesetzt sind.Im Klartext heisst dass, es werden Eigenerfolge mit Ablehnung bestraft, ohne dass der Einzelfall geprüft wurde- wenn der Vermittler nicht will, hat man keine Chance.
Wie kann es sein, dass z.B. ein jugendlicher Langzeitrbeitsloser unter 25 Jahre mit geringen Aussichten auf Vermittlung im erlernten Beruf keine Förderung für die berufliche Umorientierung erhält, obwohl er einen Arbeitsvertrag vorlegt ? Nur weil der eine kurze Ausbildung als Bedingung beinhaltet, die der Jugendliche nicht allein finanzieren kann?
Dadurch wird doch die Resignation der Jugendlichen gefördert und nicht die Motivation. Es sieht doch so aus, als wenn alle jungen Leute, die ALG II beziehen, von den meisten Jobcentern als arbeitsunwillige Schmarotzer hingestellt werden und dem entsprechend behandelt werden.

Von Gerechtigkeit kann da wohl keine Rede sein.

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara Pöpperl

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 26. Oktober 2009
Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Pöpperl,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II sind zwei verschiedene Systeme: Das sogenannte Arbeitslosengeld I ist eine Versicherungsleistung und ein Lohnersatz bei eintretender Arbeitslosigkeit. Es wird aus den Beiträgen finanziert, die der sozialversichert Beschäftigte zur Arbeitslosenversicherung entrichtet, und es wird auch nur für einen begrenzten Zeitraum gezahlt. Rechtsgrundlage ist das Sozialgesetzbuch III („Arbeitsförderungsrecht“).

Das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“), ist dagegen ein steuerfinanziertes staatliches Fürsorgesystem für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Das heißt, es wird aus Mitteln der Allgemeinheit finanziert. Die Gewährung von Arbeitslosengeld II beruht auf dem Grundsatz von „Fördern und Fordern“. „Gefördert“ wird der Hilfebedürftige, indem man ihm Leistungen gewährt und sich um eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben bemüht. Dabei erwartet man vom Hilfebedürftigen, dass er selber auch aktiv wird, um aus seiner Lage wieder herauszukommen („Fordern“). Rechtsgrundlage ist das Sozialgesetzbuch II.

Grundsätzlich will das Arbeitsförderungsrecht die Erwerbschancen aller Arbeitslosen verbessern. In der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und ihren örtlichen Agenturen für Arbeit sowie den sogenannten Arbeitsgemeinschaften (ARGEN oder auch Jobcentern) leisten viele tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür täglich vorbildliche Arbeit. Sie nehmen sich der Menschen an, die ihren Job verloren haben, um ihnen eine neue Arbeitsstelle vermitteln zu können. Oder bemühen sich, ihre Kunden wieder für eine künftige Tätigkeit zu qualifizieren.

Hierfür steht eine Vielzahl von Leistungen und Instrumenten zur Verfügung. Ein besonderes Augenmerk gilt der Unterstützung junger Menschen unter 25 Jahren mit sogenannten „Vermittlungshemmnissen“ bei der Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in eine Erwerbstätigkeit.

Erwähnen möchten wir beispielsweise den Eingliederungs- und Qualifizierungszuschuss. Unternehmen können diesen Zuschuss für die Einstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erhalten, die jünger als 25 sind, keinen Berufsabschluss haben und mindestens sechs Monate arbeitslos waren.

Eine weitere Förderung für Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Ausbildungssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, ist das sogenannte Vermittlungsbudget. Es ermöglicht den Vermittlungsfachkräften vor Ort eine individuelle und bestmögliche Förderung der arbeitsuchenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Hinweisen möchten wir auch auf die Unterstützung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach einer beruflichen Weiterbildung seitens der Arbeitsagenturen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier: http://www.arbeitsagentur.de/nn_25282/zentraler-Content/A...

Welche Leistungen im Einzelfall in Frage kommen, lässt sich nur im persönlichen und direkten Gespräch mit dem jeweiligen Kundenbetreuer erörtern.

Mehr zu den Dienstleistungen der Arbeitsförderung finden Sie auch im Internetangebot des Bundesarbeitsministeriums: http://www.bmas.de/portal/13842/foerderung.html

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung