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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor M. Hohn-Bergerhoff am 28. August 2017
11028 Leser · 1 Kommentar

Die Kanzlerin direkt

Konsequenzen aus KDU Entscheidung des BVerfG

Sehr geehrte Bundeskanzlerin Fr. Dr. Merkel,

in Anbetracht der Tatsache, dass das BVerfG eine gelebte Spruchpraxis in Bereich des existentiellen Sozialrechts nun als grundrechtswidrig verurteilt hat, drängen sich mir folgende Fragen auf, um deren Beantwortung ich höflichst bitte.

Welche Auswirkungen auch auf die Richterschulung hinsichtlich der Wertigkeit von Grundrechen wie des effektiven Rechtsschutzes und des absoluten Schutzes des menschenwürdigen Existenzminimums hat die Entscheidung des BVerfG 1 BvR 1910/12 vom 01.08.2017, welche einer Großzahl von Spruchkörpern hier wohl einen etwas leichtfertigen Umgang mit den Klägerrechten bescheinigt?

Welche Auswirkungen und Konsequenzen wird diese Entscheidung für all diejenigen haben, denen in der Vergangenheit von den Kammern - wohl rechtswidrig - rechtzeitige Leistungen für die Unterkunft versagt wurden?

Was ist mit all denen, die deswegen sogar Ihre Wohnung verloren haben und gar obdachlos wurden? Werden diese unter Kollateralschaden einfach wegsortiert?

Wie stellt sich die Bundesregierung hier eine Wiedergutmachung und Rehabilitation der Kläger vor?

Denn immerhin können bei ärmeren Menschen so entstandene Mietrechtsstreitschulden durchaus auch dauerhaft eine negative Bonitätsauskunft erzeugen und damit die Zukunftschancen der Betroffenen langfristig auch in Bezug auf spätere Umzüge/Anmietung von (gar günstigerem) Wohnraum schädigen?

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 06. Oktober 2017
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Hohn-Bergerhoff,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Sie sprechen einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts an, der auf der Internetseite des Bundesverfassungsgerichts (Aktenzeichen –1 BvR 1910/12) veröffentlicht wurde.

Es handelt sich dabei um eine Entscheidung im Rahmen der Verfassungsbeschwerde eines einzelnen Beschwerdeführers. Wie Sie dem Tenor der Entscheidung unter Nr. 1 entnehmen können, stellt das Bundesverfassungsgericht ganz konkret für eine individuelle sozialgerichtliche Entscheidung fest, dass diese den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß Artikel 19 Absatz 4 GG verletzt habe: http://www.bverfg.de/e/rk20170801_1bvr191012.html

Im Übrigen gilt für die Bundesregierung bei der Bewertung gerichtlicher Entscheidungen das Gebot höchster Zurückhaltung. Denn nach dem grundlegenden Prinzip der Gewaltenteilung ist die Rechtsprechung in Deutschland unabhängig.

Die ausbildungsbezogenen Voraussetzungen für den Richterdienst sind im Deutschen Richtergesetz festgelegt. http://www.gesetze-im-internet.de/drig/ . Die konkrete Ausgestaltung der Juristenausbildung erfolgt durch die Länder, wobei in jedem Bundesland das Gebot des effektiven Rechtsschutzes als Teil des Staats- und Verfassungsrechts zur Juristenausbildung dazugehört.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung