Sehr geehrter Herr Prinz,
vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Gegenwärtig ist eine massive Veränderung der gesellschaftlichen Debattenkultur im Internet und insbesondere in den sozialen Netzwerken festzustellen. Die Tonart im Netz ist oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt. Hasskriminalität kann jede und jeden aufgrund seiner Meinung, Hautfarbe oder Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der Sexualität diffamieren. Nicht effektiv bekämpft und verfolgt, birgt das eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft.
Gegen den von Ihnen gewählten Begriff „Zensurgesetz“ verwahren wir uns an dieser Stelle ausdrücklich. Denn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zielt darauf ab, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken wirksamer zu bekämpfen. Erfasst werden in erster Linie Inhalte, die auch nach jetzigem Recht strafbar sind: so z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung und Bedrohung, aber auch Kinderpornographie und terroristische Straftaten. Vorgesehen sind zudem eine gesetzliche Berichtspflicht für die Betreiber sozialer Netzwerke, ein wirksames Beschwerdemanagement sowie die Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten. Verstöße gegen diese Pflichten können mit Bußgeldern gegen das Unternehmen und die Aufsichtspflichtigen geahndet werden.
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2017/091817_Rech...
Die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit ist für die Bundesregierung ein hohes Gut. Sie gilt jedoch nicht schrankenlos. Auch das Internet und die sozialen Netzwerke sind keine rechtsfreien Räume. Wer online Grenzen der Strafbarkeit überschreitet, wird genauso verfolgt und zur Rechenschaft gezogen wie in der analogen Welt.
Dies gilt auch für die von Ihnen angesprochenen Maßnahmen, die die Bundesregierung ergriffen hat. Konkret geht es um die Instrumente der Online-Durchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Beides ist inzwischen verbindlich in der Strafprozessordnung geregelt und dient der wirksameren Strafverfolgung.
So kann die Quellen-TKÜ künftig in Ermittlungen eingesetzt werden, bei denen auch eine herkömmliche Telefonüberwachung erlaubt ist. Letztere wurde allein im Jahr 2015 in 6.000 Verfahren insgesamt 32.000 Mal eingesetzt. Und auch die Onlinedurchsuchung, die bereits seit 2008 in sehr engen Grenzen zur Terrorabwehr erlaubt ist, kann nun häufiger gestattet werden: Polizisten sollen sie künftig auch bei Straftatbeständen wie Hehlerei oder Drogenhandel anwenden können.
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Doku...
Für die Bundesregierung steht fest: Die Sicherheitsbehörden brauchen innerhalb und außerhalb des Internets nicht mehr, aber eben auch nicht weniger Befugnisse. Dabei müssen die rechtlichen Voraussetzungen für Eingriffe von Sicherheitsbehörden gleich sein, egal ob ein Tatverdächtiger per Messenger-Dienst oder SMS kommuniziert.
Dabei geht es immer auch um eine Abwägung von Freiheit und Sicherheit. Das bedeutet: Wenn im Kampf gegen den Terror und Kriminalität Maßnahmen die Grundrechte einschränken, dann müssen diese geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein. So hat es das Bundesverfassungsgericht vorgegeben, und dem leistet die Bundesregierung selbstverständlich Folge.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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am 13. September 2017
1.
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