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Beantwortet
Autor Jerko Usmiani am 05. September 2011
9748 Leser · 1 Kommentar

Außenpolitik

Nordafrika statt China ? Hat der politische Frühling dort eine Hoffnung ?

Werte Frau Kanzlerin,

ich möchte Sie gerne fragen, ob Sie beabsichtigen den geradezu historischen Wandel im nördlichen Afrika auch wirtschaftlich zu unterstützen.

Läge es aber nicht auch unter Umweltgesichtspunkten näher, wenn Sie die deutsche Wirtschaft dazu ermuntern würden, künftig in den nunmehr freien Staaten Nordafrikas Produktionsstätten aufzubauen ? Die ja teils binnen weniger Wochen kraft der Stimme des Volkes endlich ihre Unabhängigkeit von der jahrzehntelang herrschenden Diktatur erreicht haben !

Sollten wir Westeuropäer das nicht tun, so befürchte ich, dass dieser Frühling nur zu schnell einem langen Winter weichen wird (Terrorismus incl.). Die junge Generation dort, die sich diesen Frieden unter Einsatz ihres eigenen Blutes erkauft hat, wird ziemlich sicher wieder rebellieren, wenn sie verinnerlicht, dass Europa sie nicht unterstützt.

Denn wovon sonst sollten diese vielen jungen Menschen dort leben ? Und was wird wohl passieren, wenn die eines frühen Tages feststellen, dass wir zwar politisch gutheissen wenn sie ihre Diktaturen niederreissen, ihnen aber nichts weiter als einen freundlichen Gruß dafür zukommen lassen. Selbst der Mauerfall war vorhersehbarer, als dass was gerade in Nordafrika passiert ist !

Meine schlußendliche Frage an Sie lautet daher:

Haben Sie als Kopf der CDU ein Konzept für diese aussergewöhnliche geschichtliche Situation ? Denn die ist ja zugegebenermassen beinahe überfallsartig dahergekommen.

Letzlich stellt sich die Frage, ob Politiker unseren Staat noch steuern und lenken (was ihre ureigenste Aufgabe wäre), oder nur noch verwalten?

Wie gut reine Verwaltung funktioniert, zeigt das Beispiel Italien. Nämlich gar nicht !

Viele Grüße

ass. jur. Jerko Usmiani

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 19. September 2011
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Usmiani,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die politischen Umbrüche in Nordafrika sind tatsächlich von großer historischer Bedeutung. Die Menschen streben nach Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung der Menschenrechte. In einer Zeit rascher und tiefgreifender Veränderungen sind diese Länder deshalb auf langfristige Unterstützung angewiesen.

Die Bundesregierung wird deshalb dazu beitragen, dass die ersten politischen Fortschritte nicht durch wirtschaftliche Instabilität gefährdet werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat immer wieder betont, dass in Ländern wie Tunesien und Ägypten die Arbeitslosigkeit und der Mangel an Perspektiven gerade für junge Menschen erschreckend seien. Deutschland wolle deshalb seinen Beitrag nicht nur zum politischen Wandel, sondern auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Region leisten und so seiner Verantwortung gerecht werden.

Die Bundesregierung hat den Staaten Nordafrikas Transformationspartnerschaften angeboten. Damit will sie diese Länder auf ihrem Weg der gesellschaftlichen und politischen Modernisierung unterstützen.

In diesem Jahr werden in Tunesien und Ägypten Projekte zur Stärkung der Zivilgesellschaft, zur Modernisierung von Aus- und Fortbildung sowie zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit mit knapp 40 Millionen Euro gefördert. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte als Sofortmaßnahme hierzu drei Fonds eingerichtet. Die Aktivitäten des Demokratieförderungs-, Bildungs- und Wirtschaftsfonds sollen eine positive Entwicklung der Länder gewährleisten und die Bevölkerung unterstützen. In den kommenden zwei Jahren werden noch einmal 100 Millionen Euro bereitgestellt. Zur Stabilisierung der lokalen Wirtschaft und als Anreiz für ausländische Investoren soll es auch Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft geben.

Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung gegenüber den Staaten Nordafrikas sehr bewusst. Die eingeleiteten Maßnahmen spiegeln das wieder.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (1)Schließen

  1. Autor Gunther G.
    am 11. September 2011
    1.

    Heute, am 11. September, bekam ich auf der Seite von WELT.ONLINE (Autor: Clemens Wegin) folgendes zu lesen:
    Es ist nun an der Zeit, dass Europäer und Amerikaner eine rote Linie markieren und den Militärmachthabern wie den wahlkämpfenden Politikern klarmachen, dass sie mit Ägyptens Zukunft spielen, wenn sie den Konflikt mit Israel suchen und ihren Verpflichtungen aus dem ägyptisch-israelischen Friedensvertrag nicht nachkommen.
    Kein Investor aus dem Ausland wird in Ägypten investieren und die Touristen werden einen Bogen um das Land machen, wenn der Wille der Kairoer Führung zu Frieden und Stabilität in Zweifel steht. In Sachen Israel versteht der amerikanische Kongress auch überhaupt keinen Spaß, die üppige Militärhilfe der USA käme als erstes auf den Prüfstand. Auch Europa wird einem offen israelfeindlichen Ägypten kaum teure Aufbauhilfe überweisen wollen.
    Die arabischen Revolutionen sind die Gelegenheit für die nahöstlichen Gesellschaften, Verantwortung für ihr eigenes Schicksal zu übernehmen. Dazu gehört aber auch, endlich erwachsen zu werden und sich den wahren Problemen des Landes zu stellen, anstatt Israel als billigen Sündenbock zu suchen.
    Ich bin der Überzeugung, dass zuerst politische Stabilitäten und demokratisches Bemühen vorhanden sein müssen, um die Wünsche, die Sie anmahnen, umzusetzen. Welchen Weg diese Länder nehmen und die berechtigte Frage, wie stehen diese Revolutionäre oder Rebellen, besser, die neuen Eliten, zu den Menschenrechten, zu den Grundrechten einer Demokratie, muss gestattet sein! Schließlich werden hier Steuergelder in den Sand gesetzt oder nützlich, zum Wohle der afrikanischen und arabischen Länder, eingesetzt. Wer verbirgt sich hinter den Rebellen in Libyen? Lesen Sie bitte nach, Herr Usmiani, mit welchen Biografien wir es zu tun haben. Ich bin hier sehr skeptisch, dass erneut Milliarden in falsche Kanäle fließen. Die ersten Millionen werden wohl zuerst als Blutgeld und Prämie an die Rebellen fließen.
    Gunther Gräfe

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