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Beantwortet
Autor Franz Lorenz am 07. Februar 2009
25104 Leser · 0 Kommentare

Innenpolitik

Rechtsberatungsgesetz und kein Ende

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel,

es war einmal vor langer Zeit, anno 1935. Da hat sich Heinrich Himmler gedacht diskriminieren wir doch mal die Menschen und besonders diejenigen, die wir zielgerichtet diskriminieren wollen mit einem Rechtsberatungsgesetz.
Das Bundesverfassungsgericht hielt es in vielen Punkten bis in das Jahr 2000 hinein für Grundrechtswidrig.
Letztes Jahr feierte man das neue Rechtsdienstleistungsgesetz, so als wenn man die Diskriminierungen gegenüber der Bevölkerung darin aufgehoben hätte. Was für eine Stammtischwahrheit wurde damit in die Welt gesetzt...

Gegenüber dem davor geltenden Recht hat sich aber insgesamt nichts verbessert, sondern es wurden in Wirklichkeit die Menschen noch mehr eingeschränkt und diskriminiert, damit Recht nur in den Händen elitärer kongenial und kollegial zusammenarbeitender Menschen bleibt.
Bisher habe ich zB. Mieter von mir und andere Personen kostenlos vor Gericht vertreten können, das ist mir mit der gleichzeitig erfolgten Änderung in §79 ZPO nun nicht mehr möglich und der Bürger muß zum Lobbyistenschutz Geld für einen Anwalt ausgeben dessen Qualität unbestimmt ist und nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz auch nicht hochwertig sein muß.
Gemäß dem Rechtsdienstleistungsgesetz darf ich bei einer beratenden Tätigkeit als Nichtanwalt grundsätzlich nur qualitativ hochwertig aber kostenlos tätig sein. Der Anwalt darf qualitativ unbestimmt tätig sein und darf/muß dafür Geld nehmen.
usw. usw.

Dabei hieß es doch immer, dass der Anwalt stets ein Honorar erhalten muß und es Anwaltszwang gibt, weil der Anwalt sonst keine Qualität erbringen kann zum Wohle des Bürgers.
Wenn mich meine eigene höchstqualitative Rechtsdienstleistung ebenfalls Geld kostet, die ich erbringe, dann habe ich damit immer noch ein Problem. Es ist mir immer noch nicht einmal erlaubt Rechtsanwälte entgeltlich rechtlich zu beraten obwohl ich das gesetzeswidrigerweise dennoch schon lange mache.
Es handelt sich beim Rechtsdienstleistungsgesetz und dem neuen §79 ZPO etc. also um ein reines Lobbyistengesetz, dass dazu dient auch Menschenrechte und Grundrechte in einer großen elitären Juristengemeinschaft gemeinschaftlich bürgerfeindlich, so unter Verschluß zu halten, dass man sich gegen Unrechtmäßigkeiten besonders solcher aus diesem System resultierenden grundsätzlich stets mindestens in der im vorrauseilenden Gehorsam weisungsgebundenen Gemeinschaft nur wehren kann, wenn man Menschen gerade aus dieser Gemeinschaft damit beauftragt.
"Den Bock zum Gärtner machen" nennt man das Sprichwörtlich.

Recht muß vollkommen frei sein, damit jeder sein Recht auch weitreichend nicht Weisungsgebunden einfordern kann, wenn er in seinen Rechten verletzt wird!
Ich als Bürger gehöre eben zB. nicht zu dieser elitären politischen/juristischen Gemeinschaft und kann Rechte völlig frei und konnte diese besonders für mittellose Menschen bisher einfordern. (Bekämpft werde ich dabei natürlich unablässig von der ganzen elitären Gemeinschaft und jetzt auch noch verstärkt durch Lobbyistengesetze wie zB. §79 ZPO.)

Als weiteres stetiges Problem entpuppt sich der Anwaltszwang.
Mittellose Menschen werden bestraft, wenn diese sich bei Anwaltszwang von einem Anwalt vertreten lassen (43 Js 943/06 AG-Minden).

1. Wann ist es mir als Nichanwalt möglich solche Menschen zu beraten und vor Gericht (bei Anwaltszwang) verteten zu dürfen?

2. Wann wird eine Entlohnung für eine solche Tätigkeit eingeführt mit der Möglichkeit eines Erfolgshonorars, damit ich auch mittellose Menschen weitreichend helfen kann?
(Gemäß der HOAI hat jeder Bürger einen Anspruch auf eine entsprechende Entlohnung, der eine Ingenieur- oder Architektenleistung erbringt).

3. Wann wird es mir möglich sein Rechtsanwälte dem Gesetz nach sanktionsfrei rechtlich entgeltlich beraten zu dürfen?
(Damit ich meine kostenlose Tätigkeit gegenüber mittellosen Menschen auch möglichst weitreichend durchführen kann.)

4. Wann wird es möglich sein, das man für eine rechtliche Beratung, die gemäß dem Rechtsdienstleistungsgesetz von Bürgern nur hochqualitativ erfolgen darf, auch eine Entlohnung vereinbaren kann?

5. Wann wird es möglich sein, dass sich auch mittellose Menschen bei Anwaltszwang straffrei von einem solchen Vertreten lassen können und das auch in Strafverfahren?

Mit freundlichsten Grüßen

Franz Lorenz

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 23. März 2009
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Lorenz,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Entgegen Ihrer Einschätzung wird niemand durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz diskriminiert. Diese Gesetz hat im Gegenteil die Rechtsberatung in wesentlichen Punkten geöffnet. So erlaubt es beispielsweise bestimmte Rechtsdienstleistungen als Nebenleistungen, wenn sie zu einem bestimmten Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Auch Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen, sind grundsätzlich erlaubt. Das Gesetz hat so die Rechtsberatung wesentlich erneuert.

Auch § 79 ZPO erlaubt es den Parteien grundsätzlich, ihren Rechtstreit selbst zu führen, sofern nicht eine anwaltliche Vertretung geboten ist. Nicht ohne Grund bleibt die umfassende Rechtsberatung jedoch zugelassenen Anwältinnen und Anwälten vorbehalten. Das Vertrauen in die besondere Kompetenz von Fachleuten, die gesetzlich in besonderer Weise zu Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und zur Wahrung der Interessen ihrer Mandanten verpflichtet sind, ist für die Bürgerinnen und Bürger unerlässlich.

Die von Ihnen behauptete Diskriminierung von Nichtanwälten ist nicht ersichtlich: In Deutschland wird niemand grundlos daran gehindert, die juristischen Staatsexamina abzulegen und als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen zu werden, sofern sie oder er die entsprechenden Voraussetzungen haben.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie im Bundesministerium der Justiz:
http://www.bmj.de/enid/8ecb6b07e0227cdebfaf36976bd4941d,0...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung