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seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

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Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Jens Wöllauer am 05. Juni 2014
8592 Leser · 3 Kommentare

Die Kanzlerin direkt

Sorge um Freihandelsabkommen

Sehr geehrte Fr. Bundeskanzlerin,

ich bin Student, frisch verheiratet und habe ernste Sorgen, nein sogar Angst vor dem Freihandelsabkommen mit den USA, sowie der anderen z. B. mit Kanada.
Ich habe mich aus verschiedenen Quellen z.B. ZDF usw. über dieses Abkommen informiert und befinde es als die größte Gefahr die die Demokratie in Europa, sowie der Verbraucherschutz seit langem erfahren haben.

Sie als gewählte Vertreterin der Bundesrepublik sind verpflichtet den Volkeswillen zu vertreten, sowie uns zu schützen.
Der allgemeine Wille (soweit ich es überblicken kann) ist das es kein solches Abkommen mit den USA geben soll. Die Absprachen sind Geheim und vollkommen undemokratisch. Es ist der Versuch der Wirtschaft die Demokratie auszuhebeln.

Verstehen sie mich nicht falsch ich habe nichts gegen Wirtschaftswachstum, aber dafür wichtige Grundwerte über Bord werfen, sowie unsere Gesundheit und Landwirtschaft zu gefährenden ist falsch und kein Profit wird das ändern.

Wenn ein Freihandelsabkommen dann, wo jedes Land seine Standarts behalten, selbst festlegen kann und es keinen Investorenschutz gibt, der den Steuerzahler belasten wird.
Ich bitte sie als unsere Vertretung uns zu schützen und den Volkeswillen zu respektieren und verhindern dieses Abkommen mit den USA, was sie als Staatschefin von Deutschland können. Auch wenn es gegen die Meinung von Wirtschaftsexperten ist.
Wirtschaftswachstum ist nicht das einzig wichtige und wir müssen weiter denken als nur 4 oder 10 Jahre.

Ich bitte sie nochmals um Hilfe und wünschen ihnen eine gute Woche.

Hochachtungsvoll,

Jens Wöllauer

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 25. Juni 2014
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Wöllauer,

vielen Dank für Ihre Frage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) bietet für Europa und die USA enorme Chancen – für Unternehmen, Beschäftigte und Verbraucher. Der Abbau von Handelsschranken senkt Kosten für Unternehmen, bringt Preisvorteile für Verbraucher und schafft neue Arbeitsplätze. Deswegen setzt sich die Bundesregierung nachdrücklich für einen Erfolg des Abkommens ein.

Das Verhandlungsmandat stellt klar, dass TTIP nicht zur Senkung geltender Standards der EU und ihrer Mitgliedstaaten zum Schutz von Umwelt, Gesundheit und Verbrauchern führen darf. Beide Seiten behalten weiterhin das Recht, Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten nach eigenem Ermessen zu regeln.

Es geht darum, unsinnige Doppelregulierungen zu beseitigen. Es ist nicht zu erklären, warum beispielsweise ein Autohersteller einmal rote, einmal orangenfarbene Blinklichter einbauen muss. Mit besserem oder schlechterem Sicherheitsniveau hat das schließlich nichts zu tun.

Hinzu kommen die Zölle: Allein die deutsche Automobilbranche zahlt dafür rund eine Milliarde Euro im transatlantischen Handel. Dieses Geld sollte in Zukunft in Innovation, Forschung und andere wichtige Bereiche fließen. Bei Neuentwicklungen könnte man gleich einheitliche Standards festlegen.

Die Verhandlungen um TTIP führt die EU-Kommission. Die Mitgliedstaaten haben ihr den Auftrag erteilt. Über den gesamten Zeitraum der TTIP- Verhandlungen sind Verbände, Gewerkschaften und Nichtregierungs- organisationen eingebunden und erhalten Informationen zum Verhandlungsstand. Auf europäischer Ebene führt zudem die EU-Kommission regelmäßig Anhörungen und Informationsveranstaltungen mit Wirtschaftsvertretern und Vertretern aus der Zivilgesellschaft durch. Der Deutsche Bundestag erhält seit Beginn der Gespräche sämtliche Informationen über den Fortgang der Verhandlungen.

Die Bundesregierung und die EU-Mitgliedstaaten gehen davon aus, dass es sich bei TTIP um ein „Gemischtes Abkommen“ handeln wird. Das bedeutet: Damit das Abkommen zustande kommt, ist ein einstimmiger Beschluss der EU-Mitgliedstaaten im Rat nötig, ebenso die Zustimmung durch das Europäische Parlament sowie von Bundestag und Bundesrat. Berechtigte Fragen zum Investitionsschutz klärt die EU-Kommission in einem transparenten Konsultationsverfahren.

Weitere Informationen zu TTIP: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=637448.... http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ttip/faqs,d... Mit freundlichen Grüßen

Ihr Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Kommentare (3)Schließen

  1. Autor Christian Adrion
    am 11. Juni 2014
    1.

    Herr Wöllauer,
    nur keine Panik. Gerstern Abend erklärte uns die ARD wie toll Chlorhuhn ist. Wir sollen nicht soviel Angst haben, denn Chlorhuhn ist neuerdings etwas ganz tolles. Da fragt man sich warum es bisher in der EU verboten war. Warum hat man uns die tolle Errungenschaft jahrelang vorenthalten?
    Bestimmt wird uns die ARD in Kürze die Vorzüge von Genmais, Hormonfleisch und Schiefergas erklären. Seien Sie ganz unbesorgt und glauben sie fest an das, was und die ARD erklärt. Bestimmt ist giftiges Spielzeug für unsere Kleinen halb so schlimm.
    Bald werden Zigaretten nicht weiter gefährlich sein, den Honduras muß jetzt schon Millionenstrafen an Phillip Morris zahlen weil sie auf Zigarettenpackungen Warnungen gegen das Rauchen hatten.
    Also zurück in die Zukunft und glauben sie fest an das, was uns ARD so erklärt. Dann kann ja gar nichts schiefgehen!!!

    Christian Adrionf

  2. Autor Helmut Krüger
    am 19. Juni 2014
    2.

    Sehr geehrter Herr Wöllauer,

    aufschlussreich fand ich heute eine Stellungnahme des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und neulich auch eine Stellungnahme von der Kulturstaatssekretärin Monika Grütters.

    Letztgenannten beklagte, dass durch TTIP die kulturpolitischen Zielsetzungen gefährdet würden infolge einer Durchkommerzialisierung des Kulturbetriebs, die den Schutz der Kleinen nicht kennt. )Musterbeispiel: Preisbindung im Buchhandel). Die Verbraucherschützer sprachen vom grundlegenden Unterschied zwischen dem vorsorgenden (europäischen) Prinzip und dem nachsorgenden US-amerikanischen, dann also, wenn das Kind in bereits den Brunnen gefallen ist, der Verantwortliche dafür hemmungslos zur Kasse gebeten wird.

    Das vorsorgende Prinzip setzt auf Einsicht ohne Strafe, wenngleich es auch immer Versuche der Umgehung gibt. Das Zweite, das nachsorgende Prinzip setzt auf Abschreckung. Bevor in den USA etwas verboten bzw. unterbunden werden darf, müssen wissenschaftliche Beweise angeführt wird, dass dies statthaft ist. Die Logik auf Europa übertragen, hieße, dass Verbote und Unterbindungen aus ethischen Gründen Gegenstand einer Klage vor den Schiedsgerichten wären. Bis die Ethik dann den Bach abgeht, weil man sich Ärger vom Hals halten will.

    Es muss nichts bewiesen werden, wenn etwas aus einem Befinden heraus aus ethischen Gründen abgelehnt wird. Hier steht die Kultur Europas wirklich auf dem Spiel.

    Danke für Ihre Initiative, die ja offenbar auch Befürchtungen bis hinein in konservative Kreise anspricht, wie sich am Abstimmungsergebnis zeigt.

    Helmut Krüger

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