Sehr geehrter Herr Meier,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Dass es Absprachen im Strafprozess nur für „die da oben“ gibt, wird zwar häufig behauptet, ist aber falsch. Auch wenn es dem Klischee „die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ nicht entsprechen mag: Tatsache ist, dass beinahe jeden Tag irgendwo in deutschen Gerichten Absprachen vereinbart werden. Es gibt sie insbesondere bei Delikten der Drogenkriminalität, bei Sexualstraftaten, aber auch wenn es um mehrere Delikte wie zum Beispiel Körperverletzungen, Hausfriedensbrüche oder Diebstähle geht.
Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es unterschiedliche Gründe geben, warum es zu einer Verständigung über das Verhalten des Angeklagten vor Gericht auf der einen Seite und über das Verfahren oder das Strafmaß auf der anderen Seite kommt.
So kann beispielsweise bei Sexualstraftaten der Opferschutz eine Rolle spielen. Denn ein Täter, der geständig ist und sich mit seinem Geständnis auf eine Absprache im Prozess einlässt, verhindert, dass die Opfer als Zeugen gehört werden müssen. Die Absprache kann so dazu beitragen, dass die Opfer nicht erneut mit einem für sie psychisch sehr schwierigen Geschehen gequält werden oder gegen ihren Willen erneut dem Täter begegnen müssen.
Ein anderer Gesichtspunkt ist das Interesse an einem effektiven Einsatz der vorhandenen Mittel. Auch die Gerichte müssen darauf achten, dass sie mit ihrem Geld, insbesondere den Personalausgaben, sinnvoll umgehen. So kann es in Strafverfahren oft um viele kleine Einzelfragen gehen, deren detaillierte Prüfung einen sehr großen zeitlichen und personellen Aufwand bedeuten würde. Wenn dann beispielsweise ein Geständnis vorliegt und das Gericht von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, nicht jedes Detail des Sachverhalts und jedes rechtliche Problem bis in die kleinste Verästelung zu prüfen.
Das zeigt: Absprachen im Strafverfahren können im Einzelfall sinnvoll sein. Allerdings braucht man dabei einen klaren Rahmen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, Urteile würden im Hinterzimmer ausgehandelt oder gar heimlich mit Geld erkauft.
Deswegen hat die Bundesregierung vor Kurzem einen Gesetzentwurf zu solchen Absprachen beschlossen: Absprachen sollen nur noch in der öffentlichen Hauptverhandlung beraten und beschlossen werden. Außerdem darf das Gericht nicht wegen einer Absprache davon absehen, Zweifeln an der Schuld eines Angeklagten nachzugehen.
Detaillierte Informationen zu den Gesetzentwurf finden Sie auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums:
http://www.bmj.bund.de/enid/553647bdb982d592438197acfe72d...
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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