Sehr geehrter Herr Neudek,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.
Demokratie ist die Herrschaft des Volkes. Das Volk ist es auch, das seine Herrschaft gemäß Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes „in Wahlen und Abstimmungen" ausübt.
Das Grundgesetz kennt auch Volksbefragung, Volksbegehren und Volksentscheid, zum Beispiel bei der Neugliederung von Ländern gemäß Grundgesetz-Artikel 29. Daneben gibt es in einigen Bundesländern die Möglichkeit von Volksbegehren und Volksentscheiden, deren Inhalt auch zu Gesetzen werden kann. Die Autoren des Grundgesetzes jedoch haben sich ganz bewusst für Wahlen als wichtigste Mitwirkung des Volkes entschieden. Grund für die repräsentative Demokratie sind Erfahrungen aus der deutschen Geschichte. Die Verfasser wollten ausschließen, dass emotional aufgeladene Streitfragen zum Gegenstand von kurzfristigen Volksbegehren oder Volksentscheiden werden.
Durch Wahlen bestimmt das Volk seinen Vertreter: den Bundestag. Er ist das Herz der politischen Willensbildung und der Gesetzgebung. Darum werden Gesetze auch nicht ausschließlich, wie Sie schreiben, „im Interesse der Regierung“ gemacht. Die Vertreter des Volkes sind es, die die Gesetze beschließen und ihre Umsetzung kontrollieren.
Im Übrigen hat jeder in Deutschland Anspruch auf rechtliches Gehör. Das ist in Artikel 103 Absatz 1 unserer Verfassung vorgesehen. Niemand wird also seitens der Justiz „zum Schweigen gebracht“.
Das Modell des „Bedingungslosen Grundeinkommens“, des "Bürgergeldes" ist eines von vielen Modellen, die in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion immer wieder erörtert werden – in den vergangenen Jahren übrigens auch schon in diesem Forum.
Ähnliche Überlegungen werden unter den Begriffen „negative Einkommensteuer“ oder „Bürgergeld“ angestellt. Dazu gibt es viele offene Fragen. Das System eines bedingungslosen Grundeinkommens würde eine komplette Umfinanzierung der Sozialleistungen erfordern. Selbst die gesetzliche Rentenversicherung müsste zu einem Grundsicherungssystem umgebaut werden.
Das wäre eine Abkehr vom bisherigen Bedarfsprinzip eines solidarischen Sozialstaates, der dann hilft, wenn Not besteht. Es wäre auch eine Abkehr vom Prinzip „Beitrag und Gegenleistung“, auf dem die Arbeitslosen- und die Rentenversicherung beruhen. Ziel der Bundesregierung ist es jedoch, das Bedarfsprinzip sowie das „Beitrag-und-Gegenleistung-Prinzip“ zu stärken. Insofern ist das „bedingungslose Grundeinkommen“ kein Thema des aktuellen Regierungshandelns.
Laut Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP für die 17. Legislaturperiode haben sich die Regierungspartner allerdings vorgenommen, die vielfältigen steuerfinanzierten Sozialleistungen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie zusammenzufassen sind. Dabei sei auch das Konzept eines bedarfsorientierten Bürgergeldes zu prüfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Kommentare (0)Schließen
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.