Liebe Besucherinnen und Besucher,

seit 2006 beantwortete das Bundespresseamt Ihre Fragen auf dieser Plattform im Auftrag der deutschen Bundeskanzlerin. Im Zuge einer Neustrukturierung entwickelt das Bundespresseamt sein originäres Angebot weiter im Sinne eines Bürgerservices mit Dialogmöglichkeiten. Auf dieser Plattform wurden am Montag, den 30. April 2018, die letzten drei Fragen beantwortet. Neue Beiträge und Kommentare werden nicht mehr veröffentlicht.

Wir danken Ihnen für Ihre rege Teilnahme auf www.direktzurkanzlerin.de.

Ihr Moderationsteam

Beantwortet
Autor Jürgen Grünwald am 07. März 2008
11283 Leser · 0 Kommentare

Soziales

Was soll unser Steuersystem, die unendliche Geschichte

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

ich würde Ihnen gerne eine Frage stellen, betreffend Bürokratieabbau im Steuerrecht. Der Frühling steht vor der Tür und es wiederholt sich das alljährliche Ritual der Steuererklärung, zu welcher ich als Verheirateter, abhängig Beschäftigter, verpflichtet bin. An den Wochenenden kann ich mich nicht etwa mit einer Wanderung durch den Frühling von der Arbeit erholen, sondern muss einem wahren Papierkrieg entgegensehen: Über die Ausbildung meiner Frau, die komplizierte Geschichte mit der Altersvorsorge, meine Arbeitslosigkeit, mein berufsbedingter Zweitwohnsitz und schließlich Umzug wegen der neuen Stelle… die Liste ließe sich beliebig fortführen.
Gelegentlich muss ich wegen Zeit- und Energiemangel professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, welche mir so etwa 400€ kostet, inkl. Mwst natürlich und ohne die Möglichkeit, dies steuerlich geltend zu machen. Es geht nämlich nicht um die Summen, sondern um den Zeitaufwand des Beraters, und der kann auch bei Normalbürgern beträchtlich sein. Meine Frage und mein Vorschlag: Warum schaffen Sie das eigentlich nicht einfach alles ab? Ich wäre vollkommen mit der Streichung sämtlicher Ausnahmen einverstanden, selbstverständlich auch die mich persönlich betreffenden, würde mein Steuersatz im Gegenzug pauschal erniedrigt werden. Noch ein ganz wesentlicher Aspekt: Der Staat verdient ganz gut damit, dass viele Leute ihre Rechte, z.B. Abschreibungsmöglichkeiten, nicht in Anspruch nehmen. Finden Sie das gerecht? Da war doch mal ein gewisser Herr Professor Kirchhoff…? Ein Beispiel für die ganze Sinnlosigkeit: Wer weite Wege zur Arbeit hat, zahlt für die Mobilität richtig drauf. Wer z.B. direkt am Arbeitsort in der Stadt wohnt, zahlt durch die höheren Wohnkosten aber ebenfalls drauf. Wo wollen Sie hier jemals Gerechtigkeit schaffen? Außerdem muss sich ein Finanzbeamter eine Weile mit meinem Kram beschäftigen, er könnte genauso gut in der Steuerfahndung arbeiten und dem Staat deutlich mehr einbringen. Sie sehen also, es gibt viele gute Gründe gegen „Verschlimmbesserungen“ dieses Schildbürgersystems und für einen totalen Systemwechsel. Wie schaffen das andere moderne Staaten?

Nun die alles entscheidende Frage, die ich wirklich gerne beantwortet haben würde: Was oder wer hindert Sie daran, konsequent auf ein wirklich einfaches Steuersystem für Privatleute hinzuarbeiten, damit diese jahrzehntelange, unendliche Geschichte einem Ende zugeht?

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jürgen Grünwald

Antwort
im Auftrag der Bundeskanzlerin am 04. April 2008
Angela Merkel

Sehr geehrter Herr Dr. Grünwald,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die wir im Auftrag der Bundeskanzlerin beantworten.

Die Notwendigkeit, das Steuersystem transparenter und die Steuererklärung einfacher zu gestalten, ist unbestritten. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und der Staat fordern ein einfaches und handhabbares Steuerrecht. Die Zahl an Verwaltungsvorschriften soll überschaubar, die Vordrucke sollen einfach und die Bearbeitungszeit bei den Finanzämtern soll kurz sein.

Warum ist dies nicht so einfach zu realisieren? Sie haben die Gründe dafür bereits erkannt: Steuerpflichtige fordern häufig eine vollständige Berücksichtigung persönlicher Lebensumstände im Steuerrecht. Der Staat fordert eine möglichst gerechte und vollständige Erfassung der Steuerpflichtigen und ihrer Einkünfte.

Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuerrechts und der Verwaltungspraxis eingeleitet. Im Rahmen der Initiative Bürokratieabbau wird sie das Besteuerungsverfahren weiter vereinfachen. Dazu gehören auch moderne elektronische Verfahren – beispielsweise die elektronische Lohnsteuerkarte -, die sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch die Wirtschaft und die Verwaltungen entlasten.

Bei aller Kritik muss aber auch anerkannt werden, dass die allermeisten Steuerfälle sehr eindeutig, einfach und nachvollziehbar geregelt sind. Und die elektronische Steuererklärung auf zwei Seiten ist für immer mehr Bürgerinnen und Bürger längst Wirklichkeit.

Informationen über eine einfachere Steuererklärung finden Sie hier:

http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_54/DE/Buergerinn...

Zum Bericht der Bundesregierung über den Stand des Bürokratieabbaus: http://www.bundesregierung.de/nn_151820/Content/DE/Presse...

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung