Sehr geehrter Herr Eisner,
bestimmt können Sie sich denken, dass auch mich der gewaltsame Tod von Menschen, die sich für ein Ende der Gewalt in Afghanistan einsetzen, sehr betroffen macht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Hilfsorganisationen und unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan helfen dem Land beim Wiederaufbau und bei der Entwicklung zu einem Staat, dessen Bevölkerung in Frieden und Sicherheit leben kann.
Um diese Ziele – die uns allen zugute kommen werden – zu erreichen, nehmen sie große persönliche Gefahren auf sich. Ihr Einsatz verdient unseren allerhöchsten Respekt.
Trotz großer Anstrengungen können wir nicht alle Risiken für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort ausschließen.
Sie fragen konkret nach der Möglichkeit, Hilfsorganisationen in Afghanistan militärisch zu unterstützen. Unsere zivilen und militärischen Kräfte in Afghanistan arbeiten bereits jetzt eng zusammen. Ich habe seit meinem Amtsantritt dafür gesorgt, dass diese Kooperation weiter verbessert wird. Ohne eine Verbesserung der Sicherheit ist kein Aufbau Afghanistans möglich und andererseits wird es ohne Aufbau keine Sicherheit geben – beides bedingt sich gegenseitig, beides muss Hand in Hand geschehen.
Wir müssen uns allerdings darüber klar sein, dass es weder sinnvoll noch möglich ist, jeden einzelnen Entwicklungshelfer militärisch abzusichern. Die Bundesregierung setzt sich darum sehr stark für die grundsätzliche Stabilisierung und Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan ein. Ein Schwerpunkt der deutschen Aktivitäten ist dabei der Aufbau eines funktionierenden Polizeiwesens auf rechtsstaatlichen Grundsätzen. Nur so kann die Sicherheit in Afghanistan dauerhaft gewährleistet werden. Mit der neuen Afghanistan-Strategie der Bundesregierung wurde das Engagement in diesem Bereich noch erheblich ausgeweitet.
Die tägliche Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der afghanisch-deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird über zivile Sicherheitsberater gewährleistet, die in engem Austausch mit der Bundeswehr stehen.
Darüber hinaus haben internationale und afghanische Nichtregierungsorganisationen 2002 ihr eigenes Sicherheitsnetzwerk (ANSO) gegründet. Es stellt spezielle Informationen, Analysen und Empfehlungen zur individuellen Sicherheitslage bereit, unterstützt die verschiedenen Organisationen durch Trainings und überprüft ihre Sicherheitspläne. Wir haben zudem das Sicherheitssystem der staatlichen Durchführungsorganisationen auch für deutsche nichtstaatliche Organisationen geöffnet.
Die Arbeitsfähigkeit und die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der afghanisch-deutschen Entwicklungszusammenarbeit hängen nicht nur von der direkten Präsenz der Bundeswehr ab, sondern vor allem von der gesamten Sicherheitslage in der jeweiligen Region. Auch darum befürworte ich das Konzept der vernetzten Sicherheit. Das bedeutet, dass überall dort, wo Soldaten für Sicherheit sorgen, die Aufbaumaßnahmen intensiviert werden sollten. Es geht mir dabei ausdrücklich nicht um eine Militarisierung der Entwicklungszusammenarbeit. Es geht mir um eine optimale Koordinierung und Kohärenz dessen, was Deutschland in Afghanistan tut. Es geht darum, dass unser Engagement die größtmögliche Wirksamkeit erreicht – nur dadurch werden wir langfristig erfolgreich sein und den Tod weiterer Menschen in Afghanistan vermeiden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dirk Niebel