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Beantwortet
Autor Jens Marquardt am 12. August 2010
8544 Leser · 24 Stimmen (-2 / +22)

Sonstiges

In Zukunft mehr Geld für Armutsbekämpfung, oder die Außendarstellung des BMZ?

Sehr geehrter Herr Bundesminister Niebel,

0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens wollten die Industrieländer bis 2015 eigentlich für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit ausgeben. Das jedenfalls war ihr Versprechen. Heute ist klar, dass diese Marke von Deutschland kaum noch einzuhalten ist.

0,51 Prozent sollten in der OECD bis 2010 erreicht sein, derzeit liegt die Quote bei 0,35 Prozent. In Finanzplan heißt es dazu nur, dass die dafür "vorgesehenen allgemeinen Haushaltsmittel nicht ausreichend" seien. Angesichts dieses scheinbaren Wortbruchs meine Fragen an Sie, Herr Niebel:

1. Werden Sie sich in Zukunft für das Ziel einsetzen, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für entwicklungspolitische Maßnahmen auszugeben? Und wenn ja, mit welchen Argumenten?

2. Sehen Sie angesichts der wirtschaftlichen Erholung in Deutschland wieder Spielräume zur Erhöhung des BMZ-Etats in den kommenden Jahren?

3. Wie teuer kommt die Neugestaltung der BMZ-Homepage dem Steuerzahler zu stehen? Und wie ist die Verwendung von Mitteln des BMZ für solche Zwecke angesichts der knappen Finanzen für Entwicklungsprojekte überhaupt zu rechtfertigen?

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Jens Marquardt

+20

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Antwort
von Dirk Niebel am 28. September 2010
Dirk Niebel

Sehr geehrter Herr Marquardt,

vielen Dank für Ihre ausführlichen Fragen, die sich so oder ähnlich sicher viele Bürgerinnen und Bürger stellen. Ich freue mich darum, Ihnen im Folgenden einige grundsätzliche Informationen über die Verwendung des Geldes geben zu können, das uns für die staatliche deutsche Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung steht.

Zu Ihrer ersten Frage: Deutschland ist drittgrößter Geber bei der Entwicklungszusammenarbeit weltweit. Wir brauchen uns also nicht zu verstecken. Bereits im vergangenen Jahr lagen die deutschen Ausgaben für staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit 0,35 Prozent des Bruttonationaleinkommens deutlich über dem internationalen Durchschnitt von 0,31 Prozent. Die OECD prognostiziert für dieses Jahr unter der neuen Bundesregierung sogar, dass Deutschland eine Quote von 0,4 Prozent erreicht – und dies trotz der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise.

Meine konkrete Antwort auf Ihre erste Frage ist: Ja, ich werde mich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass wir das 0,7-Prozent-Ziel erreichen. Wir geben das Ziel nicht auf, auch wenn wir wissen, dass es sehr ambitioniert ist. Eine gute Chance, dieses Ziel noch zu erreichen, sehe ich unter anderem darin, neue Finanzierungswege zu öffnen. Die Diskussion darüber habe ich bereits angestoßen und wir werden sie in Zukunft ernsthaft und konstruktiv führen.

Zu Ihrer Frage nach Spielräumen zur Erhöhung des BMZ-Etats: Der BMZ-Etat ist neben dem Bildungsetat der einzige, der in diesem Jahr ein wenig gewachsen ist: Auf über sechs Milliarden Euro. Ich finde, damit bringen wir sehr deutlich zum Ausdruck, wie wichtig die Entwicklungspolitik für uns ist. Wir können allerdings nicht die Augen davor verschließen, dass die Konsolidierung des Haushalts eine zentrale Aufgabe der Bundesregierung ist – übrigens auch, um zukünftig noch in der Lage sein zu können, ärmere Länder effektiv zu unterstützen. Deshalb wird vermutlich auch das BMZ in den kommenden Jahren Einsparungen erbringen müssen. Diese Einsparungen müssen aber nicht zur Folge haben, dass die Wirksamkeit unserer Entwicklungspolitik sinkt:

Sicher sind auch Sie der Meinung, dass die Qualität unserer Entwicklungszusammenarbeit nicht einzig und allein an der Summe der Ausgaben gemessen werden kann. Wir konzentrieren uns darum seit dem Regierungswechsel intensiv darauf, die Wirkung unserer Arbeit zu verbessern. Dazu gibt es große Potenziale. Ein Beispiel ist die von meinem Ministerium veranlasste Fusion verschiedener deutscher Durchführungsorganisationen, die zu einer deutlichen Steigerung der Effizienz führen wird.

Wir können also insgesamt noch besser werden und darum bin ich sehr zuversichtlich, dass wir die deutschen Leistungen – gemessen an Ihren Resultaten – in den kommenden Jahren erheblich steigern werden. Und dies ganz unabhängig von der zukünftigen Haushaltssituation, über die wir heute ohnehin nur spekulieren können.

Ihre letzte Frage bezieht sich auf den Internetauftritt und damit die Öffentlichkeitsarbeit meines Ministeriums.
Zu einer guten und transparenten Regierungsführung gehört heute, dass den Bürgerinnen und Bürgern Informationen über die Arbeit der von Ihnen gewählten und finanzierten Regierung zur Verfügung gestellt werden. Das Internet hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Medium entwickelt, mit dessen Hilfe die deutsche Bundesregierung ihrer Informationspflicht umfassend und kostengünstig gerecht werden kann. Auch Sie haben ja, als Sie mir geschrieben haben, von diesem Angebot Gebrauch gemacht und ich hoffe, dass Sie das weiterhin tun werden.

Neben dieser grundsätzlichen Information über unsere Arbeit hat unsere Homepage aber noch einen weiteren, mindestens ebenso wichtigen Auftrag: Ich bin überzeugt davon, dass Entwicklungspolitik nicht nur die Aufgabe von Fachleuten und Politikern ist. Weltweit für eine gute Entwicklung zu sorgen, ist eine Herausforderung, der sich die ganze Gesellschaft stellen muss. Ein wichtiger Auftrag des BMZ ist es darum, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger „mit ins Boot“ zu nehmen und sie darüber zu informieren, welchen Einfluss ihre persönliche Lebensweise auf die Situation in armen Ländern hat. Letztlich können wir unseren internationalen Verpflichtungen – auf die Sie mit Ihren beiden ersten Fragen aufmerksam gemacht haben – nur einhalten, wenn wir dafür eine breite gesellschaftliche Unterstützung haben.

Mit der BMZ-Homepage werben wir für diese Unterstützung. Wir informieren die Öffentlichkeit umfassend über die Ziele, Schwerpunkte und Arbeitsweisen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und – was ich ebenfalls sehr wichtig finde – über Möglichkeiten des persönlichen Engagements. Die Homepage ist damit ein wichtiges Instrument unserer Entwicklungspolitik und das Geld, das wir für den Internetauftritt ausgeben, ist eine Investition, die sich langfristig auszahlen wird.

Derzeit haben die gesamten Verwaltungskosten meines Ministeriums lediglich einen Anteil von 1,3 Prozent am Haushalt des BMZ. Nur ein kleiner Bruchteil dieser 1,3 Prozent entfallen auf die Kosten für den Internetauftritt.