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Beantwortet
Autor Jan-Erik Hansen am 03. Januar 2011
8009 Leser · 1 Stimme (-0 / +1) · 0 Kommentare

Wirtschaft und Arbeit

gesuchte Erzieherinnen im Land contra "Abwerbung" durch andere Bundesländer

Sehr geehrter Herr Böhmer,

viele Kommunen suchen Erzieherinnen für Kindertagesstätten. Der Bedarf ist groß, denn es werden wieder mehr Kinder geboren und immer mehr Mütter gegen ihre Kleinen in der Kita ab – auch in den alten Bundsländern. Auch München braucht dringend Erzieherinnen und wirbt deshalb auf Plakaten und in Fachzeitschriften. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen ist die Kinderbetreuung in der bayerischen Metropole von Sparmaßnahmen ausgenommen. Deshalb kann die Stadt Erzieherinnen mit guten Konditionen ködern. Das Personalreferat München zählt auf, was die Stadt Neueinsteigern bietet: " Die Stadt München bietet Erzieherinnen unbefristete Verträge in Vollzeit, ein qualitativ extrem hochwertiges Berufsumfeld, das bundesweit sehr anerkannt ist, eine sogenannte Wohnungsfürsorge, also Hilfe bei der Wohnungssuche, und eine München-Zulage. Das sind 105 Euro mehr im Monat, als in anderen Städten."

Die Münchner Offerte lockt viele Interessenten in die bayerische Landeshauptstadt. Vor allem Fachschulabsolventen folgen einer Einladung der Stadt zu einem Schnupperwochenende. Einige Ostdeutsche arbeiten bereits seit Jahren erfolgreich als Erzieherinnen an einer der 1044 städtischen Kitas in München. Dort ist man mit den Fachkräften aus Ostdeutschland hoch zufrieden, das Kultusreferat München: "Aus den Neuen Bundesländern, das ist unsere Erfahrung, bringen die künftigen Kolleginnen eine sehr gute Ausbildung mit und ein breites Erfahrungsspektrum genau für die Altersgruppe, die wir suchen."

Meine Fragen an Sie wären:

1. Warum lassen sich neue Bundesländer wie Sachsen-Anhalt eine solche „Abwerbung“ von Erzieher/innen gefallen bzw. was unternehmen gegen eine zu große „Abwerbung“ durch andere Bundesländer?

2. Was unternehmen Sie bzw. die Landesregierung des Landes Sachsen-Anhalt, damit auch mehr männliche Personen den Erzieherberuf ergreifen und somit den paritätischen Gedanken innerhalb der Kindererziehung in den Einrichtung mehr Rechnung getragen wird?

Vielen Dank.

Viele freundliche Grüße

Jan-Erik Hansen

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Antwort
von Prof. Dr. Wolfgang Böhmer am 10. März 2011
Prof. Dr. Wolfgang Böhmer

Sehr geehrter Herr Hansen,

Sie sprechen ein in der Tat wichtiges Thema an: Unter den Ländern hat so etwas wie ein Wettbewerb in punkto Kinderbetreuung begonnen. Das ist erst einmal gut so, wird damit doch deutlich, dass Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung wirklich bundesweit ernst genommen werden. Damit werden Bildungs- und Entwicklungschancen für Kinder gefördert. Wie Sie wissen, ist Sachsen-Anhalt mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung von der Geburt an in Deutschland Vorreiter. Das Land wendet dafür allein in diesem Jahr rund 140 Millionen Euro auf. Die Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen leisten täglich eine engagierte Arbeit. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere beschreiben Sie: Junge, gut ausgebildete Menschen verlassen das Land – unter ihnen sind auch Erzieher und Erzieherinnen. Warum ist das so? Die Antwort ist denkbar einfach: In anderen Regionen werden andere Verdienstmöglichkeiten versprochen. Um dieser Bewegung also wirklich effektiv einen Riegel vorzuschieben, brauchen wir in Sachsen-Anhalt ein anderes Lohn- und Gehaltsniveau. Um auf die Erzieherinnen und Erzieher zurückzukommen: Arbeitgeber der Erzieherinnen und Erzieher ist nicht das Land. Wir sind also nicht Tarifpartner, wenn es um Gehaltsverhandlungen geht. Das Land ist aber bereit – und so steht es auch im Gesetz – sich an einer Personalkostenentwicklung auch anteilmäßig zu beteiligen. Des Weiteren sind Landkreise und kreisfreie Städte, Kita-Träger und letztlich auch Eltern – über Elternbeiträge – gefordert, sich an Gehaltssteigerungen für Kita-Erzieherinnen und Erzieher zu beteiligen.

Mit Ihrer Anregung, dass mehr Männer in den Erzieherberuf gehören, haben Sie recht. Aber niemand kann sich männliche Erzieher „backen“. Es braucht einfach mehr Männer, die bereit sind, diesen anspruchsvollen und interessanten Beruf, der immer auch Berufung ist, zu ergreifen. Und deshalb lässt das Land keine Gelegenheit aus, etwa auf Berufsfindungsveranstaltungen dafür zu werben, dass mehr Jungen in den Erzieher-Beruf einsteigen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wolfgang Böhmer