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Beantwortet
Autor Reinhard Feller am 10. Februar 2010
9958 Leser · 50 Stimmen (-2 / +48)

Arbeit, Gesundheit, Familie, Frauen und Soziales

Was kommt nach HartzIV?

Sehr geehrter Ministerpräsident,
Sie haben die Erklärung von Hartz IV als verfassungswidrig begrüßt und als ein Ende der „Murkserei“ bezeichnet. Nun sehen sich Bund und Länder vor neuen Herausforderungen. Was ist Ihrer Meinung nach die Alternative zum derzeitigen Hartz IV? Halten Sie das Bürgergeld für eine plausible Lösung?
Mfg
Reinhard Feller

+46

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Antwort
von Horst Seehofer am 30. März 2010
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Feller,

Das Bundesverfassungsgericht hat am 9. Februar 2010 entschieden, dass die Höhe der Hartz IV-Regelsätze in einem nachvollziehbaren Verfahren neu zu ermitteln ist. Ich habe dieses Urteil begrüßt, weil es ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum formuliert und die besonderen Bedürfnisse von Kindern hervorhebt, die nach den Worten des Gerichts eben keine „kleinen Erwachsenen“ sind. Im Kindesalter werden die Weichen für das spätere Leben gestellt. Ich war schon immer überzeugt, dass eine wirksame Unterstützung in dieser Lebensphase spätere Hilfen oftmals entbehrlich macht. Das Urteil bietet die große Chance, Antworten auf drängende soziale Fragen zu finden, die bestehenden Regelungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende („Hartz IV“) auf den Prüfstand zu stellen und – wo nötig – nachzubessern, um zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit in unserem Land beizutragen.

Eine nachvollziehbare und transparente Ermittlung der Regelsätze wird unter anderem die Frage beantworten müssen, wie wir die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen, beispielsweise durch die Möglichkeit, Sport oder Musik zu machen, verbessern. Ich bin mir sicher, dass transparent ermittelte Regelsätze auch die Klagewelle gegen Hartz IV-Bescheide abflauen lässt und so zum Rechtsfrieden beiträgt. In Bayern haben wir übrigens ungeachtet der vorrangigen Pflicht des Bundes ein eigenes Förderprogramm aufgelegt, das Kinder in Ganztagsschulen durch einen Zuschuss bei den Kosten des Mittagessens unterstützt.

Vorrangiges Ziel jeder gesetzlichen Regelung auf diesem Gebiet muss es sein, die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit zu stärken und noch besser als bisher zu gewährleisten, dass sich Arbeit und Leistung lohnen. Neben einer Verbesserung bei der Freistellung von Vermögenswerten, die der Altersvorsorge dienen, haben wir daher bereits im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart, die Möglichkeiten eines Hinzuverdienstes zum Arbeitslosengeld II so weiterzuentwickeln.

Ziel ist es, noch wirksamer als bisher sicherzustellen, dass demjenigen, der in Vollzeit arbeitet, verlässlich mehr verbleibt als einem Hilfeempfänger. In der Zusammenführung aller steuerfinanzierten Sozialleistungen zu einem pauschalen Bürgergeld sehe ich keine geeignete Lösung. Ein solches Bürgergeld würde zwangsläufig zu erheblichen Mehrausgaben führen, weil es auch die Kosten der Unterkunft und Heizung umfasst, die derzeit nach dem tatsächlichen Bedarf des Hilfebedürftigen bemessen werden und so das regionale Mietniveau berücksichtigen. Eine Pauschalleistung müsste, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherung des Existenzminimums folgend, für alle Leistungsempfänger auf der Grundlage des höchsten Mietniveaus ansetzen.

Mit freundlichen Grüßen