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Beantwortet
Autor Erich Müller am 04. Januar 2010
8440 Leser · 74 Stimmen (-16 / +58)

Umwelt und Landwirtschaft

Erneuerbare Engergie

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
ist es richtig, daß die CSU Solarzellen auf landw. Flächen und den weiteren Ausbau von Biogasanlagen mit landw. Produkten verbieten will?

In einigen Jahren müßten wir ansonsten den überschüßigen Strom verspreisen, weil die Flächen zur Erzeugung von Lebensmitteln nicht mehr vorhanden sind.

mit freundlichen Grüßen

Erich Müller

+42

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Antwort
von Horst Seehofer am 09. Februar 2010
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Müller,

Ihre Frage lenkt den Blick auf zwei elementar wichtige Zukunftsbereiche: die Versorgung mit Lebensmitteln und mit klimaschonender Energie.

Wir haben uns angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel ehrgeizige klima- und energiepolitische Ziele gesetzt. Wir wollen und müssen im Bereich der alternativen Energien Fortschritte erreichen. Allerdings sollte die Stromerzeugung über Solarzellen in erster Linie auf vorhandenen Dachflächen erfolgen. Mit einer Korrektur der Förderung über die Strom-Einspeisevergütungen wollen wir der zuletzt starken Ausweitung von Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen entgegenwirken. Wenn schon Solarzellen auf Freiflächen gebaut werden, dann aber vorrangig auf bereits versiegelten bzw. nicht mehr genutzten Freiflächen - und nicht auf besten Ackerböden. Die Genehmigung von Solaranlagen liegt im Übrigen in der Hand der Gemeinden. Das soll auch so bleiben.

Auch bei Biogasanlagen gibt es keinen Anlass, den Bau weiterer Anlagen zu verbieten. Ich möchte dies näher begründen:
Biogasanlagen verwerten im Wesentlichen die gleichen Futterpflanzen, wie sie an Rinder verfüttert werden. Von 1987 bis 2007 ist die Zahl der Rinder in Bayern von 5,1 Mio. auf 3,4 Mio. Tiere um rund ein Drittel zurückgegangen. Dadurch wird eine Fläche von 500.000 Hektar, etwa ein Sechstel der bayerischen Agrarfläche, nicht mehr zur Futtererzeugung benötigt. Hinzu kommen erhebliche Ertragssteigerungen durch eine effizientere Produktionstechnik. Mit anderen Worten: Durch den Betrieb von Biogasanlagen wird freigewordene Futterfläche verwertet, die für die Erzeugung von Lebensmitteln derzeit nicht benötigt wird. Gleichzeitig gewinnen wir wertvolle Energie aus heimischer Biomasse.

Auf Betreiben Bayerns wird zudem der Einsatz von Reststoffen in Biogasanlagen, wie z.B. Gülle aus der Landwirtschaft, seit 2009 deutlich besser honoriert. Dies nützt vor allem den kleineren, meist von Landwirten betriebenen Anlagen, stärkt die Wertschöpfung und Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum und bedeutet eine Dezentralisierung der heimischen Energieerzeugung. Energiegewinnung über Biogas ist zudem sehr verlässlich, stabil und nicht witterungsbedingten oder tageszeitlichen Schwankungen, wie z.B. bei Wind- und Solarstrom, unterworfen. Die Gärreste aus der Biogasgewinnung sind außerdem wertvoller Dünger. Bei sehr großen Biogasanlagen wird das Biogas auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Netz eingespeist. Es kann damit wie Erdgas verwendet werden - sogar als Kraftstoff.

Und noch ein Letztes: Vor der Motorisierung brauchte man zur Versorgung eines Pferdes als Zug- und Transportmittel etwa 1,5 Hektar Futterfläche. Mit dem aufbereiteten Gas aus einer modernen Biogasanlage fährt ein modernes Erdgas-Kfz mit dem Aufwuchs von 1,5 Hektar rund 100.000 Kilometer weit. Energiegewinnung von landwirtschaftlichen Flächen ist also nichts grundsätzlich Neues.

Ich will, dass wir bei Energie weniger importabhängig werden und bei Lebensmitteln möglichst unabhängig bleiben. Beides ist möglich. Im Zweifel gilt für mich jedoch ganz klar: Der Teller kommt vor dem Tank!

Mit freundlichen Grüßen