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Autor Thorsten Kehlmann am 05. Februar 2010
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Unterricht und Kultus, Wissenschaft, Forschung und Kunst

„Mein Kampf“ u. „Zeitungszeugen“ als kritische Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte?

Sehr geehrter Ministerpräsident Seehofer,

2015 erlöschen die alleinigen Rechte des Bayerischen Finanzministeriums an Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Danach darf das Buch wieder frei publiziert werden. Voraussichtlich wird es auch hier wieder zu lautstarken Kontroversen kommen. Bei einer Neuauflage begrüßen die einen eine kritische Auseinandersetzung mit der historischen Materie, wo andere den Strafbestand der Volksverhetzung befürchten. An der Herausgabe von Faksimile-Ausgaben nationalsozialistischer Zeitungen seit Anfang 2009 unter dem Namen „Zeitungszeugen“ schieden sich ebenso die Geister.

Ich denke, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Materie wünschenswert ist. Die Aussage, dass Jugendlichen oder auch Erwachsenen mit Neuauflagen nationalsozialistischen Propagandamaterials der Kopf verdreht wird, wirkt als Ausflucht. Dass Menschen sich durch nationasozialistische Parolen beeindrucken lassen, würde vielmehr ein weiteres Mal zeigen, inwieweit mit wirklicher Aufklärungsarbeit in dieser Sache bisher hinter dem Berg geblieben wurde. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesen zeitgeschichtlichen Dokumenten allen Menschen zu ermöglichen, erachte ich als eine Grundvoraussetzung der Demokratie. Alles andere spricht den Bürgern nur die Mündigkeit ab, sich selbst mit den Dingen kritisch auseinandersetzen zu können.

Bitte missverstehen Sie mein Anliegen nicht. Ich bin davon überzeugt, dass wirklich freie und aufgeklärte Menschen nur zu dem Ergebnis kommen können, welch falsches Bewusstsein die nationalsozialistische Weltanschauung propagiert hat und heute noch propagiert. Durch ein schlichtes Verbot und mangelnde Auseinandersetzung wird der Anziehungskraft dieser Ideologie auf Jugendliche allerdings nur Vorschub geleistet. Mit anderen Worten: Ein Verbot zur Wiederauflage dieser „Zeitzeugen“ ist nur Wasser auf die Mühlen der Rechten, die behauptet, man wolle eine gewisse „Wahrheit“ vor den Menschen verbergen. Eben diesem falschen Bewusstein kann aber nur durch eine offene und transparente Auseinandersetzung mit dem Thema entgegengetreten werden. Womit ich abschließend auch auf meine Frage an Sie zu sprechen komme:

Werden Sie sich für eine kritische Auseinandersetzung in dieser Sache einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen,
Thorsten Kehlmann

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