Sehr geehrte Frau Merz,
gern beantworte ich Ihnen Ihre Frage und hoffe, Ihre Befürchtungen aus dem Weg räumen zu können.
Zunächst: der Berliner Senat hat auf meine Vorlage hin im November 2007 die Novellierung des Berliner Vergabe-Gesetzes beschlossen, was - nach weiterer Diskussion in verschiedenen Gremien – in wenigen Wochen dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorliegen wird. Demnach wird die öffentliche Hand, wenn sie Aufträge vergibt, Tariftreue einfordern. Wo es keine Tarifbindung gibt bzw. der Tariflohn unter 7,50 Euro pro Stunde liegt, wird die Zahlung eines Mindestlohnes von 7,50 Euro zur Bedingung gemacht. Dass dadurch – wie Sie schreiben - höhere Kosten für das Land Berlin entstehen, ist keinesfalls sicher. Die Lohnkosten sind nur ein Teil der unternehmerischen Kalkulation; die Unternehmen werden - angesichts des Wettbewerbs - sehr genau überlegen müssen, ob sie – eben um einen öffentlichen Auftrag zu bekommen – nicht mit geringeren Gewinnmargen zufrieden sein müssen.
Was die von Ihnen behauptete Gefahr, dass ein Stundenlohn auf den Mindestbetrag von 7,50 Euro herunter gestuft wird, betrifft: Diese besteht meines Erachtens nicht. Im Gegenteil: Das Vergabegesetz mit der Verpflichtung zur Tariftreue stärkt das Tarifvertragssystem und die Einführung eines Mindestlohns verhindert, dass Tariflöhne durch Dumpinglöhne nach unten gedrückt werden. Vielmehr wird es den positiven Effekt geben, dass alle vorhandenen Tarifverträge, die bisher eine Entlohnung von unter 7,50 € vorsehen, "nach oben ziehen". Es wird also in jedem Falle Verbesserungen und nicht – wie Sie befürchten - Verschlechterungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben.
Es ist nicht hinzunehmen und geradezu eine Verletzung der im Grundgesetz geschützten Menschenwürde, wenn ein Mensch trotz einer Vollzeitarbeitsstelle darauf angewiesen ist, zusätzlich staatliche Unterstützung zu bekommen, um ein Mindestmaß an selbständigem Leben führen zu können. Die geplanten 7,50 € garantieren bei einer Vollzeitstelle, dass zusätzliche staatliche Unterstützung für allein stehende Beschäftigte nicht nötig ist.
Im Übrigen wird die staatliche Unterstützung von Menschen, die von ihrem Arbeitslohn nicht leben können, auch aus Steuergeldern - also mit Geld von uns Bürgerinnen und Bürgern - gezahlt und wirkt sich als Subvention der Unternehmen aus, die sich weigern, ihren Beschäftigten einen menschenwürdigen Lohn zu zahlen.
Die Zahlung eines Mindestlohns wird also nicht nur den Beschäftigten helfen sondern sie reduziert auch die aus Steuergeldern zu zahlenden Unterstützungsmaßnahmen an Bedürftige, so dass mögliche Preisanstiege bei der öffentlichen Beschaffung zumindest teilweise durch die Einsparungen im Bereich der Sozialhilfe aufgefangen werden.
Harald Wolf
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