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Beantwortet
Autor Alexander Wieker am 30. Januar 2008
13810 Leser · 0 Kommentare

Sonstiges

Wasser

Sehr geehrter Herr Wolf,

was können Sie tun, um die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe vorzeitig zu beenden?

Wasser ist ein Allgemeingut und das muss es weiterhin bleiben. In Anbetracht der Verteuerung dieses essentiellen Grundstoffs um immerhin 26% seit 2003 (laut Tagesspiegel 22.1.2008) und der Ankündigung, dass mit weiteren Erhöhungen zu rechnen ist befürchte ich eine nicht zumutbare Entwicklung der Verfügbarkeit lebensnotwendiger Grundstoffe.

Problematisch ist zudem, dass die Verträge zwischen Berlin und den privaten Miteigentümern RWE und Veolia der Öffentlichkeit - die in särkstem Maße von den Regelungen betroffen ist - nicht zugänglich sind.

Mit Nachdruck möchte ich Frage wiederholen und konkretisieren:

Was werden Sie tun um diese prekäre Situation so schnell wie möglich zu beenden?

Gruß

Wieker

Antwort
von Harald Wolf am 26. Februar 2008
Harald Wolf

Sehr geehrter Herr Wieker,

Sie sprechen mir aus dem Herzen: Ja, Wasser ist Allgemeingut. Deshalb haben wir, die Berliner LINKE, und die SPD in unserer Koalitionsvereinbarung zu Beginn der Legislaturperiode 2006 festgeschrieben: „Die Koalition setzt sich für die Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) ein.“ Das war für mich und meine Partei eine wichtige Forderung, nachdem die Klage, die ich – vor zehn Jahren als Vorsitzender der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus - beim Berliner Verfassungsgericht eingereicht hatte, keinen Erfolg zeitigte. Was sich verändert hat: Alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien sehen die Teilprivatisierung inzwischen kritisch. Das sehe ich als Erfolg meines langjährigen Wirkens in dieser Frage. Denn: Ein staatliches Monopol in ein privates Monopol umzuwandeln, ist das Schlimmste, was man machen kann. Das einzig Gute an der heutigen Situation der Berliner Wasserbetriebe ist, dass sie mittlerweile bundesweit und sogar international als warnendes Beispiel für andere Kommunen für die Privatisierung eines Monopols stehen.

Welche Möglichkeiten gibt es nun, die Teilprivatisierung der BWB „rückgängig“ zu machen? Generell gilt: Der mit den privaten Anteilseignern bestehende Vertrag bietet keinen großen Spielraum. In Betracht kommt zum einen eine ordentliche Kündigung des Vertrages. Diese ist nicht vor Ende 2023 möglich. Eine tatsächliche Beendigung des Vertragsverhältnisses und damit der Teilprivatisierung träte dann erst aufgrund des langen Kündigungszeitraums zum 31.12.2028 ein. Zum anderen ist eine Vertragsbeendigung immer auch aufgrund außerordentlicher Kündigungsgründe möglich. Diese liegen aber nicht vor. Eine dritte Variante ist der Kauf der Anteile der privaten Anteilseigner. Dies setzt jedoch die Bereitschaft der privaten Anteilseigner zum Verkauf voraus und diese liegt nicht vor. Wir setzen aber alles daran, die Situation für die Berlinerinnen und Berliner zu verbessern und haben mit dem neuen BWB-Tarif-Modell einen wichtigen Schritt getan. Sie wissen: Der Wassertarif basiert seit 1.Juli 2007 auf einer Kombination aus Grund- und Mengenpreis – ein Modell, das ich seit langem gefordert hatte und was 95% der Wasserversorger Deutschlands so praktizieren. Alle, die einen Wasseranschluss haben, müssen sich über den Grundpreis – abhängig von der Größe des Wasserzählers – an den sogenannten „Vorhaltekosten“ (v.a. Infrastruktur) beteiligen. Dieser Grundpreis ist für den Einzelnen umso geringer, je mehr Menschen in einem Haushalt bzw. je mehr Miet-Parteien in einem Haus leben. Somit profitiert die Mehrheit der Berlinerinnen und Berlin davon. Zumal der Mengenpreis – gegenüber dem bis vergangenen Sommer bestehenden Tarif – um sieben Cent pro Kubikmeter beim Trink- und um sechs Cent pro Kubikmeter beim Schmutzwasser sinken und für alle Abnehmer gleich hoch ist – egal, wie viel Wasser sie verbrauchen.

Gern möchte ich mich auch noch kurz zu den beiden weiteren von Ihnen angeschnittenen Themen äußern:

Die in der Presse kursierende Tarifsteigerung um 26% seit 2003 ist verkürzt dargestellt. Das Gesetz zur Teilprivatisierung der BWB vom 17.05.1999 sah vor, dass die Tarife bis einschließlich zum 31.12.2003 nicht steigen durften, die sog. Tarifdeckelung. Mithin ist die Tarifsteigerung von 26% in dem Zeitraum zwischen 1999 bis heute eingetreten, was ohne Zweifel immer noch eine erhebliche Tarifsteigerung darstellt. In meiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der BWB ist es mir gemeinsam mit den BWB aber in den beiden vergangenen Jahren gelungen, die Tarifsteigerung unterhalb der Inflationsrate zu halten.

Ihr Anliegen – Veröffentlichung der Verträge – deckt sich mit meinem Anliegen. Aber auch hier bin ich zunächst an die vertraglichen Regelungen gebunden. Diese sehen vor, dass die Vertragsparteien über den Vertrag absolutes Stillschweigen bewahren. In Gesprächen mit den privaten Anteilseignern versuche ich aber seit einiger Zeit, das Einverständnis zu einer Veröffentlichung einzuholen, damit wir dem - mir sehr am Herzen liegenden Anspruch nach Transparenz - nachgekommen können.

Harald Wolf