Sehr geehrter Herr Dreyer,
obwohl die Wirtschaft Deutschlands in den vergangenen Jahren boomte wie lange nicht, sprang dabei für die Verbraucherinnen und Verbraucher wenig heraus. Anstatt verdiente Zuwächse bei den Reallöhnen in der Geldbörse zu haben, mussten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sogar Verluste verkraften. Alleinige Profiteure des Aufschwungs waren die Unternehmen. Mit Verteilungsgerechtigkeit hat das aus meiner Sicht nichts zu tun! Und als sei dies noch nicht genug, steigen nun auch noch die Nahrungsmittelpreise von Monat zu Monat an. Gesamtwirkung: Weniger im Geldbeutel und noch weniger im Einkaufswagen.
Was kann Politik dagegen tun? Kurzfristig in Bezug auf Preissteigerungen eher wenig, denn diese sind vor allem durch die gesteigerte Nachfrage auf den Weltmärkten bedingt.
Anders sieht dies aber bei der zunehmenden Verteilungsungerechtigkeit aus: Da denke ich zuallererst an eine höhere Erbschaft- und Vermögensteuer. Es wäre aber auch schon viel erreicht, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunächst einmal das an Lohn bekämen, was Ihnen zusteht. Die Tariflohnsteigerungen der vergangenen Jahre haben bei weitem nicht die bestehenden Verteilungsspielräume ausgenutzt. Die gesamtwirtschaftliche Quittung dafür bekommen wir nun postwendend: Die Binnenkonjunktur schwächelt, der zunächst robust scheinende Aufschwung wird ausgebremst. Das ist mehr als ärgerlich, denn das bedeutet auf mittlere Sicht, dass auch die Steuereinnahmen sinken werden und sich die Handlungsspielräume des Staates insbesondere bei der Unterstützung von Familien weiter reduzieren. Hier fordere ich die Arbeitgeberseite auf, gesamtwirtschaftlicher zu denken als sie dies bisher getan hat.
Darüber hinaus setze ich mich auch weiterhin für einen flächendeckenden, Branchen übergreifenden Mindestlohn ein, der Menschen, die Vollzeit arbeiten, ein auskömmliches Einkommen garantiert, so dass sie nicht auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Wolf
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