Sehr geehrter Herr Schleyer,
mit der Räumung verliert Friedrichshain ein alternatives Projekt, dessen bisherige Existenz auch für das tolerante Miteinander unterschiedlicher Lebensentwürfe im Kiez, wie auch in Berlin insgesamt, stand.
Mit Enttäuschung und Trauer haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass der von uns seit einem Jahr begleitete und bis zur letzten Minute andauernde Versuch einer politischen Vermittlung an der totalen Verhandlungsblockade des Eigentümers gescheitert ist. Er trägt die Schuld daran, dass heute eines der ältesten und wichtigsten Wohnprojekte Berlins verschwindet. Es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, warum der Eigentümer nicht auf das Angebot des Landes Berlin eingegangen ist, Ausweichobjekte zu suchen.
Unverständlich war das Verhalten des Gerichtsvollziehers, der sich offenbar weigerte, den Beschluss des Landgerichtes überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und jegliches Gespräch abgelehnt hat.
Politisches Handeln hat seine Grenzen genau dort, wo Kapitalverwertungsinteressen durch die geltende Rechts- und Eigentumsordnung geschützt sind und die Eigentümer sich ohne Rücksicht auf die bisherigen Bewohnerinnen oder die Folgen für die gesamte Quartierentwicklung dieser bedienen.
Es gibt keine geeignete Strategie, die auf alle Einzelfälle anwendbar wäre, außer der, alles selber zu kaufen. Dass dies bei der Berliner Haushaltssituation unrealistisch ist, dürfte nachvollziehbar sein. Die Fülle der Hilferufe, wie beim Mauerpark, beim Tacheles und vielen kleineren Streitobjekten über diesen Weg Lösungen herbeizuführen, ist groß.
Dem Senat bleiben hier wenig Instrumente. Was wir tun konnten, wurde getan. Alternativ-kulturelle Freiräume bei Interessenkonflikten zu erhalten wird immer nur dann möglich sein, wenn alle Beteiligten kompromissbereit sind.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Wolf
Bürgermeister und Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen
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