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Beantwortet
Autor Dorit Köster am 29. März 2008
13225 Leser · 0 Kommentare

Frauen

Beispiel Norwegen

Lieber Herr Wolf,

Norwegen gilt ja allgemein als Vorreiter in Sachen Gleichstellung der Geschlechter. Das mag zum einen an der langen Tradition der Gleichberechtigungsbestrebungen liegen, die sich z.B. in der vergleichsweise frühen Einführung des passiven und aktiven Wahlrechts für Frauen zeigt. Zum anderen bemüht sich Norwegen jedoch ständig und konsequent um das Ziel der Gleichberechtigung.

Für zunkunftsweisend halte ich aktuell z.B. die gesetzliche Verordnung der zufolge norwegische Aktiengesellschaften ihre Aufsichtsräte zu 40% mit Frauen besetzen müssen. Erfolgversprechend ist diese Verpflichtung deshalb, weil sie mit konkreten Sanktionen verknüpft ist. Bei Nichterfüllung der Pflicht droht den rund 514 Aktiengesellschaften die Auflösung.

Wäre eine ähnliche Verordnung auch für Deutschland bzw. Berlin denkbar?

Ich bedanke mich für Ihre Antwort und verbleibe mit besten Grüßen.

Ihre Dorit Köster

Antwort
von Harald Wolf am 05. Mai 2008
Harald Wolf

Sehr geehrte Frau Köster,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage und vorab: Die Quotierung im norwegischen Aktiengesetz begrüße ich aus gleichstellungspolitischer Sicht sehr.

Die Einführung einer rechtlichen Quotierungsverpflichtung hierzulande unterstütze ich uneingeschränkt - die aktuellen politischen Mehrheitsverhältnisse auf Bundesebene stehen einer derartigen Regelung jedoch entgegen. Das im September 2000 unter „Rot-Grün“ von Frauenministerin Dr. Christine Bergmann vorgelegte Gleichstellungsgesetz scheiterte nicht zuletzt am massiven Widerstand der Wirtschaftsverbände. Die Bundesregierung schloss 2001 mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft stattdessen eine freiwillige „Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft“ ab, die aber in der Mehrheit der Unternehmen nicht zu wesentlichen Veränderungen geführt hat.

Dass Frauenförderung auf rein freiwilliger Basis nicht die erhofften Erfolge zeigt, belegen die nach wie vor ernüchternden Zahlen: Frauen verdienen rund 22% weniger als Männer. In deutschen Großunternehmen sind nur ca. 4% der Führungskräfte weiblich. Der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten liegt bei ca. 7,5%, wobei dieser Anteil im Wesentlichen auf der Entsendung durch die Arbeitnehmerseite basiert. Hier besteht in der Tat akuter Handlungsbedarf: Wir brauchen die Einführung einer rechtlichen Verpflichtung zur Quotenreglung, durchaus mit der Festscheibung von Sanktionen bei Verstößen. Nur gibt es, wie schon erwähnt, zurzeit keine politischen Mehrheiten für solche Entscheidungen.

Das hält uns allerdings nicht davon ab, in Berlin alles zu tun, was auf Landesebene rechtlich möglich ist. So stellen wir mit Hilfe des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) sicher, dass die Grundsätze des LGG auch von den juristischen Personen des privaten Rechts beachtet werden, an denen das Land die Mehrheitsbeteiligungen unmittelbar oder mittelbar hält oder erwirbt. Hierzu zählt nach § 15 Abs. 3 LGG auch die paritätische Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern in die Aufsichtsräte dieser Unternehmen.

Die Frauenanteile in den Aufsichtsräten der Berliner Anstalten öffentlichen Rechts wie auch in den Beteiligungsunternehmen des Landes Berlins sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Von den Aufsichtsratspositionen in den Anstalten öffentlichen Rechts, die dem Senat zustehen, sind rund 42 % mit Frauen besetzt. In den Beteiligungsunternehmen des Landes Berlins sind es 33 % Frauen.

Schon heute hat Berlin in der Gleichstellungspolitik in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle. Die Stadt liegt hinsichtlich des Professorinnen-Anteils an Hochschulen im bundesweiten Vergleich auf Platz 1, hier sind mehr Frauen als im Bundesdurchschnitt in Vollzeit erwerbstätig. Mit dem im April vorgelegten „Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm 2008-2011“ entwickelt der Senat die Gleichstellungspolitik für Berlin inhaltlich und strategisch weiter.

Harald Wolf