Sehr geehrter Herr Schmiedenkopf,
mir geht es da wie Ihnen. Auf der einen Seite freue ich mich natürlich über die positiven Meldungen zu steigenden Beschäftigtenzahlen und wachsendem Bruttoinlandsprodukt in Berlin. Auf der anderen Seite beobachte ich jedoch mit Sorge die Entwicklungen auf den Zeitarbeitsmärkten. Die hohen Zuwachsraten lassen vermuten, dass es sich hier um einen gravierenden Umwandlungsprozess in der Qualität von Beschäftigungsverhältnissen handelt.
Das führt – wie Sie zu Recht feststellen – natürlich zu großer Unsicherheit und Unzufriedenheit bei den Betroffenen. Sehr deutlich kommt dies im DGB-Index „Gute Arbeit 2007“ zum Ausdruck: Danach bewerten Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter ihre Arbeits- und Einkommensbedingungen weitaus schlechter als unbefristet Beschäftigte. Lediglich 2 Prozent der in Zeitarbeit Beschäftigten beurteilen ihre Arbeitssituation als gut; unter den unbefristet Beschäftigten dagegen beträgt der Anteil 13 Prozent. Schlechte Bedingungen hingegen haben 56 Prozent der Zeitarbeiter – bei den unbefristet Beschäftigten liegt der Anteil bei 34 Prozent.
Ein zentrales Problem, das wir in diesem Zusammenhang angehen werden, ist die unterschiedliche Bezahlung von regulär Beschäftigten und Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern. Der Grund dafür liegt in der Tariföffnungsklausel im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Denn ein Tarifvertrag für Leiharbeitskräfte kann eine vom Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ abweichende Regelung zulassen. Diese Regelung lädt geradezu zum Missbrauch in Form von Lohndumping ein - verbunden mit erheblichen Einkommenseinbußen bei den Beschäftigten.
Das ist mehr als problematisch und so keinesfalls hinnehmbar. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss überall uneingeschränkt gelten. Mit dieser Forderung stehe ich im Übrigen nicht allein da – auch die Europäische Union beklagt die Negativentwicklungen im Umfeld der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte im Zeitarbeitssektor. Die Aufforderung, die Bundesregierung möge diesen Missstand beseitigen, wurde bisher jedoch ignoriert.
Die Situation, dass Unternehmen die Zeitarbeit ausschließlich zur Kostendämpfung nutzen und dabei fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen, um sie anschließend dauerhaft durch billigere Zeitarbeitskräfte zu ersetzen, ist nicht länger hinnehmbar. Die Bundesergierung darf diese Besorgnis erregende Entwicklung nicht weiter ausufern lassen. Was wir brauchen sind gesetzliche Korrekturen beim Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, damit ein Lohndumping in der Zeitarbeitsbranche nicht mehr möglich ist. Hierfür werde ich mich auch künftig mit Nachdruck einsetzen.
Harald Wolf
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