Sehr geehrter Herr Dietrich,
vielen Dank für Ihre Frage, aus der Sorgen über die Stabilität unserer jungen Demokratie im Land Brandenburg sprechen. Ich begrüße es sehr, wenn Menschen sich um unser demokratisches Gemeinwesen Gedanken machen. In diesem Fall bin ich jedoch der festen Überzeugung, dass Ihre Befürchtungen unbegründet sind. Zudem gebietet es mir die Achtung vor der kommunalen Selbstverwaltung, mich zur Kandidatenaufstellung von Parteien in Städten und Gemeinden nicht zu äußern.
Einige grundsätzliche Gedanken seien mir jedoch gestattet. 20 Jahre sind seit dem Ende der DDR ins Land gegangen, die Sie in Ihrem Beitrag missverständlich als „altes Reich“ umschrieben haben. Nach allen Umfragen gibt es in Brandenburg und in ganz Ostdeutschland – bei aller Kritik auch an einigen Entwicklungen im heutigen Deutschland – nur eine verschwindende Minderheit, die der DDR so wie sie war nachtrauert. Vielmehr nimmt die Zufriedenheit mit dem Leben in Brandenburg zu.
Aber, sehr geehrter Herr Dietrich, Sie haben natürlich recht, auf unterschiedlichen Ebenen werden in Brandenburg bis heute auch Menschen in Parlamente und Kommunalvertretungen gewählt, die in der DDR mit der Staatssicherheit gemeinsame Sache machten. Wenn die Wählerinnen und Wähler im Wissen um die Vergangenheit der Kandidatin oder des Kandidaten und des Umgangs mit eigenen Fehlern ein Mandat erteilen, so ist das aus meiner Sicht zu respektieren, egal was ich persönlich davon halte. Entscheidend für mich aber ist, ob diese Kandidaten sich offen mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und auf ihre möglichen Opfer zugegangen sind. Und es ist für mich bei allen Abwägungen wichtig zu wissen, wie sie sich in das neue Brandenburg eingebracht haben.
Diese Offenheit hilft. Sie hilft dabei, Verklärungen der DDR ebenso vorzubeugen wie einseitigen Verteufelungen von allem, was im alltäglichen Leben vor 1989 im Osten Deutschlands geschehen ist. Wir brauchen einen ungetrübten Blick auf unsere Geschichte. Dazu benötigen wir den Rat und die Sichten der Menschen, die Opfer waren. Brandenburg verfügt mit Ulrike Poppe jetzt über eine Ansprechpartnerin und eine Institution für all diese Menschen und das finde ich sehr gut. Wir brauchen aber auch das Erinnerungsvermögen vieler „Normalbürger“, die sich mit ihren Kindern über die Vergangenheit auseinandersetzen. Insofern waren die beiden vergangenen Jubiläumsjahre – unserer friedlichen Revolution und zur Deutschen Einheit – gewinnbringend. Ermöglichten Sie doch viele öffentliche Diskussionen, brachten Menschen zusammen und zum Nachdenken. Das hat stattgefunden und findet statt in Veranstaltungen, in Funk und Fernsehen und natürlich auch in Zeitungen. Die Zeiten des „alten Reichs“ sind dabei glücklicherweise vorbei, da Regierende Interviews auf Zeitungsseiten organisieren konnten. Wir haben Pressefreiheit.
Bleiben Sie ein so aufmerksamer Zeitgenosse!
Mit freundlichem Gruß
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