Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Werner Dietrich am 22. September 2010
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Landesregierung

OB-Kanidat Potsdam mit Stasi-Vergangenheit

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

im ZDF habe ich von einem OB-Kandidaten mit Stasi-Vergangenheit gehört. Das verstärkt meine Angst vor der Wiederholung des alten Reiches. Deshalb meine Frage:

Könnten Sie erreichen, dass Interviews mit seinen Opfern veröffentlicht werden?

Nichtbetroffene können sich sonst wohl kaum vorstellen, was damals geschehen ist und fallen womöglich auf seine Propagande herein.

Ich wünsche, dass die Sonne weiter so schön wie nie über Deutschland scheint - ohne Schatten der Vergangenheit.

Ich bete für Sie
Freundliche Grüße
Werner Dietrich

+53

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Antwort
von Matthias Platzeck am 14. Dezember 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Dietrich,

vielen Dank für Ihre Frage, aus der Sorgen über die Stabilität unserer jungen Demokratie im Land Brandenburg sprechen. Ich begrüße es sehr, wenn Menschen sich um unser demokratisches Gemeinwesen Gedanken machen. In diesem Fall bin ich jedoch der festen Überzeugung, dass Ihre Befürchtungen unbegründet sind. Zudem gebietet es mir die Achtung vor der kommunalen Selbstverwaltung, mich zur Kandidatenaufstellung von Parteien in Städten und Gemeinden nicht zu äußern.

Einige grundsätzliche Gedanken seien mir jedoch gestattet. 20 Jahre sind seit dem Ende der DDR ins Land gegangen, die Sie in Ihrem Beitrag missverständlich als „altes Reich“ umschrieben haben. Nach allen Umfragen gibt es in Brandenburg und in ganz Ostdeutschland – bei aller Kritik auch an einigen Entwicklungen im heutigen Deutschland – nur eine verschwindende Minderheit, die der DDR so wie sie war nachtrauert. Vielmehr nimmt die Zufriedenheit mit dem Leben in Brandenburg zu.

Aber, sehr geehrter Herr Dietrich, Sie haben natürlich recht, auf unterschiedlichen Ebenen werden in Brandenburg bis heute auch Menschen in Parlamente und Kommunalvertretungen gewählt, die in der DDR mit der Staatssicherheit gemeinsame Sache machten. Wenn die Wählerinnen und Wähler im Wissen um die Vergangenheit der Kandidatin oder des Kandidaten und des Umgangs mit eigenen Fehlern ein Mandat erteilen, so ist das aus meiner Sicht zu respektieren, egal was ich persönlich davon halte. Entscheidend für mich aber ist, ob diese Kandidaten sich offen mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und auf ihre möglichen Opfer zugegangen sind. Und es ist für mich bei allen Abwägungen wichtig zu wissen, wie sie sich in das neue Brandenburg eingebracht haben.

Diese Offenheit hilft. Sie hilft dabei, Verklärungen der DDR ebenso vorzubeugen wie einseitigen Verteufelungen von allem, was im alltäglichen Leben vor 1989 im Osten Deutschlands geschehen ist. Wir brauchen einen ungetrübten Blick auf unsere Geschichte. Dazu benötigen wir den Rat und die Sichten der Menschen, die Opfer waren. Brandenburg verfügt mit Ulrike Poppe jetzt über eine Ansprechpartnerin und eine Institution für all diese Menschen und das finde ich sehr gut. Wir brauchen aber auch das Erinnerungsvermögen vieler „Normalbürger“, die sich mit ihren Kindern über die Vergangenheit auseinandersetzen. Insofern waren die beiden vergangenen Jubiläumsjahre – unserer friedlichen Revolution und zur Deutschen Einheit – gewinnbringend. Ermöglichten Sie doch viele öffentliche Diskussionen, brachten Menschen zusammen und zum Nachdenken. Das hat stattgefunden und findet statt in Veranstaltungen, in Funk und Fernsehen und natürlich auch in Zeitungen. Die Zeiten des „alten Reichs“ sind dabei glücklicherweise vorbei, da Regierende Interviews auf Zeitungsseiten organisieren konnten. Wir haben Pressefreiheit.

Bleiben Sie ein so aufmerksamer Zeitgenosse!

Mit freundlichem Gruß