Sehr geehrter Herr Himpel,
ich bin dankbar für Ihre Frage, sprechen Sie doch ein wichtiges Problem an, das viele Menschen und auch mich sehr beschäftigt. Es geht um soziale Gerechtigkeit in unserem Land.
Leider haben Sie recht: Es wird künftig gerade bei uns im Osten mehr Menschen mit geringen Renten geben. Denn Minilöhne und lange Arbeitslosigkeit hinterlassen ihre Spuren und befördern die Gefahr von Armut im Alter. Es ist zudem unerträglich, dass fast 20.000 Vollzeitbeschäftigte allein in Brandenburg eine Lohnsumme erhalten, die durch Steuergelder aufgestockt werden muss, damit diese Menschen von ihrer eigenen Hände Arbeit überhaupt leben können. Ich bin mit Ihnen einer Meinung: Deutschland braucht endlich einen gesetzlichen Mindestlohn – in allen Branchen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für sozialen Frieden. Aber die Koalition aus Union und FDP in Berlin verweigert sich nach wie vor diesem Ziel.
Brandenburg legt deshalb die Hände nicht in den Schoß und tut, was in seiner Macht steht: In einem Entwurf für ein Landes-Vergabegesetz ist geregelt, dass öffentliche Aufträge in Zukunft nur noch an solche Unternehmen vergeben werden, die sich verpflichten, ihren bei der Auftragserfüllung Beschäftigten einen Lohn von mindestens 7,50 Euro brutto pro Stunde zu zahlen. Weitergehende Regelungen können nur bundesgesetzlich erfolgen.
Sie sprechen aber auf der anderen Seite auch extrem hohe Gehälter an und fühlen sich dabei in Ihrem Gerechtigkeitsempfinden getroffen. In manchen Fällen – ich denke da an die Finanzbranche - kann man wohl auch von 'Gehaltsexzessen' sprechen. Es drängt sich die Frage auf, worin die Rechtfertigung liegt, dass jemand hundertfach mehr verdient als etwa ein Facharbeiter. In einem freiheitlichen Land lassen sich allerdings keine gesetzlichen Schranken nach oben einziehen. Nur bei Banken, die mit Staatshilfen gerettet wurden, hat der Gesetzgeber vorübergehend Gehaltsobergrenzen festgelegt.
Was also kann man tun? Über die Einkommenssteuer, hier die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, und die Wiedereinführung der privaten Vermögenssteuer ließe sich ein Ausgleich schaffen. Reiche und Gutverdiener würden stärker an den Lasten für die Allgemeinheit beteiligt. Auch das scheitert derzeit an der Koalition auf Bundesebene. Gut fände ich, wenn die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Spitzensteuersätze, wie es die SPD vorschlägt, ausschließlich für Zukunftsinvestitionen, vor allem bei der Bildung, genutzt würden.
Ich möchte abschließend, sehr geehrter Herr Himpel, trotz aller Übereinstimmung in sozialpolitischen Fragen mit Ihnen noch eine Anmerkung zu Ihren Einschätzungen zu Tierseuchen und Lebensmittelskandalen machen. Die Menschen können zu Recht erwarten, dass der Staat sie schützt und rasch und konsequent handelt, wenn Gefahr droht. Damit wird nicht von sozialpolitischen Fragen abgelenkt, auch wenn es möglicherweise dem einen oder anderen Politiker gelegen kommen mag. Stellen Sie sich vor, "die Politik" hätte zu dem Skandal um Dioxin Ende 2010 nicht reagiert, als bekannt wurde, dass mindestens 3.000 Tonnen dioxinbelastetes Futterfett hergestellt und zur Weiterverarbeitung an Futtermittelhersteller in ganz Deutschland vertrieben wurden. Das wäre ein noch größerer Skandal gewesen.
Mit freundlichen Grüßen
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am 26. März 2011
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