Sehr geehrte Frau Ministerin Ilse Aigner,
unsere Milchviehbetriebe befinden sich in schwerem Fahrwasser und können aufgrund der Schlechtwetterlage kaum Kurs halten. Sie, die Milchbauern, steuern zum Teil ihren Betrieb blind durch die raue See, da ihnen (oft) die betriebswirtschaftliche Sicht fehlt, um in internationalen Gewässern den richtigen Kurs zu bestimmen bzw. zu halten. Nur wenn unsere Milchviehbetriebe über objektive Entscheidungskriterien verfügen, die nicht interessengesteuert sind, können sie ihre Lage richtig einschätzen und dementsprechend handeln und verbandspoltisch aktiv werden. Neben einer fundierten betriebswirtschaftlichen Ausbildung ist es besonders wichtig, dass sich der“ Milchbauer“ auch mit seinen Kollegen weltweit (international) vergleichen kann. Es geht also um einen Vergleich, der betriebswirtschaftlichen Anforderungen genügt, einheitliche Standards verwendet und damit erst internationale Standortbestimmungen der Milchviehbetriebe objektiv zulässt. Zum Glück gibt es eine solche Vereinigung schon. Ihr Name: IFCN - Es ist der Zusammenschluss internationaler Berater, Landwirte und Wissenschaftler, die jährlich einen Bericht (Dairy-Report) herausgeben, der die Lage der Milchviehbetriebe weltweit analysiert.
Auf die Ergebnisse der jährlichen Berichte wird oft hingewiesen bzw. abgehoben, wenn es um die Einschätzung der europäischen und internationalen Milchwirtschaft geht. Auch ich nutze die vom IFCN herausgegebenen Dairy-Reporte, um in meinen Kommentaren und Vorträgen europäische wie internationale Zusammenhänge in Sachen Milchmarkt zu erläutern. Leider habe ich- und das gilt für alle interessierten Milchviehhalter gleichermaßen - nicht die Möglichkeit unentgeltlich auf die aktuellen Daten der Dairy-Reporte zurückzugreifen. Daraufhin schrieb ich an Herrn Dr. Torsten Hemme in Kiel ( Chairman oft the IFCN Dairy Network), unter welchen Voraussetzungen die Ergebnisse der Jahresberichte für Jedermann unentgeltlich veröffentlicht werden können. Worauf ich die Antwort erhielt, dass sich in der deutschen Milchwirtschaft - von den Verbänden + Ministerien - bisher leider niemand dazu bereiterklärt hat, das IFCN finanziell zu unterstützen. Aus diesem Grunde sei man dazu gezwungen den Report nur zu den vollen Produktionskosten abzugeben. Demnach liegt der Preis für den IFCN Report 2009 derzeit bei 950 Euro, der Dairy Report 2010 der in kürze erscheint kostet 2500 Euro.
Man hätte es gern gesehen, die aktuellen Ergebnisse ähnlich wie die des Dairy Report 2007 der Milchwirtschaft öffentlich zugänglich zu machen - dann würde man aber all seine Ressourcen verlieren und müsste die Arbeit des IFCN einstellen.
Erstaunt bin ich über die Aussage von Dr. Hemme, dass weder die Milchwirtschaft noch die Ministerien die Arbeit des IFCN unterstützen. Das gilt auch für Ihr Ministerium!
Warum ist das so, werte Frau Ministerin? Benötigen wir in Zeiten des Umbruchs nicht verlässliches Zahlenmaterial, um unternehmerische Entscheidungen zu treffen? Gerade von den Landwirten fordern Sie unternehmerisches Handeln. Unternehmerisch handeln kann nur der, der auch freien Zugang zu den entsprechenden Informationen hat. Und dieser freie Zugang, so drängt es sich mir auf, ist für die Landwirte nicht gegeben!
Meine Frage: Warum erhält der IFCN für die Herausgabe des Dairy-Reports keine Unterstützung?
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Dieter Specht
Landwirtschaftlicher Sachverständiger für das Gesamtgebiet der Landwirtschaft
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