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Beantwortet
Autor Andy Ganjageorge am 12. November 2010
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Tierschutz

Das Bienensterben

Liebe Frau Aigner

Ich hätte da mal eine Frage.

Es steht schlecht um die Honigbienen. Und das nicht nur in Deutschland. In ganz Europa, in China und in den USA wird seit der Jahrtausendwende immer wieder von einem Massensterben der Tiere berichtet. Klar ist eigentlich nur, dass es nicht nur eine Ursache für das Bienensterben gibt.

Während vergangenes Jahr v.a. Imker aus den USA über den Verlust von bis zu 80% ihrer Bienenvölker berichtet haben, befindet sich das Zentrum des aktuellen Bienen - massensterbens direkt vor unserer Haustür. Im Rheintal und vereinzelt auch in bayerischen Gegenden (etwa rund um Passau) sind in den letzten Wochen massenhaft tote Bienen vorgefunden worden.

Anders als in den USA, wo die Bienen 2007 einfach spurlos verschwanden und man dieses Phänomen auf den Namen “Colony Collapse Disorder (CCD)” taufte1, sind dieses Mal die “Opfer” immerhin verfügbar und können analysiert werden.

Bei den Proben verendeter Bienen wurden Rückstände des Insektengifts Clothianidin gefunden. Clothianidin ist ein systemisch wirkendes Insektizid, das u.a. auch zur Behandlung von Saatgut eingesetzt wird. Und nachdem 2007 in Teilen Baden-Württembergs und Bayerns erstmals das Auftreten des Maiswurzelbohrers festgestellt wurde, wurde dieses Jahr “gebeiztes” Mais-Saatgut ausgebracht. Nun muss man möglicherweise nur noch 1+1 zusammenzählen, wenn man weiß, dass das Bienensterben kurz nach Ausbringen der Maissaat begann, oder?

Sowohl Clothianidin (Handelsname “Poncho Pro”), als auch Imidacloprid (erhältlich als “Goncho”) werden von Bayer CropScience hergestellt und vertrieben. Imidacloprid zählte 2004 mit einem Umsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro jährlich (!) zu den wichtigsten Bayer-Produkten, seit 2004 ist das Nachfolgeprodukt mit dem Wirkstoff Clothianidin am Markt positioniert.

So wie es also aussieht ist ein Hauptgrund des Bienensterbens auf bestimmte Pestizide und Neonicotinoide zurück zu führen. Die anderen Gründe sind: zu wenig Nahrung wegen übermässigen Rasenmähens, Stress durch Bienentourismus, mangelnde Nistmöglichkeiten durch Verstädterung, Gentechnik und die dazugehörigen Supergifte wie Round Up Ready, die Varoa Milbe und andere zum Teil auch noch unbekannte Ursachen.

Auch Greenpeace hat Anfang Februar Clothianidin auf ihre “Schwarze Liste der Pestizide gesetzt. http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen...

Was gedenken Sie Frau Aigner gegen diese üblen Insektenvernichter zu unternehmen? Neonicotinoide und alle anderen Gifte auf der Greenpeaceliste gehören sofort verboten oder wir müssen unsere Blüten bald von Hand bestäuben, was aber selbst im bevölkerungsreichsten Billiglohnland wie China nicht möglich ist. http://videos.arte.tv/de/videos/bienensterben_in_china-32...

Zudem gefährden diese unglaublichen Mengen an äußerst giftigen Spritzmitteln auch die Gesundheit von uns Verbrauchern. Es gehört also schnellstens etwas dagegen getan und zwar ohne die Lobbyarbeit der herstellenden Giftmischer auch nur im Ansatz ernst zu nehmen.

Vielen Dank im Voraus für ihre Zeit

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Antwort
von Ilse Aigner am 15. Februar 2011
Ilse Aigner

Sehr geehrter Herr Ganjageorge,

Ihre Besorgnis um die Honigbiene kann ich nachvollziehen, ich bin mir der herausragenden Bedeutung der Honigbiene als Bestäuberinsekt und Indikator für unsere Ökosysteme und unsere Lebensmittelerzeugung bewusst. Für mich ist klar, dass Pflanzenschutzmittel nur dann zugelassen werden können, wenn ihre Wirkung auf Bienen umfassend untersucht ist.

Deshalb ist vor jeder Zulassung eines Pflanzenschutzmittels eine umfassende Prüfung möglicher Bienengefährdungen vorgeschrieben. In der Tat sind die von Ihnen genannten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotinoide für Bienen sehr giftig.

Bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels müssen aber nicht nur die Stoffeigenschaften des Pflanzenschutzmittels selbst, sondern auch die Auswirkungen auf Bienen bei der bestimmungsgemäßen und sachgerechten Anwendung des Pflanzenschutzmittels überprüft werden. Sie hängen von vielen verschiedenen Faktoren ab: wie viel Pflanzenschutzmittel wird verwendet, wann wird das Mittel angewendet und an welchen Pflanzen, in welcher Form wird das Mittel eingesetzt, usw..

Einen "angeblich bienengefährlichen" Pflanzenschutzmittelwirkstoff zu verbieten, obwohl Bienen bei sachgemäßer Anwendung mit dem Pflanzenschutzmittel gar nicht in Kontakt kommen oder zumindest nicht geschädigt werden, wäre deshalb weder fachlich noch rechtlich vertretbar.

Der Grund des von Ihnen angesprochene Bienensterbens im Rheintal im Frühjahr 2008 konnte aufgeklärt werden. Ursache war der Abrieb eines Clothianidin-haltigen Pflanzenschutzmittels, das wegen einer minderwertigen Beizung unzureichend an dem Maissaatgut haftete. Das für Pflanzenschutzmittelzulassungen zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ordnete unmittelbar das Ruhen der Zulassung aller Neonicotinoid-haltigen Maisbeizmittel an. Die Einfuhr, das Inverkehrbringen und die Aussaat entsprechenden Maissaatgutes wurden durch eine Verordnung verboten. Das Ruhen der Zulassungen von Neonicotinoid-haltigen Saatgutbehandlungsmitteln für den Mais wird aus Vorsorgegründen bis heute aufrecht erhalten.

Für Kulturen wie Raps oder Zuckerrüben bestehen weiterhin Zulassungen Neonicotinoid-haltiger Saatgutbehandlungsmittel, da ein dem Mais vergleichbarer Staubabrieb ausgeschlossen werden kann. Bisher sind den zuständigen Behörden des Bundes und der Länder keine Bienenschäden durch die Aussaat von Raps- oder Zuckerrübensaatgut bekannt geworden. Auch das seit über fünf Jahren deutschlandweit durchgeführte Bienenmonitoring erbrachte keine Hinweise, die einen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Bienensterben und Neonicotinoid-haltigen Pflanzenschutzmitteln aufzeigen.

Trotzdem beobachte ich die periodisch auftretenden hohen Völkerverluste und Bienenschäden mit großer Sorge, denn nicht nur für die Imker, sondern auch für die Landwirtschaft, vor allem auch für den Obst- und Gartenbau, sind gesunde Bienen die Voraussetzung für ertragreiche Ernten, aber auch für Pflanzen- und Artenvielfalt in der Landschaft.

Um hier weitere Verbesserungen zu erzielen, habe ich in Zusammenarbeit mit den Imkern eine Reihe von Maßnahmen initiiert. Seit 2008 unterstützt mein Haus mit einem Fördervolumen von 6,3 Mio. Euro zahlreiche Forschungsprojekte zum Thema "Bienenhaltung und Bienengesundheit". In den zu meinem Ministerium gehörenden Forschungseinrichtungen wurden zusätzlich zahlreiche Forschungsprojekte in Angriff genommen, die z. B. das Thema Bienengesundheit und Pflanzenschutzmitteleinsatz betreffen.

Ich bin auch dem Wunsch der Imker nachgekommen, das deutsche Bienenmonitoring zu 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren, um dessen Unabhängigkeit sicher zu stellen. Hierfür stellt das BMELV jährlich 400.000 Euro zur Verfügung. Auch die Fördermaßnahmen für Blühflächen im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen tragen zum Wohlergehen unserer Bienen bei.

Ich hoffe sehr, dass dieses umfassende Maßnahmenpaket dazu beitragen wird, die Gesundheit und die Lebensbedingungen der Bienen nachhaltig zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Bundesministerin