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Beantwortet
Autor Richard Filler am 19. November 2010
14510 Leser · 97 Stimmen (-0 / +97)

Verbraucherschutz und Verbraucherrechte

EU-Verordnung Naturheilkräuter

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Aigner!

Wie ich heute höre, soll am 01.04.2011 eine EU-Verordnung umgesetzt werden, die ein
Verbot der Verordnung und des Handels mit Naturheilkräutern
vorsieht bzw. stark einschränkt.
Kaum zu glauben, was uns die EU da wieder aufdrücken will. Ich kann Ihnen versichern, dass sich dagegen ein ähnlicher Protest wie gegen die Atomindustrie entwickeln wird. Werden Sie zulassen, dass Kräuter wie
Lavendel, Salbei, Kamille, Majoran, Thymian, Baldrian, Spitzwegerich, Ringelblume, Tees aller Art, Johanniskraut, Weidenröschen, Weisdorn, Hollunder, Pfefferminze, Brennessel, um nur einige aus der nahazu unendlichen Vielzahl zu nennen, nicht mehr in den Handel dürfen und Medikamente, die diese Kräuter enthalten nicht mehr verordnet werden dürfen? Dies sind doch gängige Hausmittel, von denen viele in fast jeder Hausapotheke vorhanden und für Kinder teilweise unerläßlich sind.
Werden Sie sich gegen die Umsetzung dieser Verordnung stellen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie eine solche Verordnung akzeptieren, würde aber gern wissen, wie die Bundesregierung dazu steht.

Freundliche Grüße
Richard Filler

+97

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Antwort
von Ilse Aigner am 01. März 2011
Ilse Aigner

Sehr geehrter Herr Filler,

vielen Dank für Ihre Frage, mit der Sie auf ein Thema hinweisen, welches in den letzten Monaten zu Verunsicherungen geführt hat.

Ich denke jedoch, für Ihre Befürchtungen besteht kein Anlass und möchte Ihnen das gerne hier erläutern:

Bei der Regelung der Europäischen Union (EU), die Sie ansprechen, handelt es sich um die EU-Richtlinie 2004/24/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich traditioneller pflanzlicher Arzneimittel. Diese Richtlinie stammt aus dem Jahr 2004 und wurde bereits 2005 durch die 14. Novelle des Arzneimittelgesetzes in nationales Recht umgesetzt.

Ziel der Richtlinie ist es, den europäischen Markt der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel europaweit einheitlich zu regulieren und damit zu verbessern. In den einzelnen Mitgliedstaaten der EU wurde der Handel bis dahin unterschiedlich gehandhabt, in manchen Mitgliedstaaten war er gar nicht reguliert.

Sie gilt allerdings nur für industriell hergestellte pflanzliche Fertigarzneimittel. Der Begriff des Arzneimittels erfasst nur diejenigen Erzeugnisse, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festgestellt wurden und die tatsächlich dazu bestimmt sind, physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen. Arzneimittel unterliegen bestimmten Zulassungskriterien. So müssen diese beispielsweise vor Inverkehrbringen auf Sicherheit und Wirksamkeit untersucht werden. Dies geschieht zum Wohl und Schutz der Patientinnen und Patienten.

Für pflanzliche Arzneimittel, die mindestens dreißig Jahre in gleicher Zusammensetzung verwendet wurden und deren beanspruchte Wirksamkeit damit plausibel ist, sieht die Richtlinie ein vereinfachtes Registrierungsverfahren vor. Die Hersteller hatten bis zu einer bereits im letzten Jahr verstrichenen Übergangsfrist Zeit, die Unschädlichkeit der Anwendung des Arzneimittels nachzuweisen. Nur in den Fällen, in denen die Hersteller dieser Pflicht nicht nachgekommen sind, läuft die Zulassung des entsprechenden Arzneimittels mit Ablauf des 30. April 2011 aus.

Im Gegensatz zu industriell hergestellten pflanzlichen Arzneimitteln können Naturheilkräuter auch zu Nahrungsergänzungsmitteln oder Kosmetikartikeln verarbeitet werden. Auch in rechtlicher Hinsicht greifen in diesen Fällen die Regelungen anderer Rechtsgebiete, wie zum Beispiel das Lebensmittelrecht oder die sogenannte Kosmetik-Richtline. Diese Produkte müssen vor Inverkehrbringen nicht die gleichen Prozesse wie Arzneimittel durchlaufen.

Diese Abgrenzung bestand bereits vor der von Ihnen angesprochenen Richtlinie.

Die Neuregelung aus dem Jahr 2005 führte also nicht dazu, dass Produkte, die bisher als Lebensmittel oder Kosmetika im Verkehr waren, zukünftig als Arzneimittel eingestuft oder sogar verboten wurden.

Die Richtlinie sorgt vielmehr für einheitliche Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit und verhindert Wettbewerbsverzerrungen.

Erst wenn Naturheilkräuter industriell zu Arzneimitteln verarbeitet oder durch entsprechende Werbebotschaften als solche vermarktet werden, greift das Arzneimittelrecht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Bundesministerin