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Autor Markus Gleißner am 05. Januar 2010
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Verbraucherschutz und Verbraucherrechte

Beratungsprotokolle im Wertpapierberatungsgeschäft

Sehr geehrte Frau Aigner,

nachdem nun Ihre "Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen" seit zwei Arbeitstagen in Kraft getreten ist möchte ich Ihnen einen kurzen Eindruck vom täglichen Arbeiten mit den neuen Vorschriften schildern.

Meine Kollegen und ich arbeiten mit unseren Kunden meist seit mehr als 15 Jahren zusammen und haben diese Kunden gut durch zwei der schwersten Krisen der Kapitalmärkte der Nachkriegsgeschichte beraten.

Seit gestern müssen wir nun zu JEDEM geführten Telefonat das den Wertpapierbereich erfasst, was rund 3/4 aller Gespräche bei uns ausmacht, ein zweiseitiges Beratungsprotkoll ausfüllen, besprochene Unterlagen (Zeitungsartikel, Charts etc.) sowie die Angaben aus dem WpHG Bogen in Kopie nochmals beilegen.

Dies verursacht nicht nur einen ungeheuren Verwaltungsaufwand, verdoppelt bis verdreifacht den Papierbedarf unserer Niederlassung sondern sorgt auch bei unseren Kunden für völliges Unverständnis.

Ein Kunde der am Tag zweimal mit mir telefoniert um sich über den aktuellen Verlauf des Aktienmarkts zu erkundigen erhält an diesem Tag zwei Beratungsprotokolle egal ob er Wertpapiere handelt oder nicht.

Ein Exemplar erhaelt der Kunde, ein Exemplar muss bei uns fuer zehn Jahre abgelegt werden. Es handelt sich jeweils um mindestens 3 Seiten.

Nach zwei Tagen kann ich jetzt schon prognostizieren dass sich unser Papierbedarf wahrscheinlich verdreifachen wird. Denn bisher hat mein Kunde lediglich die einseitige Abrechnung erhalten. Die Wald- und Forstwirtschaft in Verbindung mit der Papierindustrie und der Deutschen Post reiben sich jetzt schon die Hände.

Die Erstellung eines solchen Protokolls kostet mindestens 10 Minuten Arbeitszeit für den Berater und nochmals ca. 10 Minuten Zeit in der Assistenz für das Einscannen (damit man nicht immer die Orginale aus dem Keller holen muss) und Versenden.

Inklusive der Beratung, auf die kommt es ja schließlich an, kann man für ein Telefongespräch also rund 25 Minuten bis 60 Minuten Zeit als Berater einkalkulieren. Da mein Arbeitstag ca. 10 Stunden umfaßt inklusive Erstellung von Anlagevorschlägen, Informationsbeschaffung, persönlichen Vermögensstrategiegesprächen und schriftlicher Kommunikation kann ich am Tag maximal 5-10 Kundentelefonate führen.

In einer Börsenzeit wie im Herbst 2008 als die Kursbewegungen sehr hoch waren und dementsprechend der Beratungsbedarf der Kunden enorm ist kann ich meine Kunden mit diesen Auflagen nicht mehr vor "vermeidbaren Vemögensverlusten" schützen. Denn wie soll ich alle meine 60 Kunden innerhalb von wenigen Stunden informieren und beraten bei diesem Verwaltungsaufwand.

Ich verstehe, dass aufgrund der zum Teil haarstreubenden Beratungsqualität in unserem Metier etwas geschehen sollte. Aber die jetzige Situation ist untragbar. Eine gesetzliche Qualifikationspflicht für Vermögensberater und die Abschaffung der Provisionsgeschäfte würde bedeutend besser helfen. Wir arbeiten seit Jahren zum Beispiel ausschließlich mit all-in-fees bei denen dem Kunden für Transaktionen keine Kosten entstehen und die Bestandprovisionen von Fonds berücksichtigt werden.

Dies wird dazu führen, dass der Kunden entweder sich ganz in die Hand der Bank begibt (Vermögensverwaltung) oder bei einer Direktbank sein "Glück" versuchen kann.

Denn für Kunden, die ein Vermögen unterhalb der Millionengrenze besitzen wird eine Beratung durch qualifizierte Fachleute nicht mehr angeboten werden können. Die von Ihnen gewünschte Kostenneutralität für den Kunden würde bedeuten, dass die Banken den Mehraufwand zu Lasten des Gewinns betreiten würden. Die Eintrittswahr-scheinlichkeit dieser Annahme sehe ich als nicht besonders hoch an.

Also werden Inhaber kleinerer Vermögen überproportional viel bezahlen müssen oder den Weg zur Direktbank gehen und dann ohne Beratung im Haifischbecken schwimmen. Denn selbst Bundeswertpapiere unterliegen einer eventuellen Inflation und damit dem Verlust der Kaufkraft.

Werden Sie diese Novelle des WpHG's nochmals überarbeiten und falls ja wann wird dies geschehen?

Ich leiste gerne Unterstützung für einen praxistauglichen Verbraucherschutz!

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