Sehr geehrter Herr Doser,
ich stimme Ihnen zu, dass eine unverzerrte Preisbildung auf den Agrarmärkten und auch an den Warenterminbörsen unverzichtbar ist.
Eine knappe Versorgungslage führt zu höheren Preisen. Dies ist dann das Signal an die Erzeuger, auch in Entwicklungsländern zu investieren und die Produktion auszudehnen.
Deshalb ist eines der wichtigsten Ziele meines Hauses, die Funktionsfähigkeit der Warenterminmärkte als eines der zentralen Instrumente zur Risikoabsicherung für die Agrar- und Ernährungswirtschaft zu stärken.
Auch stimme ich Ihnen zu, dass die Landwirtschaft mit Preisschwankungen, die zur Agrarproduktion nun mal dazu gehören, umgehen kann. Damit meine ich zum Beispiel saisonale Milchpreisschwankungen oder auch Preisreaktionen auf Missernten.
Aber: Extreme Preisvolatilität kann für die Agrarwirtschaft zu Problemen führen: Die Risikoabsicherung wird kostenaufwändiger, Investitionen können gehemmt werden, z.B. nach dem Preiseinbruch 2008.
Experten gehen davon aus, dass die Preisvolatilität zukünftig zunehmen kann, weil die Agrarmärkte stärker mit den Energie- und Finanzmärkten verbunden sind. Dadurch wirken sich Schwankungen auf diesen Märkten auch auf die Agrarpreise aus, selbst wenn sich an den Fundamentaldaten im Agrarbereich wenig ändert.
Seit einigen Jahren gibt es einen starken Kapitalzufluss von Finanzinvestoren an die Agrarrohstoffmärkte. Die Studien zu den längerfristigen Auswirkungen sind widersprüchlich, aber kurzfristige Preisausschläge werden für möglich gehalten.
Um die Auswirkungen konkreter zu fassen, benötigen wir meiner Ansicht nach zunächst mehr Transparenz an den europäischen Terminmärkten. Orientieren können wir uns dabei an den USA, wo die handelnden Akteure registriert werden und die Börsen regelmäßige Berichte zum Handelsverlauf, den gehaltenen Positionen und den Akteuren veröffentlichen.
Auf der Basis können Fehlentwicklungen erkannt werden und bei Bedarf können die Aufsichtsbehörden reagieren.
Wir müssen übermäßige Spekulationen, die die Preisbildung für Agrarrohstoffe stören, begrenzen. Dies kann natürlich nur international gelingen, um gleiche Rahmenbedingungen auf den weitgehend liberalisierten Agrar- und Finanzmärkten zu gewährleisten. Außerdem müssen wir Entwicklungsländer durch geeignete Maßnahmen unterstützen, denn sie leiden besonders unter extremen Preisschwankungen.
Hierbei muss die Agrarpolitik zusammen mit anderen Politikbereichen bewirken, dass die Landwirte besser an die Märkte angebunden werden und die Produktivität in der Landwirtschaft gesteigert wird. Mein Ziel ist es, nicht nur das Angebot an Nahrungsmitteln weltweit zu steigern, sondern auch den Zugang dazu zu verbessern, indem den Menschen ermöglicht wird, ein Einkommen zu erwirtschaften.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bundesministerin