Sehr geehrte Frau Zühlke,
als Verbraucherministerin ist es mir sehr wichtig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf verständliche und klare Weise über die Nährwerte von Lebensmitteln durch entsprechende Angaben auf Lebensmittelverpackungen und -etiketten informiert werden. Diese Informationen sind eine wertvolle Orientierungshilfe, um eine Lebensmittelauswahl im Sinne einer gesunden und ausgewogenen Ernährung treffen zu können. Deshalb hat mein Ministerium ergänzend zu den bereits in der Europäischen Union bestehenden rechtlichen Anforderungen ein System zur Angabe freiwilliger erweiterter Nährwertinformationen auf verpackten Lebensmitteln entwickelt: das „1 plus 4 Modell“.
Die Elemente des „1 plus 4 Modells“ sind der Energiegehalt (Brennwert) sowie die Gehalte an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. Diese Angaben sollen in der Regel bezogen auf die Portion in einheitlichen und wiedererkennbaren Symbolen auf Lebensmittelverpackungen bzw. -etiketten erfolgen. Dabei soll mindestens der Brennwert auf der Schauseite des Etiketts angebracht werden. Zusätzlich zu den Mengenangaben sollen auch die Prozentanteile in Bezug auf den jeweiligen Richtwert für die Tageszufuhr (von 2.000 kcal für eine junge Frau) angegeben werden. Da alle Angaben auf eine Portion bezogen angegeben werden, wird es leicht ersichtlich, welcher Anteil des Tagesrichtwertes jeweils mit dem Verzehr einer Portion des Lebensmittels abgedeckt wird.
Bei der Erarbeitung des „1 plus 4“-Modells haben wir uns auch intensiv mit der Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild mit den Farben grün, gelb und rot, die für einen niedrigen, mittleren und hohen Gehalt eines Nährstoffs (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker, Salz) stehen, beschäftigt. In diesen Diskussionsprozess wurde auch die Wissenschaft einbezogen. Von verschiedenen Wissenschaftlern wurden dabei Bedenken gegen ein solches Darstellungsmodell geäußert und auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage verwiesen (z. B. Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vom 25. September 2009 „Wissenschaftliche Basis für Ampelkennzeichnung einzelner Lebensmittel fehlt“, siehe
http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&...).
Die bestehenden Zweifel, ob eine solche vereinfachte Klassifizierung von Lebensmitteln tatsächlich Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bringt, wurden damit bestätigt.
Auch wird nach meiner Einschätzung die Ampelkennzeichnung dem an sie gestellten Anspruch, einfach und auf einen Blick zu informieren, nicht gerecht. Da jeder der hier relevanten Nährstoffe (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker, Salz) mit einer eigenen Farbkennzeichnung versehen wird, ist eine einfache Übersicht allenfalls nur dann gegeben, wenn alle vier Nährstoffe die gleiche Farbkodierung erhalten. Davon ist aber in den seltensten Fällen auszugehen. Bei Vorhandensein aller drei Farben rot-gelb-grün wird eine einfache Einordnung jedoch schwierig. Letztendlich ist doch eine Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Gehalten erforderlich. Das lässt sich gut an folgendem Beispiel erklären: Eine zuckerreduzierte Limonade bekommt unter Umständen beim Zuckergehalt einen grünen Punkt, während der Apfelsaft wegen seines natürlichen Zuckergehaltes hier aber einen roten Punkt bekäme.
Darüber hinaus ist für die nach meiner Kenntnis von Verbraucherinnen und Verbrauchern als besonders wichtig angesehene Angabe des Brennwertes nach dem britischen Ampelsystem keine Farbkodierung vorgesehen. Zudem sind beim Ampelmodell die Bezugsgrößen für die Farbgebung in der Regel 100 g bzw. 100 ml des Lebensmittels. Bei Lebensmitteln, die üblicherweise in deutlich geringeren Mengen verzehrt werden, dürfte eine rote Farbgebung somit ebenfalls eher schwierig zu interpretieren sein. Entscheidend für eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist nicht das einzelne Lebensmittel, sondern die Gesamternährung.
Dennoch steht es Unternehmen frei, ein solches Darstellungssystem zu verwenden, wenn dieses im Einklang mit den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist.
Ich bin überzeugt, dass wir mit dem „1 plus 4 Modell“ des BMELV einen wichtigen Schritt in Richtung einer verbesserten Verbraucherinformation über Nährwerte von Lebensmitteln gegangen sind. Ich appelliere an die Lebensmittelwirtschaft, möglichst viele verpackte Lebensmittel mit den Angaben nach dem „1 plus 4“-Modell zu versehen und hoffe, dass Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Informationsangebot auch intensiv nutzen.
Zu Ihrer weiteren Information können Sie den Leitfaden zum „1 plus 4 Modell“, ein Faltblatt für Verbraucherinnen und Verbraucher und weitere Informationen zu diesem Thema auf der Website meines Ministeriums
http://www.bmelv.de/cln_181/SharedDocs/Standardartikel/Er...
abrufen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre