Sehr geehrte Nutzerinnen und Nutzer, der Betrieb der Plattform wurde eingestellt. Es können daher hier leider keine weiteren Beiträge veröffentlicht werden. Die Beantwortung ist geschlossen. Nutzen Sie bei Fragen an das BMELV gerne künftig die Internetseite des BMELV: www.bmelv.de

Beantwortet
Autor Erik Hennig am 23. Februar 2010
16729 Leser · 130 Stimmen (-4 / +126)

Verbraucherschutz und Verbraucherrechte

Zweifelhafte Fortschritte beim Anlegerschutz

Sehr geehrte Frau Aigner,

Transparenz, verschärfte Haftung, weniger Beraterprovisionen: Das versprachen Sie den Anlegern (somit Steuerzahlern und Wählern). Gehalten hat Ihr Ministerium jedoch bisher wenig.

"Viele Menschen haben aufgrund der Finanzkrise ihr Geld verloren oder bangen um ihr Erspartes. Deshalb ist eine starke Verbraucherpolitik gefragt." Das sagten Sie im Februar 09.

In der Finanzkrise rief die "Große Koalition" eine Offensive zum besseren Schutz der Anleger aus - Sie hatten die Chance, sie in ihre neue Amtszeit hinüberzuretten. Mehr Transparenz, verschärfte Haftungsregelungen, Förderung der provisionsunabhängigen
Anlageberatung auf Honorarbasis: Diese Punkte und noch etliche mehr standen Anfang des Jahres im Forderungskatalog des Verbraucherministeriums. Was ist aus den ambitionierten Vorhaben geworden?

Nun gut, die Verjährungsfrist bei fehlerhaften Anlageberatungen wurde von drei auf zehn Jahre verlängert..., das allein reicht nicht aus!

Warum gibt es bis jetzt keine einheitlichen Beratungsprotokolle für Banken??? Jede Bank darf ihr eigenes Formular stricken. Dazu kommt: Letztlich muss der Anleger prüfen, ob der Inhalt des Gesprächs auch wirklich zutreffend wiedergegeben wird und ob sich die Bank nicht doch mit Klauseln wie "Auf ausdrücklichen Wunsch des Anlegers" eine juristische Hintertür offen hält - und am Ende doch nicht für etwaige Verluste haftet.

Wie können Sie diese Regelung im Sinne der Verbraucher legalisieren und mit Ihren damailgen Zusagen rechtfertigen?

"Zur besseren Unterscheidbarkeit und Verlässlichkeit soll ein Berufsbild des Honorarberaters / unabhängigen Finanzberaters geschaffen und rechtlich verankert werden", ließ ihr Ministerium am 1. Juli 09 verlauten. Doch warum ist seit dem Funkstille zu diesem Thema zu vermelden???

In so wichtigen Vorhaben des Anlegerschutzes folgen auf große Worte also nur dürftige Taten. Das scheint symptomatisch für die Verhaltensweise Ihres Verbraucherministeriums zu sein. Ihr Ministerium hat auf seiner Website eine eigene Unterseite zur "Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen" eingerichtet. Doch warum findet sich darauf neben Thesenpapieren, Studien und Hinweisen auf Publikationen der Verbraucherzentralen so wenig Konkretes???

Haben die Banken heutzutage schon mehr Macht als das "verbraucherschützende" Ministerium selbst?? Bitte beantworten Sie mir diese, meine daraus resultierenden Fragen.

Ich freue mich auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Erik Hennig

+122

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Ilse Aigner am 28. Mai 2010
Ilse Aigner

Sehr geehrter Herr Hennig,

die Bundesregierung hat sich zur Bewältigung der Finanzmarktkrise zum Ziel gesetzt, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Finanzmarkt wieder zu stärken. Dieses Vertrauen ist Voraussetzung für die Stabilität der Finanzmärkte. Die Verbesserung des Anlegerschutzes ist hierfür ein wichtiges Element.

Erste wichtige Schritte zur Stärkung des Anlegerschutzes konnten bereits erreicht werden. Es wurden nicht einfach nur die Verjährungsfristen deutlich verlängert: Vielmehr sind Finanzdienstleistungsinstitute seit dem 1. Januar 2010 dazu verpflichtet, Beratungsgespräche über Wertpapiere zu dokumentieren und das Beratungsprotokoll dem privaten Kunden auszuhändigen. Die Kontrolle der Richtigkeit kann letztlich nur der Betroffene selbst vornehmen. Im Falle einer Falschberatung kann sich ein Anleger künftig auf die Protokollierung der Beratung berufen und besitzt damit zugleich das erforderliche Beweismittel in den Händen. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße und schlüssige Protokollierung trägt die Bank.

Gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat mein Ministerium eine erste Stichprobe von Beratungsprotokollen durchgeführt. Diese Stichprobe hat gezeigt, dass die Banken das Thema sehr ernst nehmen, aber auch, dass die Qualität der Protokolle unterschiedlich ist und die Dokumentation noch verbraucherfreundlicher ausgestaltet werden muss. Mein Ministerium wird das weiter sehr genau verfolgen.

Verbraucher können ihre Erfahrungen mit der neuen Beratungsdokumentation in dem Internetportal www.verbraucherfinanzwissen.de der Verbraucherzentrale NRW mitteilen. Die gesammelten Erfahrungen werden wir auswerten und für weitere Verbesserungen nutzen.

Anknüpfend an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag erarbeitet die Bundesregierung derzeit zudem ein Gesetz, das weitere umfangreiche Verbesserungen zum Schutz der privaten Anleger vorsieht (Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes). Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Banken ihren Kunden künftig eine kurze und gut verständliche Produktinformation für Finanzinstrumente zur Verfügung zu stellen haben.

Des weiteren umfasst der Gesetzentwurf strengere Anlegerschutzbestimmungen im sog. Grauen Kapitalmarkt, insbesondere für geschlossene Fonds. In Zukunft soll der Vertrieb von Graumarktprodukten von der Finanzaufsicht überwacht werden. In Prospekten für Anlagen des grauen Kapitalmarktes sollen zusätzliche Angaben gemacht und die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Prospektangaben auf die regelmäßige Verjährungsfrist von maximal 10 Jahren erhöht werden. Zudem sieht der Entwurf zusätzliche Anforderungen und Sanktionen für den Einsatz von Mitarbeitern im Vertrieb der Finanzdienstleistungsinstitute vor.

Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir die „Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen“ und die Vorgaben des Koalitionsvertrags zum Anlegerschutz konsequent fort.

Zur weiteren Verbesserung der Qualität der Anlageberatung hat sich mein Ministerium weiter zum Ziel gesetzt, das Berufsbild des unabhängigen Honorarberaters gesetzlich zu verankern und strengere Anforderungen für Finanzvermittler einzuführen. Hierbei ist das Bundesministerium für Wirtschaft federführend und bereitet derzeit eine Reform des Finanzvermittlerrechts vor.

Ich hoffe Sie sehen, dass meinen Worten durchaus Taten folgen,

Mit freundlichen Grüßen