Sehr geehrter Herr Barmer,
die Energiestrategie 2030 nimmt eine deutliche Schwerpunktverschiebung in der Energiepolitik des Landes Brandenburg in Richtung des vorrangigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien, ihrer Systemintegration und –konvergenz sowie zu höherer Energieeinsparung und -effizienz vor. Sie allein auf die Verstromung der Braunkohle als Brückentechnologie zu reduzieren oder als „Braunkohle-Strategie“ abzuqualifizieren, wird ihrem Inhalt nicht gerecht.
Ihre Frage behandelt mehrere Aspekte, die ich nachfolgend daher getrennt beantworten muss.
Braunkohle verbaut 100 % Versorgung mit erneuerbaren Energien: Energie aus Wind und Photovoltaik steht naturgegeben nur stark schwankend zur Verfügung. Insbesondere fehlt es heute noch an breitenwirksamen Technologien zur Stromspeicherung und intelligenten Netzsteuerungen, um den an wind- und sonnenreichen Tagen erzeugten Überschuss-Strom an wind- und sonnenarmen Tagen nutzen zu können bzw. Stark- und Schwachlastzeiten auszugleichen. Folglich sind gegenwärtig noch ausreichende Kapazitäten an Regelkraftwerksleistung auf der Basis fossiler Energieträger notwendig, um bedarfsgerecht die Stromversorgung zu sichern. Für die Landesregierung kommen dafür sowohl die einheimische Braunkohle als auch Erdgas in Frage.
Rahmenbedingungen für Gaskraftwerke: Ob und wann die längerfristigen Zielstellungen für eine Stromerzeugung rein aus Erneuerbaren Energien Wirklichkeit werden, kann heute niemand verlässlich vorhersagen. Gaskraftwerke als Ersatz für Braunkohlestrom sind derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar (die beiden Gaskraftwerke Premnitz und Wustermark werden nach aktuellen Erkenntnisse nicht wie geplant realisiert) und erhöhen die Importabhängigkeit der deutschen Energiewirtschaft weiter. Zudem werden die Rahmenbedingungen für den Bau von Kraftwerken nicht auf der Länder-, sondern auf der Bundesebene definiert, u.a. durch das Energiewirtschaftsgesetz. Da sich die Energiestrategie 2030 klar zur Systemintegration der Erneuerbaren Energien bekennt, wird sich das Land auch weiterhin bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für Gaskraftwerke im Rahmen seiner Möglichkeiten einbringen.
CO2-Emissionen: Die Berechnungen des CO2-Minderungspotentials beruht auf aktualisierten Prognosen. Diese berücksichtigen alle zum Zeitpunkt der Erstellung der Energiestrategie 2030 bekannten Planungen und absehbaren Entwicklungen. D.h. die zusätzlichen CO2-Emissionen aus den seinerzeit geplanten Gaskraftwerken (ca. 1,1 Mio. t/a) sowie der OPAL-Verdichterstation (bis 0,3 Mio. t/a) wurden in die Berechnung einbezogen. Auch wurden die aktuellsten Emissionswerte der Bestandskraftwerke berücksichtigt. Darüber hinaus ist heute noch genauer abschätzbar, welche Emissionen der Flughafen BER (1,4 Mio. t/a) und welche Restemissionen ein Ersatzbraunkohlekraftwerk (inkl. CO2-Abscheidung) mit einer maximalen Leistung von 2.000 MW am Kraftwerkstandort Jänschwalde (0,8 Mio. t/a) verursachen wird.
Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte wird das Land Brandenburg seine energiebedingten CO2-Emissionen gegenüber 2010 (55,9 Mio. t) um 30,9 Mio. t vermindern. Damit wird eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 72 % gegenüber 1990 auf 25 Mio. t pro Jahr erreicht. Damit können die nationalen Zielvorgaben (55%) deutlich übererfüllt werden. Diese aus heutiger Sicht realistische Berechnung ist eher konservativ, da sie alle bekannten CO2-verursachenden Eventualitäten einbezieht. Sie kann jedoch auch schnell nicht mehr die Realität abbilden, wie die aktuellen Entwicklungen bei den Gaskraftwerken zeigen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Enneper Abteilungsleiter Wirtschafts- und Energiepolitik Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg
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am 17. Januar 2012
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