Sehr geehrter Herr Agsten,
unabhängig von der in Deutschland bestehenden tiefen Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern der Nutzung der Atomkernenergie für die Energieerzeugung hat sich das Land Brandenburg bereits mit der Neugründung im Jahre 1990 nicht nur aufgrund fehlender Leistungsreaktoren für eine Energiepolitik ohne die friedliche Nutzung der Atomkernenergie entschieden.
Die Anwendung der Atomkernspaltung zur Energiegewinnung ist unbestritten als eine Hochrisikotechnologie anzusehen. Dabei existieren nicht nur Risiken beim unmittelbaren Prozess der Energiegewinnung im Reaktor. Auch die Prozesse im so genannten Kernbrennstoffkreislauf können bei Unfällen erhebliche negative Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt auslösen.
In Deutschland haben das Sicherheitsbewusstsein und die technischen Sicherheitsvorkehrungen ein hohes Niveau erreicht. Unabhängig davon bleibt immer ein Restrisiko bestehen. Dieses Risiko möchte unsere Gesellschaft, insbesondere nach dem nuklearen Unfall am Standort Fukushima Daiishi, nicht mehr tragen. Der im vergangenen Jahr von der Bundesregierung beschlossene Ausstieg ist die politische Konsequenz daraus. Damit scheint die Grundlage für einen gesellschaftlichen Konsens erreicht zu sein.
Die Zuversicht, dass Reaktoren neuer Generationen mit entsprechender Sicherheitstechnik entwickelt werden, um so das Problem der radioaktiven Strahlung zu lösen, teile ich nicht. Auch die Hoffnung, dass die Fusionstechnik alle Fragestellungen der jetzigen Nutzung der Atomkernspaltung (Anfall radioaktiver Abfälle, Möglichkeit unkontrollierter Kernspaltung bei Unfällen mit Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt) beantworten kann, ist nach meiner Auffassung mindestens für die nächsten ca. 40 Jahre unrealistisch. Gleiches gilt auch für die sogenannte Transmutation radioaktiver Nuklide. Schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts haben Wissenschaftler diesen Gedanken verfolgt. Leider zeigen diese Bemühungen bisher keinen greifbaren Erfolg.
Ob nun gerade in Deutschland eine Renaissance dieser Form der Energiegewinnung in den nächsten 20 bis 30 Jahren zu erwarten ist, scheint mir eher unwahrscheinlich.
Allen sollte aber bewusst sein, dass in Europa langfristig weiterhin Atomkernkraftwerke betrieben werden. Das Sicherheitsbewusstsein, aber auch die Weiterentwicklung der entsprechenden Sicherheitstechniken muss deshalb weiterverfolgt und vorangetrieben werden. Es ist jedoch zu befürchten, dass Deutschland mit seinem beschlossenen Atomausstieg auf diesem Gebiet zukünftig kein gefragter Diskussionspartner mehr sein wird.
Dr. Günter Hälsig Abteilungsleiter Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
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