Sehr geehrter Herr Rheinschau,
die von Ihnen vorgestellte Projektidee, zwischen den Stützpfeilern hoher Brückenbauwerke Windenergieanlagen zu integrieren, sieht auf den ersten Blick ästhetisch aus, was eine gewisse faszinierende Wirkung zur Folge hat.
Deshalb bedanke ich mich für Ihre Anfrage, weil sie die Möglichkeit eröffnet, auch auf die zahlreichen Probleme bei ihrer technischen Realisierbarkeit hinzuweisen. Im Ergebnis werden Sie möglicherweise selbst zu dem Schluss kommen, dass eine Umsetzung des Projektes in Brandenburg nicht machbar ist.
Prinzipiell stellt sich vorab die Frage, wo in Deutschland überhaupt solche Ideen umgesetzt werden können. So kommen das norddeutsche Tiefland (folglich auch Brandenburg) und der Mittelgebirgsraum aufgrund fehlender, tiefeingeschnittener Täler von vornherein nicht in Frage.
In bestehende Brückenbauwerke Windenergieanlagen zu integrieren, ist aufgrund statischer Probleme ebenfalls nicht möglich, da die Brückenpfeiler für zusätzliche Gewichtslasten und die zusätzlich auftretende Windlast schlicht nicht ausgelegt sind.
Letztendlich würden neue Brückenbauwerke benötigt werden, die von vornherein für die "zusätzliche" Aufgabe ausgelegt sind. Folglich müßten infrastrukturmäßig notwendige, geplante Brückenneubauprojekte identifiziert werden, die
- ausreichend breite und hohe Täler überbrücken sollen,
- entweder parallel zur Hauptwindrichtung stehen oder
- wie bei der Projektskizze parallel zum Meer (einem See) errichtet werden, um die auf- und ablandenden Winde nutzen zu können.
Ein weiteres Problem dürften die naturschutzrechtlichen Belange beim Vogelflug sein, da durch die Konfiguration der Windenergieanlagen in der Projektskizze ein ganzes Tal abgeriegelt wird.
Vollkommen unrealistisch ist die in der Projektskizze dargestellte filigrane Bauweise der Konstruktion. Windenergieanlagen übertragen das von der Windlast hervorgerufene Drehmoment über den Turm in ein Fundament, dass wiederum für die Standsicherheit sorgt. Hierbei geht es um Gewichtsmassen in Abhängigkeit von der Anlagengröße zwischen mehreren Hundert bis mehreren tausend Tonnen. Die Konzeptentwickler haben diese rein mechanische Komponente in Ihrer Projektskizze offenbar vernachlässigt.
Zu guter letzt stellt sich die Frage, wie die Anlagen errichtet werden sollen und wie bei einem technischen Defekt Teile ausgetauscht werden können. Schließlich wiegen die Türme und die Maschinenhäuser von Windenergieanlagen ebenfalls mehrere hundert Tonnen. Hier müsste parallel zum Brückenbauwerk über die gesamte Länge auf dem Talgrund eine Straße gebaut werden, der die Erreichbarkeit für Autokrane sicherstellt.
Vollkommen ungeklärt ist auch die Wirtschaftlichkeitsfrage. Hier müssten die noch unbekannten Gesamtkosten den möglichen Erträgen aus der Stromeinspeisung gegenübergestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Enneper Abteilungsleiter Wirtschafts- und Energiepolitik Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg
Kommentare (0)Öffnen
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie angemeldet sein.