Sehr geehrter Herr Hansen,
der forcierte Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien ist ohne Alternative. Das Land Brandenburg nimmt bereits seit Jahren in diesem Prozess einen Spitzenplatz ein. Der „Leitstern“ für 2008 und 2010, die „Europäische Exzellenz-Region“ u. a. Auszeichnungen zeigen, dass Brandenburg inzwischen überregionale Bedeutung als Land der erneuerbaren Energien gewonnen hat. Brandenburg gilt als Modell für eine ambitionierte Energie- und Klimaschutzpolitik, das seine Ziele für 2020 mit der Energie- und Klimaschutzstrategie klar definiert hat.
Durch eine derart zielgerichtete Landespolitik ist es frühzeitig gelungen, Unternehmer, Investoren und Wissenschaftler zu überzeugen, ihre Ideen gerade in Brandenburg zu verwirklichen. Inzwischen hat sich auf dieser Grundlage ein erfolgreicher Wirtschaftszweig mit mehr als 12.000 Arbeitsplätzen entwickelt, davon zuletzt allein im Bereich PV mehr als 3.000.
Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien allein ist der „Kraftakt Energiewende“ nicht zu bewältigen. Genauso wichtig sind die Verbesserung der Energieeffizienz in allen Bereichen und der Ausbau einer intelligenten Energieinfrastruktur.
Ende 2010 waren in Brandenburg Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 5.300 Megawatt am Netz. Etwa 80 Prozent entfallen davon auf 2.950 Windkraftanlagen. Die verbleibenden 20 Prozent teilen sich vor allem Biomasseheizkraftwerke, Biogasanlagen und Photovoltaikanlagen. Die für die Zielerreichung gemäß Energiestrategie 2020 erforderlichen Zubauraten wurden für
- Windenergie bisher jeweils leicht überschritten und 2010 erstmals unterschritten,
- für Bioenergie weit überschritten,
- für Solarenergie bisher aber in keinem Jahr erreicht. Der Gesamtausbau der Photovoltaik lag bisher viel zu niedrig. Nach dem Ausbaustand Anfang 2010 müsste theoretisch die solare Energieerzeugung in Brandenburg bis 2020 nahezu verzehnfacht werden. Es gibt also einen erheblichen Nachholbedarf, und es schlummert hier ein großes Potenzial.
Bei der Einspeisevergütung für elektrische Energie aus Photovoltaikanlagen soll gemäß des jüngst geänderten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), wie schon seit 2010, das Prinzip des sogenannten „atmenden Deckels“ beibehalten werden. Das bedeutet, dass hohe Zubauraten eine geringere Einspeisevergütung ergeben, geringere Zubauraten eine höhere.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist auch im Land Brandenburg mit Problemen verbunden. Wie jede neue technische Infrastruktur hinterlassen diese Anlagen sichtbare Spuren. Dadurch kommt es nicht selten zu Vorbehalten bei den Anwohnern oder zu Interessensüberschneidungen mit den Zielen des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes, um nur einige zu nennen.
Brandenburg hat bisher gezeigt, dass eine Lösung solcher Zielkonflikte möglich ist. Aber das Land stößt beim weiteren Ausbau erneuerbarer Energien zunehmend an seine Grenzen. Brandenburg ist insgesamt ein Flächenland mit zu wenigen verfügbaren Flächen für die erneuerbaren Energien.
Eine Änderung der Industriegesellschaft – und dies erfordert die Energiewende – verändert die Landschaft. Das ist der Preis, den wir für den Fortschritt bezahlen müssen. Man kann nicht aus der Atomenergie aussteigen, die Kohleverstromung verdammen, den Wohlstand halten wollen und gleichzeitig fordern, dass die Landschaft sich nicht verändert. Hier ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens erforderlich.
Der weitaus höchste Energieertrag pro Flächeneinheit ist mit Windenergie zu erzielen. Danach folgen mit Abstand Solar- und Bioenergie. Im EEG 2010 ist geregelt, dass die Vergütung für Strom aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen nur gewährt wird: auf versiegelten Flächen, auf wirtschaftlichen, verkehrlichen, wohnungsbaulichen oder militärischen und Konversionsflächen sowie auf Randstreifen an Autobahnen und Schienenwegen (bis 110 m vom Fahrbahnrand).
Im Gegensatz zu Windenergieanlagen sind Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht im Außenbereich privilegiert. Für ihre Errichtung ist ein verbindlicher Bauleitplan erforderlich. Damit ist den Gemeinden die Entscheidung überlassen, ob sie auf ihrem Gebiet Photovoltaik-Freiflächenanlagen zulassen wollen. Gemäß EEG wird die Vergütung der elektrischen Energie aus derartigen Anlagen nur gewährt, wenn sie im Bereich eines genehmigten Bebauungsplanes oder einer planfestgestellten Fläche liegen. Zudem ist im Gemeinsamen Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP-BB) geregelt, dass große Photovoltaikanlagen nicht innerhalb des sogenannten Freiraumverbundes zulässig sind und vorrangig auf geeigneten Konversionsflächen errichtet werden sollten.
Bei dem von Ihnen angesprochenen Areal bei Leegebruch westlich der B 96 handelt es sich um eine Freiflächen-Photovoltaikanlage, die im Rahmen der Bauleitplanung der Stadt Oranienburg ausgewiesen wurde (B-Plan Nr. 82 Gewerbegebiet Süd). Im Rahmen der Planungen wurden Untersuchungen zu Flora und Fauna intensiv abgearbeitet. In Bezug auf die Genehmigung des Solarparks kann ich Ihnen mitteilen, dass vom zuständigen Bauamt Oranienburg die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zum B-Plan erfolgt ist (hier das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, LUGV). Da wurden auch Belange des Natur- und Artenschutzes eingehend geprüft.
Grundsätzlich sind die Vorhabensträger für Freiflächenphotovoltaikanlagen gehalten, ihre Liegenschaften vor dem Baubeginn auf dort vorkommende Tierarten hin zu untersuchen und gegebenenfalls Ersatzlebensräume zu schaffen. Wenn auf Brutvögel und Eidechsen Rücksicht genommen und bei der Einzäunung dieser Anlagen Ein-und Ausstiege für Wildtiere geschaffen werden, ist es durchaus möglich, den Bau von Photovoltaikanlagen in der Landschaft mit den Bedürfnissen von Fauna und Flora verträglich zu gestalten.
Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie u. a auf den Internetseiten des Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (MUGV), des Ministeriums für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (MWE) und des Ministeriums für Infrastruktur und ländliche Räume (MIL) bzw. ihren nachgeordneten Bereichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günter Hälsig Abteilungsleiter Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
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