Sehr geehrte Frau Hoffmann,
der Schutz des Menschen in der Nachbarschaft von technischen Anlagen wird durch immissionsschutzrechtliche Vorgaben sichergestellt. Dieser Schutz setzt weit unterhalb von gesundheitlichen Gefährdungen an. Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gilt es erhebliche Belästigungen auszuschließen. Die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) legt Anforderungen fest, die der Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch tieffrequente Geräusche dienen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie die TA Lärm finden Sie unter folgendem Link: http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/gesetze.html
Prinzipiell kann Infraschall im Frequenzbereich unterhalb des Hörschalls (16/20 Hz bis 20 kHz) vom Menschen wahrgenommen werden. Allerdings sind hierzu sehr hohe Pegel erforderlich. Neben natürlichen Quellen wird Infraschall unter anderem auch durch großtechnische Anlagen wie Windenergieanlagen (WEA) erzeugt. Genaue Messungen des Infraschalls gestalten sich insbe- sondere an WEA schwierig, da die störenden Windgeräusche separiert werden müssen. Vorhandene Untersuchungsergebnisse belegen aber, dass schon im Nahbereich von WEA der Infraschallanteil deutlich unterhalb der normalen Wahrnehmungsschwelle liegt. Das menschliche Gehirn kann durch Hörschall, wie z.B. durch Musik, be- einflusst werden. Negative Auswirkungen von Infraschall sind aber nach heutigem Kenntnisstand in der Umgebung von WEA nicht zu erwarten.
Auch für Infraschall gelten die üblichen akustischen Gesetzmäßigkeiten. Bedingt durch die große Wellenlänge von Infraschall gibt es allerdings Besonderheiten, die einen Schutz schwieriger gestalten. Die effektivste Maßnahme ist eine ausreichende Entfernung zur Quelle. Der Dachverband der Deutschen Natur- und Umweltschutzverbände hat in einer Studie von 2005 festgestellt, dass von Infraschall keine Gefährdung oder Belästigung ausgeht. Die Studie bezog sich auf Abstände von WEA zu Wohn- gebieten von durchschnittlich 500m. Im September 2011 wurden diese Ergeb- nisse in einer weiteren Studie bestätigt: „Alle derzeit vorliegenden Infraschall- messungen zeigen übereinstimmend, dass der Infraschall von WEA auch im Nahbereich der Anlagen (100-250m Entfernung) deutlich unterhalb der menschlichen Hörschwelle und damit auch deutlich unterhalb der Wirkschwelle liegt.“
In Ihren Ausführungen zur Nauener Platte beziehen Sie sich vermutlich auf Aussagen über die Wirkung von Windrädern aus dem schalltechnischen Bericht „Tieffrequente Schallimmissionen von Windenergieanlagen“ der Firma acouplan von 2007. Diesem Bericht ist aber gerade zu entnehmen, dass an dem gewählten Mess-Ort aufgrund der überaus deutlichen Unterschreitung der Hörschwellenwerte keine besondere tieffrequente bzw. Infraschallbelastung (einschließlich Wind- und Straßengeräuschen) vorliegt.
Ich gehe davon aus, dass Sie sich mit Ihrem Verweis auf das Max-Planck-Institut auf eine Veröffentlichung des Robert-Koch-Instituts zu Infraschall und tieffrequentem Schall aus dem Jahr 2007 beziehen. Dieser Bericht benennt einen Mangel an umweltmedizinisch orientierten wissenschaftlichen Studien und sieht hier einen großen Handlungs- und Forschungsbedarf. Dementsprechend hat das Bundesumweltministerium im letzten Jahr eine „Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall“ in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse allerdings erst in einigen Jahren vorliegen werden.
Auch die Fachleute des Landes sind der Auffassung, dass es weiterhin Forschungsbedarf zum Thema Infraschall/ tieffrequenter Schall gibt und die Unterscheidung in individuelle und nominale Wahrnehmung mehr Gewicht bekommen sollte. Dies betrifft aber nicht nur Windkraftanlagen, sondern auch alle anderen Lärm verursachenden Quellen aus den Bereichen Industrie und Verkehr.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Günter Hälsig Abteilungsleiter Umwelt, Klimaschutz, Nachhaltigkeit Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
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