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Abstimmungszeit beendet
Autor Stefan Wehmeier am 26. Oktober 2009
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Wirtschaft

Erbsünde

"Wir werden also, bei sonst gleichen Verhältnissen, jenes Land als auf der höheren Stufe volkswirtschaftlicher Entwicklung stehend zu bezeichnen haben, in welchem der Mittelstand am meisten vertreten ist. Wo aber der Mittelstand sich in fortschreitender Auflösung befindet, dort haben wir eine direkt dem Verderben entgegenreifende Entwicklung vor uns, und zwar umso sicherer, je größer der Reichtum ist, welcher diesen Auflösungsprozess des Mittelstandes begleitet."

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

kommt Ihnen das obige Zitat bekannt vor? Wahrscheinlich insofern, als dass es sich mit der gegenwärtigen Situation deckt. Allerdings stammt es aus dem Jahr 1895, formuliert von dem Volkswirtschaftler Prof. Dr. Gustav Ruhland, der damals vom deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck damit geauftragt wurde, die wahren Ursachen für Armut und Krieg zu ergründen, und diese auch fand.

In seinem erst nach dem Tod von Bismarck fertiggestelltem und bis heute einzigartigem Werk "System der politischen Ökonomie" ( http://www.vergessene-buecher.de ) konnte Professor Ruhland über einen Zeitraum von drei Jahrtausenden und anhand von 22 über die menschliche Kulturgeschichte verteilten Volkswirtschaften nachweisen, dass Massenarmut und Krieg keinesfalls "naturgegebene" Zustände sind. Sie entstehen einzig und allein dadurch, dass die makroökonomische Grundordnung der jeweiligen kulturellen Gemeinschaft mit elementaren Konstruktionsfehlern behaftet ist, die zu einer zwangsläufigen Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz (Geld, Sachkapital und Boden) führen. Die Gesellschaft spaltet sich in immer mehr Arme (Zinsverlierer, Proletariat) und immer weniger Reiche (Zinsgewinner, Dekadenz), bis die Zivilisation an der sozialen Ungerechtigkeit zerbricht und es zum nächsten Krieg kommt.

Heute stehen wir wieder vor dem gleichen Problem. Die durch die nach wie vor fehlerhafte Geld- und Bodenordnung mittlerweile verursachte Ungerechtigkeit lässt sich genau beziffern und beträgt allein in Deutschland zurzeit 550 Mrd. € (Liquiditätsverzichtsprämie: 330 Mrd. €; Mindestverzinsung des unverschuldeten Sachkapitals: 120 Mrd. €; private Bodenrente: 100 Mrd. €) pro Jahr, was einem durchschnittlichen Nettolohnverzicht von 1200 € monatlich für alle 38 Mio. halbwegs sinnvoll Beschäftigte (Zinsverlierer) entspricht. Nur eines hat sich geändert: Der Krieg - zwecks umfassender Sachkapitalzerstörung, um den Zinsfuß hochzuhalten - konnte nur solange der Vater aller Dinge sein, wie es noch keine Atomwaffen gab!

Meine Frage an Sie lautet: Leugnen Sie, dass es eine Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz gibt? Wenn "ja", wer bezahlt dann die 330 Mrd. € Zinsen (Liquiditätsverzichtsprämien), die alle Geschäftsbanken in Deutschland den Sparern (vor allem den Großsparern) pro Jahr gutschreiben? Wenn "nein", wie sollte dann Ihrer Meinung nach die - weiterhin exponentiell steigende - Zinsumverteilung ohne eine konstruktive Geldumlaufsicherung und ein allgemeines Bodennutzungsrecht (Natürliche Wirtschaftsordnung = echte Soziale Marktwirtschaft) gestoppt werden?

Ich weise vorsorglich darauf hin, dass arbeitsfreies Kapitaleinkommen (Frucht vom Baum der Erkenntnis) prinzipbedingt nicht zwangsrückverteilt werden kann, da eine beliebige Besteuerung den Kapitalmarktzins eigendynamisch ansteigen lässt, bis das bereits versteuerte Kapitaleinkommen wieder genauso groß ist wie zuvor das unversteuerte. Anderenfalls würde der Geldkreislauf (Baum des Lebens) sofort zusammenbrechen, was ohne weitere Staatsverschuldung ohnehin bald passiert. Oder glauben Sie etwa noch an "Apfelbäumchen"?:

http://www.deweles.de/files/apfelbaeumchen.pdf

Mit freiwirtschaftlichem Gruß

Stefan Wehmeier
http://www.anww.de