Sehr geehrte Frau Schimannek,
die Königsstraße und ihre Gestaltung bewegt in Münster die Gemüter – das sehe ich nicht zuletzt daran, dass diese Thematik unter direktzu gleich zweimal den Einzug in die Top 3 der Fragen erreicht hat. Ähnliche Fragen ziehen ähnliche Antworten nach sich: Die eine oder andere Überschneidung zwischen meiner Beantwortung Ihres Anliegens und des von Herrn Müller lässt sich deshalb nicht vermeiden.
Zum Thema: Während die Neugestaltung des Picasso-Platzes selbst bereits 2005 vom Hauptausschuss beschlossen wurde, fiel die Entscheidung für die Bepflasterung der Königsstraße fünf Jahre später und in einem anderen Gremium: Am 9. Juni 2010 hat der Rat der Stadt nach einer lebhaften Diskussion beschlossen, dass in der Königsstraße das vorhandene Pflaster wieder eingebaut wird. In einigen Teilen der Straße werden zusätzlich geschnittene Pflaster als sogenannte Querungshilfen verwendet. So fällt der Wechsel der Straßenseite mit Kinderwagen oder Rollstuhl leichter.
Die Vor- und Nachteile der zur Debatte stehenden Varianten für den Straßenbelag wurden in einer Bürgerversammlung im Mai und in der gemeinsamen Sitzung der Bezirksvertretung Mitte und des Planungsausschusses lange und ausführlich diskutiert. Ausschlaggebend für die Wiederverwendung des alten Pflasters waren letzten Endes neben der Beachtung des städtebaulichen Umfelds und der Funktion der Straße auch die Gestaltung der Straße im historischen Kontext sowie das Kosten-Nutzen-Verhältnis.
In Zeiten knapper Kassen und der unverzichtbaren Konsolidierung des städtischen Haushaltes standen bei der Entscheidung für das alte Pflaster selbstverständlich die erheblichen Kosten im Vordergrund, die bei der Verwendung des sogenannten „Radler-Pflasters“ entstanden wären. Diese Mehrkosten hätten sich auf rund 640.000 Euro belaufen. Abgesehen davon, dass es einfach nicht sinnvoll ist, neue Pflastersteine zu kaufen, wenn bereits vorhandene einwandfrei sind, kann und will ich zurzeit eine derartige Ausgabe einfach nicht verantworten. Damit würden die Verwaltung und ich nicht mehr glaubwürdig erscheinen.
Hinzu kommt, dass die Königsstraße schon im frühen Mittelalter eine bedeutende Handelsstraße war. Dafür steht das kräftige Kopfsteinpflaster - auch im Bewusstsein der auswärtigen Besucher. Es hat damit einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der einmaligen Atmosphäre Münsters. Das Pflaster passt einfach zu der historischen Kulisse mit Gebäuden wie dem Druffelschen Hof, in dem Sie heute das Picasso-Museum finden, oder dem Oerschen Hof, der dem Barockbaumeister Schlaun zugeordnet wird. Um den Charme dieses Straßenzugs zu bewahren, hat unsere Denkmalbehörde sich deutlich für die Verwendung des Altstadtpflasters ausgesprochen. Es verleiht der Königstraße einen individuellen Charakter und ein Alleinstellungsmerkmal. Gerade darum besuchen die Menschen ja so gerne in unsere Stadt.
Die Entscheidung für das Altstadtpflaster ist aber auf keinen Fall eine Entscheidung gegen den Radverkehr. Sie bündelt vielmehr alle zu berücksichtigenden Faktoren bestmöglich in einer Lösung. Als Fahrradhauptstadt fördern wir den Radverkehr kontinuierlich – durch verkehrslenkende, technische und bauliche Maßnahmen. Und auch die Pflasterung der Königsstraße mit den alten Steinen bringt den Radfahrern zumindest deutliche Vorteile gegenüber der heutigen Situation: Denn nach der Wiederherstellung im Altstadtpflaster wird die Straßenoberfläche höher verfugt und ist damit deutlich ebener als heute.
Wir werden als Radfahrer also auch künftig nicht mit einem „Schütteltrauma“ rechnen müssen, wenn wir die Königsstraße entlang fahren. Probe fahren können Sie auf dieser Art von Pflaster zum Beispiel auf der Klemensstraße, die im vergangenen Jahr erneuert wurde. Sie ist erheblich komfortabler zu befahren als die noch nicht erneuerten, mit Altstadtpflaster ausgestatteten Straßenabschnitte in Münster.
Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Fahrt!
Mit freundlichen Grüßen