Sehr geehrter Herr Gerhard,
ich freue mich darüber, wenn engagierte Bürger die Situation in ihrer
Gemeinde oder ihrer Stadt im Auge behalten, sich informieren und mit
Vorschlägen - und gegebenenfalls auch mit Kritik - die Arbeit der
gewählten Vertreter begleiten. Deshalb danke ich Ihnen für Ihr
Engagement zugunsten der Kindertagesbetreuung in Angermünde.
Ihre Frage ist für mich aber auch Anlass, an einen sehr wichtigen
Grundsatz unserer Verfassung zu erinnern: die kommunale
Selbstverwaltung. Sowohl das Landesparlament als auch die
Landesregierung haben die Autonomie der kommunalen Verwaltungen und
Vertretungen zu achten und können in diese Strukturen nicht willkürlich
eingreifen. So gesehen, sehr geehrter Herr Gerhard, verbietet es sich,
dass ich mich als Ministerpräsident in kommunale Angelegenheiten
einmische oder gar Einfluss nehme.
Nicht nur in meiner Zeit als Oberbürgermeister von Potsdam habe ich die
Erfahrung gemacht, dass Verwaltungen und Gemeindevertreterversammlungen
Entscheidungen verantwortungsvoll vorbereiten und Beschlüsse nicht
leichtfertig gefasst werden. Eine Stadtverordnetenversammlung oder
Gemeindevertretung hat nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohle der
Bürger, die sie gewählt hat, Entscheidungen zu treffen. Klar ist, dass
es dabei auch zu Beschlüssen kommen kann, die bei Einzelnen oder
Interessengruppen keine Zustimmung finden. Beschlüsse eines Parlaments
werden mit Mehrheitsentscheidung getroffen. Das sind demokratische
Regeln, und für ein demokratisches Miteinander werbe ich nach wie vor
und insbesondere im Jahr 20 nach dem Mauerfall und der friedlichen
Revolution.
Nach Ihrer Anfrage habe ich mich über die Situation der Kita im Ortsteil
Mürow von Angermünde informiert. Es leuchtet sicher jedem ein, dass
aufgrund des entdeckten Schimmelbefalls im alten Gutshaus gehandelt
werden musste, um die Kinder keiner weiteren Gesundheitsgefährdung
auszusetzen. Die vorübergehende Unterbringung im ehemaligen “Konsum“,
für den die Betriebserlaubnis Ende Juli ausläuft, war zu diesem
Zeitpunkt möglicherweise alternativlos, weil schnell gehandelt werden
musste.
Entscheidend ist aus meiner Sicht jedoch, dass die Stadt für die
Unterbringung ab September den Eltern Angebote unterbreitet hat und die
Kinder gemeinsam mit ihren vertrauten Erzieherinnen in Kitas
nahegelegener anderer Ortsteile unterbringen und eine gute Versorgung
sicher stellen will. Ich weiß, dass solche Entscheidungen Einsicht und
Verständnis abverlangen, wenn diese mit eigenen Vorstellungen nicht
übereinstimmen. Kaum einer Kommune würde es in dieser Situation
gelingen, sofort eine neue Kindertagesstätte zu finanzieren und zu bauen.
Nach meinem Verständnis bedeutet die vorübergehende Auslagerung nicht
automatisch das „Aus“ für den Kita-Standort in Mürow. Soweit ich Sie
verstanden habe, geht es Ihnen, sehr geehrter Herr Gerhard, insbesondere
darum, die Unterbringung der Kita und der kulturellen Initiativen in
Mürow zu erhalten. Eine grundsätzliche Standortentscheidung hat die
Stadtverordnetenversammlung meines Wissens dazu noch nicht getroffen.
Vielmehr will die Stadt prüfen - und da schließe ich Verwaltung und
Parlament mit ein - welche Möglichkeiten es künftig für die
Kinderbetreuung, aber auch für die Unterbringung des von Ihnen
angesprochenen Chores und Seniorentreffs in Mürow geben könnte. Sie,
sehr geehrter Herr Gerhard, haben als Bürger die Möglichkeit, sich an
diesem Findungsprozess aktiv zu beteiligen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren kommunalen Vertretern eine
glückliche Hand
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