Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Gerhard Weigt am 12. Juni 2013
26079 Leser · 62 Stimmen (-1 / +61) · 0 Kommentare

Vorhaben, Vorschläge und Ideen

Vermeidung von Flügen außerhalb der festgelegten Flugrouten am BER

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Platzeck,

am 13. März schrieben Sie in Ihrem Portal „direkt zu“, und ich erlaube mir, Sie in diesem Sinne beim Wort zu nehmen:

„Und von einer seriösen und verantwortungsvollen Politik dürfen die Menschen in Brandenburg und Berlin mit Recht einfordern, dass alle Voraussetzungen geschaffen werden, unsere gemeinsame Metropolregion auch für künftige Generationen als anziehende und lebenswerte, weil wirtschaftlich erfolgreiche Heimat im Herzen Europas voranzubringen.“
Dazu gehört doch insbesondere auch die folgende Aussage Ihres Briefes:
„Denn es gilt, was einmal Voraussetzung für die Planungen des neuen Single-Flughafens am Standort Schönefeld war.“

Es geht mir um die Flugrouten, die ja auch verbindlich verabredet worden sind, auch wenn es mehrfach Änderungen gegeben hat und die EU noch Fragen beantwortet haben will.

Ich wohne in Berlin-Altglienicke. Über diesem Ort, und das trifft auch für die benachbarten Stadtteile Adlershof und Grünau zu, hat es niemals Flugrouten gegeben. In den Planungen waren auch zu keiner Zeit solche vorgesehen. Aber die Flugzeuge fliegen zunehmend seit dem letzten Jahr in geringer, in mittlerer und auch in großer Höhe über diese Orte. Um konkret zu sein, nenne ich z. B. die heutigen Flüge (11.06.2013), die in Schönefeld gestartet sind und unser Haus, mitten in Altglienicke, um 14:44, 16:39, 19:26, 19:41, 19:59, 20:11, 20:14, 20:17, 20:20, 20:26, 21:09, 21:15 direkt oder westlich oder östlich davon überflogen haben. Am 7. und 8. Juni gab es ebenfalls jeweils zahlreiche solcher Flüge. Am 30. 05. donnerte eine Maschine fast zum Anfassen direkt über unser Haus.

Nach den gegenwärtigen Angaben ist die strittige Route über dem Müggelsee die am weitesten westlich gelegene Startroute in nördlicher Richtung, und die ist etliche Kilometer von den von mir genannten Flugrouten entfernt.

Herr Ministerpräsident, wer garantiert eigentlich die Einhaltung von Flugrouten? Geben die Lotsen nach eigenem Gusto die geänderten Anweisungen? Fliegen die Piloten, wie sie wollen? Ist es eine „seriöse und verantwortungsvolle Politik“, die das geschehen lässt? Hier leben keine schützenswerten Tiere. Hier leben nur einige zehntausend Menschen.

Ich bitte Sie um eine konkrete Angabe der Flugrouten, die für mich justiziabel ist.

Hochachtungsvoll
Gerhard Weigt

P.S. Herr Ministerpräsident, stellen Sie sich einmal vor:
1. Der Flughafen wäre sehr bald in Sperenberg gebaut worden und mit einer Magnetschwebebahn mit Berlin, Leipzig und Dresden verbunden worden. Der Flughafen in Leipzig hätte nicht gebaut werden müssen und die Magnetschwebebahn wäre möglicherweise ein begehrtes Handelsobjekt geworden. Das hätte mehr gebracht als Schönefeld, das als schlechtester aller Standorte abgeschnitten hatte, jedenfalls weniger Belästigung für so viele Menschen.
2. Bevor Heathrow gebaut worden ist, hat man ein Gutachten erstellen lassen, ob ein großer Flughafen oder mehrere geeigneter seien. -Heute streitet man sich in London wegen des Baus eines fünften Airports. -Tegel zu schließen ist eine sehr kurzsichtige Entscheidung.-Wir können nur hoffen, dass Schönefeld noch lange nicht fertig wird, weil dann auch die Flugrouten mit einem dann hoffentlich doch offen bleibenen Tegel weitaus belästigungsärmer gewählt werden könnten.

+60

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Matthias Platzeck am 20. August 2013
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Dr. Weigt,

ich nehme Ihre Fragen sehr gerne zum Anlass, einmal etwas detaillierter auf das Thema Flugrouten und deren Kontrolle einzugehen. Die unsichtbaren „Straßen des Flugverkehrs“ sind es schließlich, mit denen die Sorgen und Ängste der Menschen im Umfeld eines jeden Flughafens sehr konkret verknüpft sind. Und insofern bin ich Ihnen dankbar, dass Sie Ihr persönliches Anliegen als betroffener Anwohner des Flughafens Schönefeld-Alt und des künftigen BER über meine Online-Plattform für einen größeren Kreis von Interessenten in den Mittelpunkt rücken.

Warum also weichen Flugzeuge von den festgelegten Flugrouten ab und wer lässt das geschehen? Erlauben Sie mir zum Kern Ihrer Zuschrift einen sehr vereinfachten Vergleich: So wie Sie sich als Autofahrer eine Ausweichstrecke suchen, sobald der angestammte Heimweg durch einen Stau versperrt ist, können auch die Routen im Flugverkehr nicht starr, sondern müssen veränderbar sein - beispielsweise um zu flugintensiven Tageszeiten oder bei unvorhersehbaren Ereignissen reibungslose Ab- und Anflugverfahren auf einem Airport zu gewährleisten. Dennoch kann sich kein Pilot willkürliche Routenabweichungen erlauben, ohne dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) einschreitet.

Verantwortlich für die Flugverkehrskontrolle in der Bundesrepublik ist die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) als Teil der Luftverkehrsverwaltung des Bundes. Das ist wichtig, um zu verstehen: Das Land Brandenburg ist als Gesellschafter zwar Miteigentümer der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB), verfügt aber über keinerlei Eingriffsmöglichkeiten, was das Planen, Festlegen und Umsetzen von Flugverfahren betrifft. Auf welcher Route ein Flugzeug startet und ab welcher Höhe es diese verlassen kann, entscheiden einzig und allein die Fachleute im Tower.

Das tun sie selbstverständlich nicht nach „eigenem Gusto“, wie Sie es in Ihrer Fragestellung ein wenig überspitzt formulieren. Vielmehr handeln die Fluglotsen auf den Grundlagen des Luftverkehrsgesetzes und der Luftverkehrsordnung, die unter anderem die Details zu den Flugverfahren und zur so genannten Flugverkehrskontrollfreigabe regeln. Letztere basiert in aller Regel auf den festgelegten Flugrouten, die den Verlauf, den Weg und teils auch die Höhe eines Abfluges vorschreiben können. Um den Luftverkehr jederzeit sicher, geordnet und flüssig abwickeln zu können, obliegt den Fluglotsen aber auch die gesetzliche Möglichkeit einer so genannten Einzelfreigabe. Vor allem um den Verkehr zu entzerren oder z.B. auch auf Wetterkapriolen zu reagieren, können Flugzeuge auf Anweisung des Towers ab einer bestimmten Höhe – üblicherweise ab 5000 Fuß (ca. 1500 Meter) – von der Strecke abdrehen und einen so genannten Direktflug einleiten. Es wäre also gut möglich, dass Sie solche rechtmäßigen Flüge über Ihrem Wohnort beobachten, obwohl dieser von den offiziellen Flugrouten gar nicht tangiert ist.

Sehr viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass Ihre Beobachtungen gar nicht auf Starts vom Flughafen Schönefeld-Alt zurückzuführen sind – sondern dass Sie stattdessen Flugzeuge im Landeanflug auf Tegel über Altglienicke sehen. Überzeugen können Sie sich davon mithilfe des Online-Service „Stanly Track“ der Deutschen Flugsicherung. Dieses sehr interessante und aufschlussreiche Internetprogramm ermöglicht es, sich für den Zeitraum der zurückliegenden zwei Wochen die An- und Abflugrouten für alle Flüge auf den deutschen Verkehrsflughäfen abbilden zu lassen. Wenn darüber hinaus Detailfragen zum Flugbetrieb bleiben, empfehle ich den Beauftragten für Lärmschutz und Luftreinhaltung bei der Flughafengesellschaft, Herrn Dr. Kai Johannsen, als kompetenten Ansprechpartner.

Erlauben Sie mir abschließend noch eine Anmerkung zu Ihrem P.S.: Sich einerseits Ruhe über dem eigenen Haus zu wünschen, gleichzeitig aber den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel im bekanntlich dichter besiedelten Gebiet eines anderen Stadtteils zu befürworten, ist aus der persönlichen Sicht eines einzelnen Hauseigentümers noch nachvollziehbar. Verantwortungsvolle Politik für alle Bürgerinnen und Bürger kann so aber nicht agieren, denn sie hat vielmehr die Aufgabe, vernünftige Kompromisse zu finden. In Bezug auf den BER hieß das für uns immer, so wenige Menschen wie möglich mit so wenig Fluglärm wie möglich zu belasten. Für den Schutz aller Betroffenen haben wir uns darüber hinaus verpflichtet, im BER-Umfeld den deutschlandweit besten Schallschutz umzusetzen.

Anmerkungen des Webmasters:

Der Online-Service „Stanly Track“ kann auf den Internetseiten der DFS unter dem folgenden Link generiert und abgerufen werden:

http://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Flugsicherung/Umwelt/Fl...

Ein Kontaktformular zum Beauftragten für Lärmschutz und Luftreinhaltung bei der Flughafengesellschaft, Herrn Dr. Kai Johannsen, gibt es auf den Internetseiten der Flughafengesellschaft: http://www.berlin-airport.de/de/nachbarn/fluglaerm-und-fl...

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Platzeck