Liebe Leserinnen und Leser,

Dietmar Woidke übernahm das Amt des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg nach dem Rücktritt von Matthias Platzeck. Er führte den bestehenden Bürgerdialog mit den Bürgerinnen und Bürgern in Brandenburg fort. Bis zu den Landtagswahlen im September 2014 beantwortete er auf der Plattform direktzu Woidke 1.548 Anliegen, die von 13.662 Nutzern gelesen wurden.

Auf Facebook wird Herr Woidke weiterhin regelmäßig über politische Ereignisse im Land Brandenburg informieren und für den transparenten Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern bereitstehen.

Beantwortet
Autor Wilfried Brose am 28. Januar 2014
15643 Leser · 178 Stimmen (-68 / +110) · 6 Kommentare

Wirtschaft

Massentierhaltung

Sehr geehrter Herr Woidke,
wie kürzlich in der Presse zu lesen war, hat sich Herr Vogelsänger für den weiteren Ausbau der Massentierhaltung in Brandenburg ausgesprochen und dafür sogar noch Fördermittel in Aussicht gestellt.
Über die negativen Auswirkungen der Massentierhaltung wurde in den vergangenen Jahren schon viel polemisiert.
Herr Vogelsänger begründet seine Zustimmung mit der Schaffung bzw. dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Bekanntermaßen erfordert aber die "Kleinteilige Landwirtschaft" oder auch "Nachhaltige Landwirtschaft" einen höheren Arbeitskräftebedarf, schont die Umwelt, behandelt die Tiere besser, liefert bessere Produkte.
Da Sie als Diplomagraringenieur die Anforderungen, die Ergebnisse sowie die Folgen der Massentierhaltung für Menschen, Tiere und Umwelt m.E. gut einschätzen können, interessiert mich Ihre Meinung zu diesem Thema.
Mit freundlichen Grüssen
Wilfried Brose

+42

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Antwort
von Dietmar Woidke am 11. April 2014
Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Brose,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Tierhaltung. Ich freue mich, dass Sie mir damit Gelegenheit geben, zu diesem viel diskutierten Thema zu antworten.

Zunächst einmal: Für den Begriff „Massentierhaltung“ gibt es keine allgemein akzeptierte Definition. Insbesondere gibt es keinen Konsens darüber, ab welcher Bestandsgröße Massentierhaltung beginnt. Und weil der Begriff der Massentierhaltung nicht hinreichend definiert ist und als solcher schon so negativ belegt ist, dass eine sachliche Diskussion schwer möglich ist, sollte meines Erachtens besser der Begriff der Intensivtierhaltung Verwendung finden.

Doch lassen Sie mich weiter ausholen - auch wenn Ihnen die folgenden Inhalte bekannt sind, werden nicht alle Leser dieses Portals Hintergrundwissen zum Thema haben.

Für die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere, unabhängig von der Größe des Tierbestandes, gelten die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes. Der Paragraph 2 des Tierschutzgesetzes ist die zentrale Vorschrift für die Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren. Danach muss derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung darf nicht so eingeschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Zur Umsetzung der allgemeinen Vorgaben dieses Paragraphen regelt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung detaillierte Anforderungen an die Haltung von Nutztieren. Die tierschutzrechtlichen Haltungsanforderungen für Nutztiere, die in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt sind, müssen immer eingehalten werden und gelten für alle Tierhaltungen unabhängig von der Tierzahl. Allein die Größe des Bestandes oder die Art der gehaltenen Tiere ist kein geeignetes Kriterium zur Beurteilung, ob die Tiere auch tierschutzgerecht gehalten werden.

Entscheidend ist also, dass die jeweilige Tierhaltung umweltverträglich, tiergerecht und sicher betrieben werden kann sowie die Allgemeinheit und Nachbarschaft vor erheblichen Nachteilen und Belästigungen, die von der Anlage ausgehen können, geschützt werden.

Die Errichtung von Tierhaltungsanlagen ist an die Einhaltung aller relevanten gesetzlichen Vorgaben gebunden. Insbesondere größere Tierhaltungsanlagen müssen ein umfangreiches Genehmigungsverfahren durchlaufen. Durch das EU-, Bundes- und Landesrecht werden dabei hohe Maßstäbe zur Sicherung des erforderlichen Schutzniveaus der Menschen, der Tiere und der Umwelt gesetzt.

Sehr geehrter Herr Brose, Ziel unserer Agrarpolitik in Brandenburg ist eine leistungsfähige Landwirtschaft. Dazu gehört auch die Tierhaltung. Im bundesweiten Vergleich hat das Land Brandenburg einen niedrigen Viehbestand. Mit 0,41 Großvieheinheiten pro Hektar erreichen wir knapp die Hälfte des bundesdeutschen Durchschnitts. Brandenburg bietet somit grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine umweltverträgliche Produktion. Insofern haben wir auch Interesse an Investitionen in die Tierhaltung. Einerseits sind neue hochmoderne und hygienische Ställe immer ein Fortschritt für den Tierschutz und das Tierwohl. Andererseits wäre dadurch auch eine bessere regionale Versorgung der knapp 6 Mio. Einwohner von Berlin und Brandenburg durch die heimische Landwirtschaft möglich.

Ich halte es für richtig, dass sich unsere Gesellschaft immer bewusster für eine nachhaltige Landwirtschaft einsetzt. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Sicherung ausreichender Nahrungsmittelmengen und bezahlbarer Preise gewisse Produktionsmengen erfordern. Auch muss sich die Nutztierhaltung in Deutschland und Brandenburg am internationalen Wettbewerb orientieren. Wir haben hohe Tierschutzstandards in Deutschland. Bei einer einseitigen übermäßigen Erhöhung der nationalen Produktionsstandards wäre die Folge, dass die einheimische Produktion weiter abnimmt. Im Ergebnis würde noch mehr Ware aus Drittländern auf den deutschen Markt kommen, bei der aber nicht klar zu erkennen ist, unter welchen Umwelt-, Tierschutz- und Sozialstandards sie erzeugt wurde.

Mit freundlichen Grüßen


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