Sehr geehrte Frau Lux,
in der Kirche kennen wir schon seit der Zeit der Apostel den Begriff und die Haltung der „correctio fraterna“, das bedeutet „brüderliche Korrektur“ (vgl. Mt 18,15-17). Sie selbst schreiben, dass sie niemanden denunzieren wollen. Daher ist eine solche „correctio fraterna“ im direkten Gespräch mit dem jeweiligen Zelebranten auch der erste und richtige Schritt, wenn Sie liturgische Fehlentwicklungen oder Mängel ansprechen wollen. Denn die „correctio fraterna“ wird im helfenden Sinne ausgesprochen, nicht als lieblose Zurechtweisung oder harsche Kritik.
In einem solchen Gespräch wird sicher auch deutlich werden, wo der Zelebrant aus guten Gründen bestimmte Akzente oder Schwerpunkte gesetzt hat, beispielsweise bei der Wahl der Fürbitten oder der Auswahl eines Meditationstextes.
Sollte ein solches Gespräch nicht zu einer Verständigung führen, ist es dem Bischof, dem die Sorge für die Einheit der Kirche obliegt, aufgegeben, über die Feier der wahrhaftigen, sachgerechten, authentischen und würdigen Liturgie der Kirche zu wachen. Ich entziehe mich dieser Pflicht nicht und suche in einem solchen Fall auch selbst das brüderliche Gespräch mit dem betroffenen Mitbruder und bitte gegebenenfalls um die erforderlichen Korrekturen.
Im Jahr 2004 hat der Heilige Stuhl die Instruktion „Redemptionis Sacramentum“ veröffentlicht, in der einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie behandelt werden, die einzuhalten und zu vermeiden sind. Mit dieser Instruktion wurde ein Auftrag erfüllt, den unser Seliger Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ formuliert hatte.
Zu dieser römischen Instruktion habe ich allen Priestern und Diakonen im Erzbistum Köln im Jahr 2005 einen ausführlichen Brief geschrieben, den Sie noch im Internet erhalten können:
www.erzbistum-koeln.de/dokumente/erzbischof/hirtenworte
In diesem Schreiben heißt es:
„Für die Wahrung der Einheit der Kirche durch die Feier ihrer authentischen Liturgie zu sorgen, das ist auch eine Aufgabe des christlichen Volkes, das geeint ist im gemeinsamen Priestertum der Getauften und Gefirmten. Wenn jemand aus dem heiligen Gottesvolk (nichts anderes heißt ja der Begriff „Laie“!) Sie wegen eines liturgischen Brauches in Ihrer Gemeinde ansprechen, vielleicht auch sogar kritisieren sollte, dann bitte ich Sie, diese Stimmen und die dahinter sich verbergenden Ängste und Nöte in einem liebenden und wachen Herzen wahrzunehmen. Sicherlich müssen Sie unterscheiden zwischen Nörgelei und Rechthaberei einerseits und einer echten Anfrage aus Sorge um die Kirche oder geistlicher Not heraus andererseits. Nehmen Sie aber bitte alle ernstzunehmenden Stimmen aus dem heiligen Gottesvolk auch ernst!“
ich weiß gleichzeitig aus vielen Gesprächen und natürlich meinen eigenen Besuchen in unserem Erzbistum, mit wie viel Liebe und Sorgfalt vielerorts die Liturgie vorbereitet und gefeiert wird. Ich bin allen dankbar, die sich dafür engagieren.
Mit freundlichen Grüßen